Sozialreformen: GKV und SPV zunächst im Wartestand
Die beitragsfinanzierten Bereiche der sozialen Sicherungssysteme sind kein Schwerpunkt der Beratungen der am Montag eingesetzten Kommission zur Sozialstaatsreform (KSR). „Der Fokus soll auf den steuerfinanzierten Leistungen und ihrer Administration liegen“, heißt es seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
Dazu zählen Wohngeld und Kinderzuschlag sowie Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und soziale Pflegeversicherung (SPV) sind lediglich indirekt betroffen, beide erhalten zum Ausgleich versicherungsfremder Leistungen Steuergeld aus dem Bundeshaushalt. Allerdings zu wenig, wie Kranken- und Pflegekassen kritisieren.
Seit langem fordern die Kassen und ihre Verbände einen höheren Ausgleich für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeldbeziehenden oder für die Rentenbeiträge pflegender Angehöriger. Der AOK-Bundesverband hat in seinem Sofortprogramm zur Stabilisierung von GKV und SPV vorgerechnet: Allein kostendeckende Beitragspauschalen für Bürgergeldempfänger brächten zehn Milliarden Euro Entlastung. Im Pflegebereich kämen einmalig 5,5 Milliarden Milliarden Euro hinzu, wenn wie ursprünglich zugesagt die Pandemiekosten rückerstattet würden. Zum anderen schlägt die AOK in der Pflege auf einen dynamisierten Ausgleich der Rentenbeiträge und der Ausbildungspauschale von derzeit etwa vier Milliarden beziehungsweise rund 250 Millionen Euro jährlich vor.
Aktuell bezuschusst der Bund den Gesundheitsfonds mit gesetzlich verankerten 14,5 Milliarden Euro. Die SPV erhielt bis 2023 pauschal eine Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt, um demografische Belastungen abzumildern. Seit 2024 ist dieser Zuschuss jedoch bis 2027 ausgesetzt. Die fehlenden Mittel sollen stattdessen aus dem Pflegevorsorgefonds kommen, der eigentlich die demografische Entwicklung langfristig abfedern soll.
Im Januar 2026 soll die KSR ihren Abschlussbericht vorlegen. Am 18. September ist der GKV-Spitzenverband zur Anhörung eingeladen, wie ein Sprecher G+G bestätigte. Für die beitragsfinanzierten Sozialversicherungsbereiche – also in erster Linie Gesundheit, Pflege und Rente – gibt es eigene Kommissionen. Anfang Juli startete unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und dem Titel „Zukunftspakt Pflege“ eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die bis Ende 2025 Maßnahmen zur Reform der SPV vorlegen soll. Im Januar 2026 soll der Gesetzgebungsprozess beginnen. Die Kommission zur Reform der GKV soll laut Koalitionsvertrag von Union und SPD „unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern“ bis zum Frühjahr 2027 konkrete Reformvorschläge erarbeiten. Eingesetzt und benannt wurde die Kommission bisher nicht. (rbr)