Kassen fordern Stärkung digitaler Gesundheitskompetenz
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sehen in Deutschland Nachholbedarf in Sachen digitaler Gesundheitskompetenz. „Die Fähigkeit, digitale Gesundheitsinformationen zu finden, verstehen, bewerten und für sich nutzen können“, habe insgesamt seit der Corona-Pandemie nicht zugenommen, konstatierte die Vorständin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Dabei seien solche Kompetenzen „für alle Bürgerinnen und Bürger essentiell – unabhängig von Alter, Lebensphase oder sozialem Status“. Diese gesamtgesellschaftlichen Aufgaben könne die GKV aber nicht allein stemmen, betonte Reimann. „Sie müssen von allen Verantwortlichen in Bund, Land und Kommune gemeinsam umgesetzt werden“.
Erhebungen belegen die Defizite. Eine aktuelle Fokusgruppen-Studie der Universität Bremen zu Nutzungsbarrieren bei digital ausgeschlossenen Menschen hat gezeigt, dass die Teilnehmenden Schwierigkeiten hatten, Suchbegriffe zu formulieren, geeignete Treffer auszuwählen oder die Vertrauenswürdigkeit der gefundenen Informationen einzuschätzen. Bereits Ende 2020 ergab eine Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes, dass 52 Prozent der 8.500 Befragten im Alter von 18 bis 75 Jahren nur eine eingeschränkte digitale Gesundheitskompetenz besitzen.
Insgesamt verfügten fast 60 Prozent der Deutschen über eine zu geringe Gesundheitskompetenz, monierte auch der BKK-Dachverband anlässlich des dritten GKV-Tages. „Tendenz steigend.“ Das Fehlen an grundlegendem Gesundheitswissen koste das Gesundheitssystem jährlich bis zu 20 Milliarden Euro. „Die Folgen mangelnder Gesundheitsbildung zeigen sich täglich: Fehlendes Wissen über Ernährung, Bewegung und Prävention führt zu ungesunden Lebensstilen und einer Fehlbelastung des Gesundheitssystems“, so die Vorständin des BKK-Dachverbandes, Anne-Kathrin Klemm. Sie forderte deshalb, Gesundheitsbildung in den bestehenden Schulunterricht zu integrieren, gemäß dem Prinzip „Health in All Policies“.
Der GKV-Spitzenverband unterstrich auf X, Gesundheitskompetenz bedeute auch die „richtige Anlaufstelle“ – ob Arztpraxis oder Notdienst – zu kennen. Die Innungskrankenkassen IKK begrüßten indes die parlamentarische Weichenstellung, die es den Kassen ermöglicht, Versichertendaten gezielt zur individuellen Prävention und Stärkung der Gesundheitskompetenz zu nutzen.
Auf die steigende Bedeutung digitaler Kompetenzen im Umgang mit der elektronischen Patientenakte (ePA) durch die Nutzungspflicht für Versorgende ab 1. Oktober, verwies der Verband der Ersatzkassen Vdek. „Gerade ältere Menschen können besonders stark von der ePA profitieren, haben aber häufig wenig Vorwissen über Apps und Co.“, sagte Boris von Maydell, Vertreter des Vdek-Vorstandes. (imo)