Artikel Versorgung

Einwurf: Depression betrifft die ganze Familie

16.10.2025 Ulrich Hegerl 2 Min. Lesedauer

In vielen Familien hat die Depression weitreichende Folgen für den Alltag, sagt Ulrich Hegerl. Die Bedürfnisse der Angehörigen von Patienten sollten daher in der Versorgung berücksichtigt werden.

Eine Frau umarmt ein traurig wirkendes Mädchen
Auch Angehörige depressiv Erkrankter sind stark belastet.
Porträt von Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Rund ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland gibt an, schon einmal als depressiv diagnostiziert worden zu sein. 26 Prozent haben erkrankte Angehörige. Für fünf Prozent trifft beides zu. Insgesamt ist fast die Hälfte der Bundesbürger direkt oder indirekt betroffen. Das ist Ergebnis des aktuellen „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. An der repräsentiativen Befragung im September 2024 nahmen 5.000 18- bis 69-Jährige teil.

Oft sind es Familie und Freunde, die bemerken, dass „etwas nicht stimmt“, den Betroffenen darauf ansprechen und ermutigen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In vielen Familien hat die Depression weitreichende Folgen für den Alltag. 77 Prozent der Angehörigen berichten von einer spürbaren Belastung. Morgens aufstehen, den Geschirrspüler ausräumen oder einen Arzttermin vereinbaren – all diese Tätigkeiten können in der Depression die größte Herausforderung sein. An Depression erkrankte Menschen fühlen sich erschöpft und innerlich wie abgestorben.

„Viele Angehörige fühlen sich nicht gut von den Behandelnden informiert.“

Prof. Dr. Ulrich Hegerl

Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Sie ziehen sich oft von anderen Menschen zurück, weil ihnen alles zu viel wird. Dies kann zu Missverständnissen und Konflikten führen. In 43 Prozent der Familien gab es während der Depression häufiger Streit als sonst. In jeder fünften Familie führte das sogar zu einem Kontaktabbruch. 

Und doch: Viele Familien gehen gestärkt aus der Krise hervor. Fast die Hälfte der Angehörigen beschreibt, dass die Beziehung durch die gemeinsame Bewältigung vertieft wurde. Die Zahlen zeigen: Depression ist ein Leiden, das ganze Familien belastet und herausfordert – aber auch in vielen Fällen dichter zusammenwachsen lässt.

Hilfreich wäre es oft, wenn die Angehörigen in die Behandlung mit einbezogen werden würden. Das ist jedoch nach Angaben der befragten Erkrankten nur bei 16 Prozent der Fall. Viele Angehörige fühlen sich nicht gut von den Behandelnden informiert (41 Prozent) und nicht ausreichend in die Behandlung integriert (39 Prozent). Die Engpässe in der Versorgung depressiv Erkrankter führen nicht nur zu langen Wartezeiten auf einen Termin beim Psychiater oder Psychologischen Psychotherapeuten, sondern haben oft auch zur Folge, dass Angehörige ungenügend eingebunden werden. 

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