Medizintechnik-Branche setzt auf Bürokratie-Abbau
Die Stimmung in der Medizintechnik-Branche hellt sich langsam auf. Laut Herbstumfrage des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) erwarten die Mitgliedsunternehmen ein Umsatzplus von 3,1 Prozent (2024: 1,2 Prozent). Bei den Gewinnen sehe es dagegen weiter mau aus, sagte BVMed-Vorstandschef Mark Jalaß heute in Berlin. Für schlechte Laune sorge in erster Linie eine „überbordende Bürokratie“. Abhilfe erhofft sich der Verband von den noch für dieses Jahr angekündigten Vorschlägen zur Vereinfachung der EU-Medizinprodukte-Richtlinie (MDR) und der geplanten Verringerung von Berichtspflichten, etwa im Zusammenhang mit Lieferketten.
Als Kostentreiber nannten die Unternehmen neben „Bürokratielast und überkomplexer Regulierung“ vor allem „schleppende Digitalisierung und mangelhafte Datennutzung“ sowie „steigende Kosten für Energie, Rohstoffe, Transport und Logistik“. Die Gemengelage erfordere eine übergeordnete deutsche Medizintechnologie-Strategie, wie es sie für Pharma- und Chemieindustrie längst gebe, betonte Jalaß. Kanzler Friedrich Merz zähle die Med-Tech-Branche neben Maschinenbau-, Automobil-, Pharma- und Chemieindustrie zur deutschen Schlüsselindustrie. Nun müssten Worten Taten folgen.
„Rückendeckung in Brüssel“ erwartet der Verband von der Bundesregierung insbesondere bei der MDR-Überarbeitung. Die Branche will die Pflicht zur Rezertifizierung von Medizinprodukten alle fünf Jahre kippen und fordert eine schnellere Zulassung von innovativen Produkten und Nischen-Technologie. In den Zollverhandlungen mit den USA gehe es darum, die auf 15 Prozent festgelegten US-Zölle für Medizinprodukte „wieder auf Null zu senken“.
Von der Bundesregierung forderte Jalaß einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für alle Medizintechnik-Produkte, um die Branche zu stützen und das Gesundheitswesen zu entlasten. „Alleine die AOK würde dadurch 2,9 Milliarden sofort einsparen.“ Darüber hinaus müsste auch Fachpersonal der Homecare-Unternehmen erweiterte Befugnisse erhalten. „70 Prozent der zu Hause versorgten Patientinnen und Patienten haben keinen Pflegedienst“, so Jalaß. Homecare-Pflegefachkräfte seien „unverzichtbar für die ambulante Versorgung von morgen“, würden aber vom geplanten Gesetz zur Befugniserweiterung und Endbürokratisierung in der Pflege nicht erfasst.
Laut BVMed beschäftigen rund 13.500 Med-Tech-Unternehmen hierzulande mehr als 212.000 Menschen. 93 Prozent der Branche sind kleine und mittelständische Unternehmen. 2024 lag der Gesamtumsatz bei rund 41 Milliarden Euro. 68 Prozent der Produkte gingen in den Export. Neben der EU sind die USA der zweitgrößte Exportmarkt. (toro)