AOK-Umfrage: Baden-Württemberger kämpfen mit Hürden
Bauernfeind fordert erleichterten Zugang zu gesunden Lebensmitteln

Stuttgart. Eine dauerhaft gesunde Ernährung im stressigen Alltag zu verankern, bleibt für viele Menschen in Baden-Württemberg ein ungelöstes Problem. Wie eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Baden-Württemberg zeigt, geben 57 Prozent der 750 befragten Bürgerinnen und Bürger an, die Integration gesunder Ernährungsgewohnheiten als „voll und ganz“ beziehungsweise „eher“ herausfordernd zu empfinden. Besonders betroffen sind Menschen mit Übergewicht: Unter ihnen stufen 68 Prozent die Umsetzung als schwierig ein. „Die Zahlen zeigen, dass wir nicht nur bei der individuellen Motivation ansetzen müssen, sondern auch die Rahmenbedingungen verbessern sollten“, betont Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg.
Ein kritischer Punkt ist die mangelnde Zugänglichkeit gesunder Alternativen: 86 Prozent der Baden-Württemberger bemängeln, dass an Bahnhöfen, Raststätten oder öffentlichen Plätzen ungesunde Snacks deutlich präsenter sind als ausgewogene Optionen. Am Arbeitsplatz verschärft sich das Problem: Jeder zweite Erwerbstätige (50 Prozent) gibt an, dass es am Arbeits- oder Ausbildungsort keine qualitativ hochwertige, gesunde Verpflegung gibt. Gleichzeitig wünschen sich 28 Prozent der Berufstätigen mehr gesunde Kantinenangebote, 33 Prozent fordern Zuschüsse für Sportkurse und 35 Prozent Bewegungsangebote wie Yoga während der Arbeitszeit.
„Gesunde Entscheidungen müssen zur einfachsten Option werden“, so Bauernfeind. Eine Steuerbefreiung für Obst und Gemüse, wie sie von 89 Prozent der Bevölkerung befürwortet wird, würde andere und häufig ungesündere Nahrungsmittel relativ verteuern. Darüber hinaus spricht er sich für stärkere Anreize zur Zuckerreduktion in Getränken und Lebensmitteln aus – auch das befürworten sehr viele Menschen, nämlich 87 Prozent der Befragten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf verbindlichen Qualitätsstandards: 85 Prozent der Baden-Württemberger fordern Einschränkungen von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Produkte, und 79 Prozent wünschen sich eine verständliche Nährwertkennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen. „Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Kalorienbomben ohne Transparenz über ihren Nährwert an jeder Ecke locken, während gesunde Alternativen teuer und schwer zugänglich bleiben“, appelliert Bauernfeind.
Trotz großer Bemühungen offenbart die Studie gravierende Wissensdefizite: So halten 69 Prozent der Befragten Sport fälschlicherweise für den wichtigsten Abnehmfaktor, während 27 Prozent nicht wissen, dass ein Kaloriendefizit die Grundvoraussetzung für Gewichtsverlust ist. Ein weiterer Mythos hält sich hartnäckig: 25 Prozent glauben, der Zeitpunkt der Mahlzeiten sei entscheidender als die Gesamtkalorienmenge. Zudem zeigt die Umfrage, dass 54 Prozent der Baden-Württemberger zwischen den Mahlzeiten snacken – bei Übergewichtigen steigt diese Quote auf 56 Prozent. „Hier braucht es Aufklärungskampagnen, die wissenschaftlich fundierte Fakten vermitteln“, betont Bauernfeind. „Außerdem wird dadurch erneut deutlich, wie wichtig die Stärkung der Gesundheitskompetenz von klein auf ist.“
Übergewicht bleibt ein gesellschaftliches Stigma: 40 Prozent der Baden-Württemberger berichten von unerwünschten Ratschlägen oder Kommentaren im privaten Umfeld. 37 Prozent haben bereits Verspottungen beobachtet. „Die psychischen Folgen von Übergewicht werden massiv unterschätzt“, warnt Bauernfeind. 83 Prozent der Befragten teilen diese Einschätzung. Besonders betroffen sind Frauen: 88 Prozent von ihnen kritisieren, dass zu viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt wird – bei Männern sind es nur 70 Prozent.
Vor dem Hintergrund, dass 75 Prozent der Baden-Württemberger bereits Abnehmversuche unternommen haben – jedoch nur 24 Prozent davon dauerhaft erfolgreich waren –, startet die AOK eine bundesweite Aufklärungskampagne. Kernstück ist die 66-Tage-Challenge, die Teilnehmende durch individuell angepasste Ernährungspläne, Bewegungstracker und psychologische Begleitung unterstützt. „Es geht nicht um schnelle Diäterfolge, sondern darum, langfristige Routinen zu etablieren, die dann zu Gewohnheiten werden“, erklärt Bauernfeind. Zudem bietet die AOK kostenlose Ernährungsberatungen und Kooperationen mit regionalen Sportvereinen an.
Hinweise für die Redaktionen:
Die forsa-Umfrage wurde vom 21. August bis 8. September 2025 unter 750 Baden-Württembergern ab 14 Jahren durchgeführt.