Pressemitteilung

Wenn nach der Narkose alles kippt

17.07.2023 AOK Hessen 2 Min. Lesedauer

Verstört, Gedächtnislücken, psychomotorisch eingeschränkt – wenn diese Symptome nach einem Eingriff unter Narkose auftreten, spricht man von einem „postoperativen Delir“. Dieses Krankheitsbild kommt bei älteren Personen mit bestimmten Vorerkrankungen häufiger vor, kann sogar zur Pflegebedürftigkeit führen. Im St. Josefs-Hospital in Wiesbaden kümmert sich, bislang einmalig in Hessen, eine Fachkraft präventiv um diese Menschen. Finanziert wird dieses Projekt von der AOK Hessen.

Delirbegleitende brauchen besondere Fähigkeiten

Zwölf Jahre arbeitete Annegret Beljan als Bauzeichnerin, entschied sich dann aber bewusst dazu, das Metier zu wechseln: In einer dreijährigen Ausbildung zur Heilpraktikerin erhielt sie ein umfassendes Verständnis für den gesundheitlich-medizinischen Kontext. Für ihre derzeitige Tätigkeit als Delirbegleiterin am JoHo Wiesbaden braucht sie zudem ganz besondere Fähigkeiten.

Seit dem 1. April 2023 sorgt die 36-Jährige dafür, dass Verwirrtheitszustände infolge von Operationen möglichst gar nicht erst entstehen. Bis zu 20 Patientinnen und Patienten begleitet sie monatlich sehr eng, um deren Aufregung auf ein Minimum zu reduzieren. Sie gibt Sicherheit und Orientierung – das beginnt bereits im Vorgespräch.

„Unsere Patientinnen und Patienten haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit, ich bin für sie da und bringe die Zeit mit, um sie insbesondere nach dem Aufwachen und in den Tagen danach zu begleiten“, erzählt sie. Akquiriert wurde sie während eines Praktikums, bei dem ihre intuitive Gabe und ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten sofort aufgefallen sind.

In einer internen Delirschulung erlernte sie dann alle fachlichen Grundlagen und Kenntnisse. Nun sorgt sie mindestens bis März 2025 mit ihrer speziellen Vertrauensarbeit dafür, das Auftreten von Desorientierung, Apathie oder Halluzinationen zu reduzieren.

Gegen den Realitätsverlust

Für ein postoperatives Delir gibt es verschiedene Ursachen. Es handelt sich um eine Reaktion des Gehirns auf entzündliche Prozesse im Körper. Offenbar wird das Immunsystem – hier auf ungesunde Weise – angekurbelt. Medikamente können diesen Prozess ungünstig verstärken, ebenso eine vorbestehende kognitive Einschränkung oder Hirnschädigung.

Risikofaktoren sind zudem Flüssigkeitsdefizite und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, auch Diabetes oder akute Schmerzen. Männer sind eher betroffen als Frauen. „Deshalb zählt nicht nur meine Anwesenheit. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Therapie und Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… sorge ich auch für frühzeitige Mobilisation, Reorientierung und beziehe die Angehörigen mit ein, damit Realitätsverlust oder eine akute Wesensänderung gar nicht erst entstehen“, ergänzt Beljan.

Insbesondere bei Operationen am Bewegungsapparat, seien es Prothesen oder Frakturen, ist die Gefahr recht hoch – auch wegen der sich daraus ergebenden Immobilität in den ersten Tagen und Wochen. Sie sieht ihre Schützlinge mindestens einmal täglich, zuweilen aber auch drei Mal – je nach Bedarf.

Dieser Aufwand lohnt sich

Die Idee zum Projekt entwickelte die AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… seit Frühjahr 2022 gemeinsam mit dem Alterstraumatologischen Zentrum im JoHo Wiesbaden, das in Zusammenarbeit mit seinem Verbundpartner, dem Otto-Fricke-Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… , seit 2018 besteht.

„Es handelt sich um ein leider immer noch vielfach übersehenes Krankheitsbild, das schwere Folgen haben kann. Für das reguläre Pflegepersonal wäre der zeitliche Aufwand viel zu hoch, sich dermaßen intensiv um Menschen zu kümmern, die hierfür anfällig sein könnten. Es braucht dafür unbedingt eine Fachkraft, die sich auf diese wichtige Aufgabe konzentriert. Dies geschieht im JoHo auf vorbildliche Weise“, meint Joachim Henkel, verantwortlich für stationäre Versorgung bei der Gesundheitskasse.

Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, kann sich Henkel weitere Initiativen dieser Art in anderen Einrichtungen vorstellen. Denn dies alles, das ist absehbar, rechnet sich auch ökonomisch: Denn bis zu 20 Prozent derjenigen, die ein Delir entwickeln, werden zum Pflegefall und sind für ihr restliches Leben auf fremde Hilfe angewiesen.

Wenn Sie weitere Informationen wünschen oder ein Gespräch mit Annegret Beljan bzw. den beteiligten Chefärzten, wenden Sie sich bitte an Janine Jansen vom JoHo Wiesbaden unter 0611 177-1140 oder jjansen(at)joho.de.

Pressesprecher

Riyad Salhi

AOK Hessen