Mundhygiene bei Pflegebedürftigen: Gute Zahnpflege ist Lebensqualität
Wenn Menschen pflegebedürftig werden, gerät die Zahnpflege oft in den Hintergrund. Doch Mundgesundheit bedeutet auch ein Stück Lebensqualität und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Pflegebedürftige benötigen Unterstützung bei der Mundhygiene. Soweit sie das können, sollten sie jedoch bei der Zahnreinigung mithelfen.

Zahngesundheit hat Auswirkung auf allgemeine Gesundheit
Gesunde Zähne sind in jedem Alter und in jeder Lebenssituation wichtig. Dabei geht es nicht nur um kosmetische Aspekte: „Nur mit gesunden Zähnen und gut gepflegtem Zahnersatz können beispielsweise pflegebedürftige Menschen essen, schmerzfrei kauen und sich verständlich artikulieren“, sagt Katja Kühler, Zahnärztin bei der AOK. Außerdem betreffen Erkrankungen wie Karies oder Parodontitis, also eine Entzündung des Zahnbettes, nicht nur den Mund. Sie haben auch negative Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit. Zahnerkrankungen können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen und Krebs erhöhen, weil Bakterien aus der Mundhöhle in den Kreislauf gelangen. Zudem beeinflussen schlechte Mundverhältnisse bei Diabetes die Blutzuckerwerte.
Zahnhygiene gerade bei Pflegebedürftigkeit wichtig
Deshalb ist es auch und gerade bei Pflegebedürftigkeit wichtig, die Zahnhygiene nicht zu vernachlässigen. Allgemein hat sich die Mundgesundheit der Bevölkerung in den vergangenen Jahren zwar gebessert, „doch um die Mundgesundheit bei Menschen mit Pflegebedarf ist es oft schlechter bestellt als in der Allgemeinbevölkerung“, so Kühler.
Das hat viele Gründe: Älteren Menschen oder Menschen mit Behinderung fällt es oft zunehmend schwer, Zähne und Zahnersatz gut zu reinigen, weil feinmotorische Fähigkeiten oder Sehkraft nachlassen. Viele Medikamente – zum Beispiel gegen Diabetes, Bluthochdruck, Demenz, Rheuma, Schmerzen – wirken sich negativ auf die Mundgesundheit aus. Sie führen etwa zu einem verminderten Speichelfluss, wodurch das Risiko für Karies steigt. Nach einem Schlaganfall zum Beispiel sind möglicherweise die Beweglichkeit und das Schlucken beeinträchtigt. Auch mit einer Demenz ist selbstständige Zahnpflege ab einem bestimmten Stadium nicht mehr möglich.
O-Töne von Katja Kühler, Zahnärztin bei der AOK
Mundhygiene beginnt mit der Ernährung
Oft ist also Unterstützung bei der Mundhygiene nötig. Und sie beginnt mit der Ernährung. „Wichtig ist, auf einen abwechslungsreichen Speiseplan zu achten, der wenig Süßes und Saures enthält, dafür mehr Milchprodukte, die Kalzium liefern, einen Baustoff für Knochen und Zähne“, erklärt AOK-Zahnärztin Kühler. Zucker – oft auch versteckt in salzigen Lebensmitteln – schädigt die Zähne, saure Lebensmittel wie Obst und Fruchtsäfte können auf Dauer den Zahnschmelz anlösen. Die Gefahr ist größer, wenn direkt nach dem Genuss von Obst oder Fruchtsäften die Zähne geputzt werden. Außerdem sollten die Mahlzeiten so lange wie möglich nicht püriert sein, denn feste Nahrung ist Gymnastik für den Kauapparat. Der Speichelfluss wird durch das Kauen gefördert, Zähne und Zahnfleisch gekräftigt. Auch Trinken regt den Speichelfluss an: Zwei Liter Wasser, ungesüßter Tee oder Saftschorlen am Tag sollten es sein.
Zweimal am Tag Zähne putzen
Generell gilt: Zweimal am Tag Zähne putzen! Pflegende Angehörige oder Pflegekräfte sollten die pflegebedürftige Person motivieren, sich an der Mundpflege zu beteiligen und, wenn nötig, nachhelfen. Zahnbürsten mit einem verstärkten Griff können Menschen mit Problemen bei der Feinmotorik das Putzen erleichtern. Die Zahnpasta sollte in jedem Fall Fluorid enthalten, denn durch die Mundtrockenheit kann schneller Karies entstehen. Bei älteren Menschen ist die Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Zahnzwischenraum-Bürstchen noch wichtiger als bei jüngeren, weil die Lücken zwischen den Zähnen durch den Rückgang des Zahnfleisches größer geworden sind und dort häufig Speisereste hängenbleiben.
Hinweise für pflegende Angehörige
Pflegende, die einen Angehörigen bei der Zahnreinigung unterstützen, sollten Folgendes beachten:
- Immer Einmalhandschuhe tragen, um eine Übertragung von Bakterien zu vermeiden
- Sich hinter den Pflegebedürftigen stellen, seinen Kopf und den Unterkiefer mit einem Arm festhalten. Bei Bettlägerigkeit ist es sinnvoll, sich auf die Bettkante hinter die zu pflegende Person zu setzen
- Bei Problemen, den Mund zu öffnen: den Daumen auf die Falte des Unterkiefers legen und leicht nach unten drücken
- Um den Mund offen zu halten, kann eine Mundstütze oder ein halbierter Flaschenkorken zwischen die obere und untere Zahnreihe gelegt werden
- Herausnehmbaren Zahnersatz entfernen, da er separat gereinigt werden muss
- In kleinen kreisenden Bewegungen vom Zahnfleisch zum Zahn hin putzen.
Reinigung des Zahnersatzes
Genau wie die echten Zähne sollte der herausnehmbare Zahnersatz zweimal am Tag gereinigt werden. Auch dafür sind Einmalhandschuhe empfehlenswert. Die Prothese säubert man mit einer normalen Zahnbürste oder einer speziellen Prothesenbürste unter lauwarmem Wasser und mit flüssiger Handseife. Achtung: Eine normale Zahnpasta kann Kratzspuren auf dem Zahnersatz hinterlassen. Nachts sollte die Prothese trocken gelagert und morgens vor dem Einsetzen nochmals gut abgespült werden. Es ist wichtig, die Prothese jeden Tag zu tragen, da sich sonst die Knochensubstanz schnell verändert und die Prothese nicht mehr richtig sitzt.
Zweimal im Jahr sollte ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin den Sitz der Prothese überprüfen, die Zähne auf Karies hin untersuchen und kontrollieren, ob der Zahnhalteapparat entzündet ist. Das Fachpersonal in einer zahnärztlichen Praxis kann Pflegende dabei beraten, wie sie die echten und die dritten Zähne ihrer Angehörigen am besten in Schuss halten können.
Wahl der richtigen Zahnbürste
Genauso wichtig wie regelmäßiges Zähneputzen ist für Pflegebedürftige die Wahl der richtigen Zahnbürste. Dabei gilt:
- Die Zahnbürste sollte weichen Borsten haben und eventuell einen verstärkten Griff: Als Verstärkung kommen ein durchstochener Tennisball, ein Fahrradgriff oder ein angeklebter Griff einer zweiten Zahnbürste infrage
- Auch elektrische Zahnbürsten können eine Erleichterung gerade für ältere und behinderte Menschen sein
- Dreikopfbürsten sind besonders praktisch: Innen-, Außen- und Kauflächen können gleichzeitig gereinigt werden
- Zahnzwischenraum-Bürstchen (Interdentalbürsten) gibt es in unterschiedlichen Größen
- Für die Prothese am besten Prothesenbürsten benutzen, sie haben besonders harte Borsten und sind deshalb für die echten Zähne nicht geeignet