EU einigt sich auf Regeln für Gesundheitsdaten-Austausch
Der Weg für den Aufbau eines europäischen Gesundheitsdatenraumes (EHDS) ist frei. Vertreter des Europaparlamentes und des Rates der 27 EU-Staaten einigten sich in der vergangenen Nacht auf einen Gesetzesrahmen für den grenzüberschreitenden Austausch von Gesundheitsdaten. Umstritten war bis zuletzt, wie das Recht auf Widerspruch gegen die Nutzung persönlicher Gesundheitsdaten gestaltet wird. Parlament und Rat müssen dem Ergebnis noch offiziell zustimmen.
Laut Einigung erhalten alle EU-Bürger das Recht auf eine kostenlose elektronische Gesundheitsakte. Eine europaweite Pflicht zur Verwendung einer elektronischen Patientenakte (ePA) wird es nicht geben. Damit bleiben die EU-Vorgaben vereinbar mit der deutschen Lösung. Danach gilt, dass Versicherte einer Verwendung ihrer Gesundheitsdaten sowohl für die individuelle Behandlung (Primärnutzung) als auch für die anonymisierte Weitergabe an Dritte (Sekundärnutzung), etwa zu Forschungszwecken oder zur Politikplanung, widersprechen können. Diese sogenannte Opt-out-Regelung soll auch für den EHDS gelten. Um Diskriminierung zu unterbinden, wird die Datenweitergabe an Krankenkassen, Versicherungen, Banken und Arbeitgeber oder zu Werbezwecken verboten.
Der ePA-Zugang von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen wird auf unmittelbare Behandlungszwecke beschränkt. Die Patienten müssen über jeden Zugriff informiert werden. Trotz Widerspruch soll der Zugang nur „zum Schutz lebenswichtiger Interessen“ erlaubt sein. Das Nutzen sensibler Daten für die Forschung können die EU-Staaten strenger regeln, etwa bei genetischen Daten. Die Sekundärnutzung „für Zwecke des öffentlichen Interesses, der politischen Entscheidungsfindung oder für Statistikzwecke“ soll generell erlaubt sein.
Während der EU-Parlamentarier Peter Liese (CDU) die Einigung als „wichtigste Entscheidung zum Schutz der Gesundheit in der EU seit vielen Jahren, wenn nicht überhaupt“ begrüßte, äußerte sich der ebenfalls an den Verhandlungen beteiligte Abgeordnete Patrick Breyer (Piraten) kritisch. Wer in Deutschland der ePA-Nutzung nicht komplett widerspreche, erlaube „zwangsweise auch einen grenzüberschreitenden Zugriff darauf durch ausländische Behandler, Forscher und Regierungen“.
Mit dem EHDS will die EU die Gesundheitsversorgung der rund 448 Millionen EU-Einwohner verbessern und die Medizin- und Pharmaforschung fördern. Nötig ist dazu der Aufbau einer gemeinsamen digitalen Infrastruktur für den Austausch von Patientenkurzakten, elektronischen Rezepten, Bild- und Labordaten oder Entlassberichten. (toro)