Rechnungshof drängt bei GKV-Reform zur Eile
Angesichts der sich rasant verschlechternden Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fordert der Bundesrechnungshof (BRH) sofortige Korrekturen. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss heißt es, die Politik verzögere notwendige Entscheidungen. Ohne Gegenmaßnahmen wachse das Defizit jährlich um mehrere Milliarden Euro, heißt es bei „Politico“ unter Bezug auf das BRH-Schreiben.
Bis 2029 könnte der Zusatzbeitrag laut BRH durchschnittlich auf mehr als vier Prozent steigen. Dies würde Beitragszahler und Arbeitgeber stark belasten und die wirtschaftliche Entwicklung bremsen. Die Prüfer kritisieren, dass frühere Eingriffe kaum Wirkung gezeigt hätten. Viele Schritte seien zu spät gekommen oder hätten nur kurzfristig geholfen. Zudem seien die Rücklagen bei den Krankenkassen und im Gesundheitsfonds zu niedrig, um Einnahmeschwankungen aufzufangen. Der BRH fordert ein Gesamtkonzept mit klaren Sparzielen und sofort wirksamen Maßnahmen.
Die Verantwortung dafür sieht die Behörde bei mehreren Bundesgesundheitsministern. Jens Spahn (CDU) habe durch Leistungsausweitungen und den Abbau von Reserven das Defizit vergrößert, Karl Lauterbach (SPD) habe Reformen nicht entschlossen genug vorangetrieben. Die neue Ministerin Nina Warken (CDU) setzt bislang auf eine Expertenkommission, deren Ergebnisse frühestens 2027 erwartet werden. Aus Sicht des Rechnungshofs ist ein so langes Warten nicht tragbar.
Unterstützung erhält der BRH aus dem Bundestag. Grünen-Haushaltspolitikerin Paula Piechotta warnte gegenüber der Tagesschau, dass der Beitragssatz im schlimmsten Fall auf fast 19 Prozent steigen könnte. „Für Beschäftigte mit mittlerem Einkommen bedeutet das mehrere Hundert Euro Mehrbelastung im Jahr“, sagte Piechotta.
Die Techniker Krankenkasse (TK) forderte die Koalition auf, die „Kostenspirale zu stoppen.“ Allein im Bereich Arzneimittel ließen sich kurzfristig rund drei Milliarden Euro einsparen, so der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas heute in Berlin. Auch der Spitzenverband der Krankenkassen verlangt ein Ausgabenmoratorium. Die Bundesregierung plant dagegen Darlehen für die GKV. Der Rechnungshof hält dies jedoch für eine Verschiebung der Probleme – nicht für eine Lösung. (fb)