Experten empfehlen Social-Media-Verbot für Kinder
Jugendliche sollen erst ab einem Alter von 13 Jahren eingeschränkt soziale Medien nutzen dürfen. Das empfiehlt ein heute veröffentlichtes Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. „Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass in vielen Ländern der Welt die psychische Gesundheit von Heranwachsenden in den letzten zwei Jahrzehnten stetig abgenommen hat“, sagte der Psychologe Ralph Hertwig heute bei der Vorstellung des Papiers. Ein wesentlicher Faktor hierfür sei die „rasende Verbreitung von sozialen Medien“ in dieser Zeit. Die Experten sehen deshalb auch in Deutschland „politischen Handlungsbedarf“.
Die immer jünger werdenden Nutzer verbrächten immer mehr Zeit in den sozialen Medien. Eine Analyse des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters ergab, dass die zehn- bis 17-Jährigen im Schnitt werktags mehr als zweieinhalb Stunden mit Social Media beschäftigt sind und am Wochenende sogar fast vier Stunden. Problematisch sei, dass bei Heranwachsenden Selbstkontrolle und -regulation „nicht in dem Maße ausgebaut sind wie bei Erwachsenen“, sagte Hertwig.
Dabei sei bekannt, dass die intensive und suchtartige Nutzung „mit einer Vielzahl von psychischen Problemen und psychischer Belastung verbunden ist“, berichtete Kinder- und Jugendpsychologin Silvia Schneider. Am häufigsten komme es zu Depressionen und Angststörungen, daneben litten Betroffene an Schlafproblemen sowie Körperbild- und Essstörungen. Folgen seien fehlende Grundkompetenzen für Alltagsanforderungen, die gerade in diesem Alter erlernt würden. Belegt sei zudem, „dass bis zum 24. Lebensjahr drei Viertel der psychischen Störungen begonnen haben“, so Schneider.
Um gravierende Schäden trotz offener Forschungsfragen abzuwenden, sprechen sich die Experten für vorsorgliche Maßnahmen aus. Konkret sollten Social-Media-Accounts im Alter von 13 bis 15 Jahren nur unter „angemessener elterlicher Begleitung“ erlaubt sein, sagte Informatiker Johannes Buchmann. Für 13- bis 17-Jährige sollten soziale Netzwerke altersgerecht gestaltet werden, zum Beispiel durch den Ausschluss personalisierter Werbung und suchterzeugender Funktionen wie endlosem Scrollen.
Neben mehr Kontrolle und Kompetenz in Kitas und Schulen soll sich die Bundesregierung für gesetzliche Regelungen zur Alterskontrolle auf EU-Ebene einsetzen. Ein vielversprechender Ansatz sei die 2026 geplante Einführung der „Eudi-Wallet“, die einen datenschutzkonformen digitalen Altersnachweis ermöglichen will. (imo)