Gutartiger Lagerungsschwindel: Winzige Steinchen mit großer Wirkung
Schwindelgefühle kennt wohl jeder Mensch: Zu schnell aufgestanden oder Karussell gefahren und schon dreht sich alles – ein sehr störendes Gefühl. Die Ursachen für Schwindel sind vielfältig: Manchmal liegt eine neurologische Störung zugrunde, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Medikamente oder psychische Faktoren können Schwindelanfälle auslösen. Ist eine Störung des Gleichgewichtsorgans die Ursache, handelt es sich meist um einen sogenannten gutartigen Lagerungsschwindel. Er ist unangenehm, aber harmlos – und lässt sich gut behandeln.

Auslöser
Auslöser für einen gutartigen Lagerungsschwindel sind vermutlich winzige Kalzitsteinchen (Otolithen) beziehungsweise Ablagerungen, die sich in den Bogengängen des Innenohrs gebildet haben. Lösen sich diese ab und geraten in Bewegung, reizen sie die Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans und provozieren dadurch falsche Signale. „Das Gehirn erhält dann Informationen, die mit anderen Sinneseindrücken – zum Beispiel denen der Augen – nicht mehr übereinstimmen. So kommt es zu dem typischen Drehschwindel“, sagt Dr. Camilla von Münchhausen, Ärztin im AOK-Bundesverband.
Ältere Menschen häufiger betroffen
Warum sich die winzigen Steinchen im Bogengang ablagern, bleibt meist unklar. Selten sind eine Kopfverletzung oder Bettlägerigkeit die Ursache, vermutlich ist es einfach nur der Alterungsprozess. Denn diese Schwindelart kommt bei älteren Menschen deutlich häufiger vor als bei jungen – meist zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr.
Insgesamt leiden etwa zwei Prozent der Menschen irgendwann in ihrem Leben an einem gutartigen Lagerungsschwindel – Frauen ungefähr doppelt so oft wie Männer.
O-Töne von Dr. Camilla von Münchhausen, Ärztin im AOK-Bundesverband
Schwindelgefühl hält meist nur kurz an
Beim gutartigen Lagerungsschwindel kommt es immer wieder zu kurzen Drehschwindelattacken: bei raschen Bewegungen des Kopfes oder Lageveränderungen – zum Beispiel, wenn man den Kopf dreht, senkt oder nach hinten streckt, sich hinlegt, sich aus dem Liegen heraus aufsetzt oder sich bückt. „Meist hält das Schwindelgefühl nur kurz an – für einige Sekunden bis höchstens fünf Minuten. Begleitend kann es dabei auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen“, erklärt Medizinerin von Münchhausen.
Leicht von anderen Formen zu unterscheiden
In der Regel ist diese Schwindelform anhand der Beschwerden und der Vorgeschichte für einen Arzt oder eine Ärztin leicht zu erkennen und von anderen zu unterscheiden. Dabei wird oft der sogenannte Hallpike-Test gemacht: Kopf und Rumpf werden mit ärztlicher Unterstützung rasch in einer fest vorgegebenen Abfolge bewegt. Wird dadurch ein Schwindelanfall ausgelöst, handelt es sich um einen gutartigen Lagerungsschwindel.
Lagerungsschwindel verschwindet oft von selbst wieder
Bei milder Symptomatik reicht es manchmal, einfach abzuwarten. „Mit der Zeit können sich die Kalzitsteinchen in den Bogengängen festsetzen und werden dann vom Körper abgebaut. Deshalb verschwindet ein gutartiger Lagerungsschwindel häufig von allein: Etwa die Hälfte der Betroffenen ist innerhalb von drei Monaten wieder beschwerdefrei“, sagt Ärztin von Münchhausen.
Lagerungsmanöver sind bewährtes Gegenmittel
Wer nicht so lange warten will, kann den Schwindel direkt behandeln. Gängiges Mittel sind sogenannte Lagerungsmanöver. Dabei verlagert eine bestimmte Abfolge von Bewegungen des Kopfes und des Körpers die losen Steinchen so, dass sie sich festsetzen und keine neuen Attacken mehr auslösen können. Bei diesen Lagerungsmanövern – zum Beispiel dem Epley- oder dem Semont-Manöver – helfen die Ärztin oder der Arzt. Es gibt aber auch Varianten, die man zu Hause allein machen kann. Betroffene können auch in ihrer Arztpraxis danach fragen. „Die Lagerungsmanöver können manchmal selbst eine Schwindelattacke auslösen“, so von Münchhausen. „Ernsthafte Komplikationen verursachen die Manöver aber nicht, und die Erfolgsaussichten sind gut, die Schwindelanfälle rasch zu beseitigen.“