Kassen planen Milliardenklage gegen Bund wegen Finanzlücke bei Bürgergeldbeiträgen
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) will den Bund wegen der nach seiner Auffassung rechtswidrigen Unterfinanzierung der Beiträge für Bürgergeldempfänger verklagen. In der heutigen Verwaltungsratssitzung des Verbandes stimmte das Gremium einstimmig für dieses Vorgehen. „Jahr für Jahr bleibt der Bund den gesetzlichen Krankenkassen rund zehn Milliarden Euro schuldig“, begründete Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende für die Arbeitgeberseite, den Gang vor Gericht. „Wir schätzen die Erfolgsaussichten relativ hoch ein“, fügte sie hinzu. Alle großen Kassen hätten bereits ihre Bereitschaft signalisiert, sich im Rechtsstreit vom GKV-SV vertreten zu lassen.
Die gesetzlich Versicherten müssten zwei Drittel der Kosten für die Gesundheitsausgaben von Bürgergeldbeziehern tragen, obwohl der Staat dafür allein zuständig sei, monierte Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender für die Versichertenseite. „Was wir beim Thema gesundheitliche Versorgung von Bürgergeldempfängern seit Jahren sehen, ist ein schamloser, ungezügelter Griff des Staates in die Kassen der Versicherten und Arbeitgeber.“ Von der schwarz-roten Bundesregierung erwarte er in dieser Hinsicht „nichts“. Gleichzeitig dränge die Zeit, da der Finanzdruck auf die Kassen weiter wachse und neue Beitragserhöhungen drohten.
Wagenmann erläuterte, Gegenstand der Klage würden die im Herbst 2025 ergehenden Zuweisungsbescheide des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2026 sein. Beklagt werde die Bundesrepublik Deutschland, die durch das BAS vertreten sei. Zuständig für die Verfahren sei in erster Instanz das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, da das BAS dort seinen Sitz habe. Es gehe weder um Almosen noch um Nothilfe für die Kassen, betonte Wagenmann. „Wir wollen fair play.“ Alle Leistungen müssten ordnungspolitisch korrekt finanziert werden. Laut Wagenmann dürfte das Rechtsverfahren mehrere Jahre dauern.
Der Verband der Ersatzkassen (Vdek) begrüßte den Schritt. „Wenn sich die Politik nicht an Regeln hält und seit Jahren Gelder verweigert, die der Versichertengemeinschaft zustehen, gibt es zur Klage keine Alternative“, sagte die Vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. Die Techniker Krankenkasse (TK) sprach von einer „Gerechtigkeitsfrage“. Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen würden durch die derzeitige Regelung finanziell benachteiligt. Auch die AOK befürwortete die Klage. Zuspruch kam zudem von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. (at)