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Gesundheitssysteme

Gesundheitssysteme

Der Zugang aller Bürger zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung unabhängig von ihrem Einkommen und Gesundheitszustand ist ein Grundsatz moderner Gesellschaften, der in der Sozialcharta der Europäischen Union festgehalten ist. Dieses Postulat kann nur mit öffentlicher Finanzierung (Steuern, Sozialabgaben) erfüllt werden, die in der EU je nach Land zwischen 70 und 85 Prozent der Gesundheitsausgaben Das Statistische Bundesamt erstellt im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung eine… abdeckt. Es haben sich historisch zwei verschiedene Typen öffentlicher Gesundheitsversorgung herausgebildet, die nach ihren Gründervätern auch als "Beveridge"- und "Bismarck"-Systeme bezeichnet werden:

  • Die "Beveridge"-Systeme sind staatliche, aus Steuern finanzierte Versorgungsnetze von Arztpraxen und Krankenhäusern, zu denen alle Einwohner Zugang haben. Sie wurden erstmals in Großbritannien (United Kingdom) nach dem Zweiten Weltkrieg auf Basis des Berichts einer von Lord Beveridge geführten Parlamentskommission eingerichtet. Vergleichbare Gesundheitssysteme haben u. a. die skandinavischen Länder, Kanada, Italien und Spanien.
  • Die "Bismarck"-Systeme sind soziale Krankenversicherungen, die aus Sozialabgaben der Versicherten und ihrer Arbeitgeber finanziert werden. Sie haben ihre historischen Wurzeln in der in Deutschland von Bismarck 1883 eingeführten Gesetzlichen Krankenversicherung. Hier gibt es drei verschiedene Grundrichtungen: regionale bzw. zentrale Einheitsversicherung (z. B. in Frankreich, Polen und Tschechien), betriebliche bzw. berufliche und regionale Pflichtversicherungen (z. B. in Belgien, Japan, Österreich), gegliedertes System mit freier Kassenwahl und Kassenwettbewerb (in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz).

Eine Ausnahme unter den hochentwickelten Ländern ist das weitgehend privatwirtschaftlich organisierte Gesundheitssystem der USA. Eine soziale Krankenversicherung gibt es dort nur für über 65-jährige Bürger ("Medicare") und für Wohlfahrtsempfänger ("Medicaid"). Etwa 50 Prozent der US-Bürger haben eine betriebliche Krankenversicherung ("health plan"), die Arbeitgeber für ihre Belegschaft mit privaten oder Non-Profit-Versicherungen kollektiv abschließen. Der Umfang dieses Versicherungsschutzes ist sehr unterschiedlich. 15 Prozent der US-Bürger haben gar keine Krankenversicherung, weitere 20 bis 25 Prozent gelten als unterversichert.

Das deutsche Gesundheitssystem hat im internationalen Vergleich folgende Besonderheiten:

  • Das duale System von privater (PKV) und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) ist in Europa einmalig, seit es in den Niederlanden 2006 von einem einheitlichen Krankenversicherungssystem für alle Bürger abgelöst wurde. In allen anderen Ländern beschränkt sich das Geschäftsmodell der PKV auf Zusatz- bzw. Komplementärversicherungen zu den öffentlichen Versorgungssystemen.
  • Ein gegliedertes GKV-System mit freier Kassenwahl (Krankenkassenwahlrecht Seit dem 1.Januar 1996 können grundsätzlich alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung… ) kennt man sonst nur in den Niederlanden und der Schweiz.
  • Der Gesetzgeber hat der gemeinsamen Selbstverwaltung wichtige Aufgaben übertragen (unter anderem die Konkretisierung des Leistungskatalogs der GKV), die in anderen europäischen Ländern von Regierungsbehörden wahrgenommen werden.

Gemeinsamer Bundesausschuss Die Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen, der GKV-Spitzenverband und die Deutsche…