Keine Kommission ersetzt die Politik
Jacobs' Weg: Statt klarer Entscheidungen zur zukunftsfesten GKV-Finanzierung spielt die Bundesregierung mit einer Reformkommission auf Zeit. Damit kann sie ihre Verantwortung aber nicht abgeben.


Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kann nur durch grundlegende Reformen nachhaltig gesichert werden. Dieser Aussage dürften viele Gesundheitsexperten in Politik, Praxis und Wissenschaft wohl nahezu einhellig zustimmen. Sie stand bereits wörtlich in dem 2003 vorgelegten Bericht der Kommission „Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme“, wohl besser bekannt unter dem Namen „Rürup-Kommission“. Doch trotz expliziter Aufforderung der Kommission an die Politik, zügig zu handeln, ist dies seither in 22 Jahren nicht geschehen.
Am nächsten „dran“ war noch Ulla Schmidt mit der Einführung des Gesundheitsfonds im Jahr 2009. Die dadurch veränderte Finanzierungsarchitektur erlaube – so die damalige Gesundheitsministerin – auch die Berücksichtigung weiterer Finanzströme, etwa im Fall der Beteiligung Privatversicherter an der solidarischen Finanzierung. Allerdings hat nie ein Anlauf in diese Richtung stattgefunden.
„Grundlegende Reformen sind niemals schmerzfrei.“
Ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Jetzt setzt die Bundesregierung wieder auf eine Kommission. Dabei trifft die Problemanalyse der Rürup-Kommission für die GKV unverändert zu: Die Basis der Beitragsfinanzierung – lediglich Erwerbseinkommen der GKV-Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze – ist strukturell zu schmal. Ohne ihre Erweiterung drohen stetig steigende Beitragssätze, die sich auch durch mehr Versorgungseffizienz nicht vermeiden lassen.
Bis hierhin war sich die Rürup-Kommission einig, über den konkreten Weg allerdings nicht. Das könnte sich jetzt durchaus wiederholen. Entscheiden muss am Ende ohnehin die Politik. Allerdings verlangen grundlegende Reformen den schmerzlichen Abbau von Privilegien, im Übrigen auch der Abgeordneten selbst. Sie sind entweder – wie mutmaßlich auch die meisten Kommissionsmitglieder – privatversichert ohne eigenen Solidarbeitrag oder entrichten als freiwillige GKV-Mitglieder Beiträge nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Fast sicher erscheint, dass die Kommission empfiehlt, versicherungsfremde Leistungen sachgerecht aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren. Das wäre zwar besser als nichts, aber auf Dauer nicht grundlegend genug.
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