Moderne Pflegestrukturen schaffen

Pflege ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Das gilt auch für das Land Baden-Württemberg. So wird die Zahl der Hochbetagten im Land bis 2045 um etwa 170.000 auf knapp eine Million ansteigen. Gerade diese Bevölkerungsgruppe ist sehr stark von Pflegebedürftigkeit betroffen

Finanzierung langfristig sichern und Sektoren aufbrechen

Der Reformbedarf in der Sozialen Pflegeversicherung ist angesichts der demografischen Entwicklung und damit einhergehender struktureller Finanzprobleme noch immer sehr hoch: Es ist eine umfassende und ganzheitliche Struktur- und Finanzreform sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege und die Stärkung der pflegenden Angehörigen erforderlich. 

Die strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung im Leistungsrecht bildet die heutige Versorgungsrealität nicht mehr ab. Hybride Versorgungsformen wie Pflege-Wohngemeinschaften, betreutes Wohnen oder kombinierte Tages- und häusliche Pflege lassen sich nicht mehr eindeutig einem Sektor zuordnen. Die Folge sind unklare Leistungszuordnungen, Ungleichheiten in der Gewährung und eine mangelnde Passgenauigkeit der Versorgung. Die Landesregierung muss sich daher für die Aufhebung der Sektoren und eine generelle Neuordnung des Leistungsrechts unabhängig vom Ort einsetzen. Ein gutes Beispiel aus Baden-Württemberg, wie dieser Ansatz gelingen kann, ist das „stambulante“ Modell. Es darf aber nicht bei innovativen Modellprojekten bleiben, sondern Ziel muss die Überführung in die Regelversorgung sein.

„Mit Blick auf die demografische Entwicklung muss sich das Land für moderne Pflegestrukturen und ein flexibles Leistungsrecht einsetzen.“

Alexander Stütz

Stv. Vorsitzender des Vorstandes

Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen – in Pflegeinfrastruktur investieren

Bund, Länder, Kommunen sowie Kranken- und Pflegekassen stehen in einer gemeinsamen Verantwortung zur Schaffung bedarfsgerechter Angebote für eine gute gesundheitliche und pflegerische Versorgung in Baden-Württemberg. Nur so können etwa sektoren- und systemübergreifende regionale Lösungen und Prozesse im Sinne Sorgender Gemeinschaften (sogenannte „Caring Community“) gemeinsam entwickelt werden. Dieser innovative und ganzheitliche Lösungsansatz verknüpft Gesundheitsversorgung und -förderung, Prävention, Pflege und soziale Teilhabe. Unerlässlich dafür sind ausreichende und zielgerichtete Investitionen des Landes in die Pflegeinfrastruktur. Diese müssen unbedingt ausgebaut werden, um ausreichend Angebote für die zunehmende Zahl an Pflegebedürftigen im Land zur Verfügung zu stellen und pflegende Angehörige sowie die pflegebedürftigen Menschen selbst bei den Eigenanteilen zu entlasten.

Zentral ist auch die enge Vernetzung aller Akteure. Baden-Württemberg besitzt hier mit den im Landesrecht verankerten kommunalen Pflegekonferenzen sowie den Pflegestützpunkten in den Regionen eine etablierte Struktur für Vernetzung und Beratung, die eine wichtige Ergänzung zu unseren eigenen Beratungsangeboten als Pflegekasse darstellen. Diese Struktur gilt es gemeinsam mit dem Land weiterzuentwickeln. Erforderlich ist dies auch deshalb, weil die bisher existierenden vielfältigen Beratungsansprüche im Leistungsrecht der Pflegeversicherung für die Betroffenen kaum noch nachvollziehbar sind und zu Unsicherheiten in der Inanspruchnahme sowie zu ineffizienten Beratungsstrukturen führen. Wir fordern das Land daher auch auf, sich auf Bundesebene für eine Zusammenführung dieser Ansprüche und eine durchgängige fachpflegerische Begleitung einzusetzen. Darüber hinaus sollte das Land die Landkreise und Kommunen dabei unterstützen, bei der Sozialplanung vor Ort die Kassendaten zu nutzen, um eine flächendeckende, regionale Versorgung und Pflege der Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, zu gewährleisten. Im Sinne der gemeinsamen Verantwortung für die pflegerische Versorgung geht die AOK Baden-Württemberg hier voran und stellt im Rahmen des Projektes „SAHRA – Smart Analysis Health Research Access“ Abrechnungsdaten zur Verfügung, welche den Kommunen Aufschluss über die Bedarfslagen ermöglichen. Diese digitale Lösung für die Sozialplanung gilt es durch das Land auszubauen und zu verstetigen. 

Digitalisierung in der Pflege als Chance

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels in der Pflege und der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen müssen die Potenziale der Digitalisierung in der Pflege konsequent mitgedacht und genutzt werden. Digitale Technologien und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz können das Pflegepersonal gezielt entlasten – beispielsweise durch automatisierte Pflegedokumentation oder intelligente Assistenzsysteme – und zur Attraktivität des Berufsbildes beitragen. Gleichzeitig unterstützen digitale Helferinnen und Helfer Pflegebedürftige und Angehörige im Alltag und ermöglichen dadurch ein länger selbstbestimmtes Leben. So bleibt mehr wertvolle Zeit für die direkte Zuwendung zu den Menschen.

Damit gute digitale Lösungen sich verbreiten können, ist ein intensiver Austausch von Erfahrungen und bewährten Konzepten entscheidend. Eine starke Vernetzung der Akteure ist hierfür unerlässlich. Mit dem Landeskompetenzzentrum Pflege und Digitalisierung hat das Land bereits eine zentrale Plattform geschaffen – diese gilt es nun gezielt zu stärken und weiter auszubauen. Baden-Württemberg als Vorreiter für den Einsatz digitaler Innovation in der Pflege einschließlich der TI-Anbindung aller Akteure in der Pflege zu entwickeln und gemeinsame Verantwortung zu übernehmen, muss Ziel der neuen Landesregierung sein.

Prävention in der Pflege voranbringen

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt der Gesunderhaltung über das ganze Leben hinweg eine besondere Bedeutung zu. Ziel muss es dabei sein, die Selbstständigkeit pflegebedürftiger Menschen wieder herzustellen oder aufrechtzuerhalten. Pflege muss sich weg vom Verrichtungsbezug hin zu einer präventiven Ausrichtung entwickeln. Ein gutes Beispiel wie dies gelingen kann, ist die Zeitvergütung im Konzept „IstZeitPflege“ des Caritasverbandes Rheinfelden – damit kann die wertvolle Ressource der Pflegefachkraft effizient und zielführend eingesetzt werden. Wir fordern das Land auf, solche Konzepte zu unterstützen und sich für einen sicheren Rechtsrahmen auf Bundesebene zur Umsetzung in der Regelversorgung einzusetzen.

Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Pflege

AOK-Positionen

Format: PDF | 247 KB

Leitfaden zur Zusammenarbeit von AOK-Pflegekasse und Kommune

Format: PDF | 945 KB

Kernforderungen der AOK Baden-Württemberg zur Landtagswahl 2026

Format: PDF | 172 KB

Pressekonferenz

Vorstellung des neuen Public Health Index

Wo steht Deutschland beim Thema Prävention im internationalen Vergleich?