Interview Versorgung

Wir ermöglichen einen selbstbestimmten Abschied

21.05.2025 Stefanie Roloff 2 Min. Lesedauer

Rituale geben Halt und schaffen Verbindung, sagt Bestatterin Birgit Scheffler. Sie will Beisetzungen individuell gestalten und wünscht sich dafür nicht nur gesellschaftliche Offenheit, sondern auch rechtliche Änderungen.

Foto: Blick auf einen Friedhof mit Grabsteinen und Skulpturen.
Frühzeitige Gespräche über eigene Wünsche, etwa die Bestattungsform, können Angehörige entlasten.
Foto: Birgit Scheffler, Gründerin des Bestattungsinstituts „Das Fährhaus“ in Berlin.
Birgit Scheffler ist Gründerin des Bestattungsinstituts „Das Fährhaus“ in Berlin.

Was hat Sie dazu bewegt, Bestatterin zu werden?

Birgit Scheffler: Vor rund 20 Jahren habe ich plötzlich meine Mutter verloren und einen klassischen Bestattungsprozess erlebt. Erst Jahre später, in einer beruflichen Sinnkrise, hörte ich ein Radiointerview mit einem alternativen Bestatter. Da wurde mir klar, was bei meiner Mutter hätte anders laufen können – und dass das meine neue Aufgabe sein könnte. Nach zwei Ausbildungen zur Sterbe- und Familienbegleiterin lernte ich bei genau diesem Bestatter die Grundlagen meiner heutigen Arbeit. Vor fünf Jahren habe ich dann ein Bestattungsinstitut mitgegründet.

Was unterscheidet Ihr Bestattungsinstitut von anderen?

Scheffler: Ein Kind sagte einmal zu mir: Eigentlich bist du wie eine Hebamme – nur am anderen Ende. Das trifft es gut. Wir kümmern uns wie klassische Institute um das Organisatorische. Unsere Hauptaufgabe ist aber, einen selbstbestimmten Abschied zu ermöglichen. Unsere Räume sind hell und offen. Statt einer Sargausstellung gibt es einen schlichten Holzsarg aus der Region. Wir können auch andere bestellen, aber viele sind dankbar für diese Vorauswahl. So bleibt Raum für Fragen wie: Wer war dieser Mensch? Welcher Abschied passt zu ihm? Wir wollen verstehen, was für ein Leben zu Ende gegangen ist.

Welche Rolle spielen Rituale im Trauerprozess?

Scheffler: Rituale geben Halt und schaffen Verbindung. Früher übernahm das meist die Kirche, heute gibt es alternative Bestattungsformen. So konnten die Hinterbliebenen bei uns zum Beispiel bei einem Kaffeeliebhaber Bohnen ins Grab streuen. Oder ein Fußballfan trug sein Stadiontrikot und wurde in einer Fußballurne in Vereinsfarben beigesetzt. Solche Abschiede trösten, weil sie den Menschen spürbar machen.

„Wenn wir über den Tod reden, reden wir über das Leben.“

Birgit Scheffler

Bestatterin

Was wünschen Sie sich im Umgang mit dem Tod?

Scheffler: Viele meiden das Thema, bis sie selbst mit einem Sterbefall konfrontiert sind. Aber frühzeitige Gespräche über eigene Wünsche, etwa die Bestattungsform, entlasten Angehörige. Hierfür bieten wir die Bestattungsvorsorge, die viele als überraschend positiv erleben. Denn wenn wir über den Tod reden, reden wir über das Leben.

Welche Reformen wären ihrer Meinung nach notwendig?

Scheffler: Das Bestattungsrecht in Deutschland ist stark reglementiert und Ländersache. Hier würde ich mir mehr Freiheit wünschen. Etwa beim Friedhofszwang – so darf Asche nur in Bremen geteilt und an anderer Stelle beigesetzt werden. Auch die Re-Erdigung, eine Bestattungsform, bei der der Körper zu Humus wird, ist derzeit nur in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern möglich.

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