Insektengiftallergie: So sind Betroffene für den Notfall gerüstet
Die lästigen Wespen stören bei der Kaffeetafel. Ein Gast schlägt wild um sich und wird gestochen. Zunächst kein Grund zur Panik: „Normalerweise bleibt es bei einer lokalen Reaktion. Das heißt, die Einstichstelle rötet sich, schwillt an und schmerzt“, sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin im AOK-Bundesverband. Bei Menschen mit einer Insektengiftallergie kann ein Stich möglicherweise lebensbedrohlich sein. Wer betroffen ist, sollte für den Notfall gerüstet sein und sich entsprechend schützen.

Symptome
Schätzungsweise zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland reagieren allergisch auf Insektengifte, die meisten auf den Stoff, der im Stachel einer Biene oder Wespe steckt. Doch nicht jede Reaktion auf einen Stich ist grundsätzlich eine Allergie. „Eine lokale Rötung, Schwellung und Schmerz sind durchaus normal“, so Medizinerin Eymers. „Wenn sich aber die Hautreaktion auf den ganzen Körper ausbreitet und ein Jucken oder Kribbeln in den Handflächen oder Fußsohlen dazukommt, ist eine Allergie wahrscheinlich und sollte dringend abgeklärt werden.“ Schwere Reaktionen sind Schwellungen im Gesicht und im Hals, die zur Atemnot führen können, aber auch Übelkeit oder Kreislaufprobleme. Im schlimmsten Fall bricht das Herz-Kreislauf-System zusammen, dann spricht von einem anaphylaktischen Schock. Dies ist eine lebensgefährliche Situation und erfordert eine sofortige notärztliche Versorgung (Telefon 112).
Vorsicht bei Stichen in Hals und Rachen
Umgehend ärztliche Hilfe aufgesucht werden sollte auch immer, wenn das Insekt in den Hals oder Rachen gestochen hat, selbst wenn die Person keine Allergie hat. Bis der Arzt oder die Ärztin eintrifft, hilft es, Eiswürfel zu lutschen, um die Schwellung aufzuhalten. Durch schnelles Anschwellen der Zunge oder der Mundschleimhaut können nämlich die Atemwege blockiert werden.
Radio O-Töne von Dr. Eike Eymers, Ärztin im AOK-Bundesverband
Abklärung
Bei allergischen Allgemeinreaktionen auf einen Insektenstich sollte in einer fachärztlichen Praxis mittels Haut- und Bluttests geklärt werden, ob es sich tatsächlich um eine Allergie handelt. Dabei ist es wichtig zu wissen, welches Insekt gestochen hat – was aber häufig nicht leicht festzustellen ist. Tests werden zur Klärung in der allergologischen Praxis durchgeführt. Ist es sicher, dass es sich um eine Insektengiftallergie handelt, sollten sich die Betroffenen einen Allergiepass ausstellen lassen und diesen stets dabeihaben.
Meist stechen Wespen zu
Meistens sind Wespen die Übeltäter. Sie sind aggressiver als Bienen, die nur ihren Stachel ausfahren, wenn sie sich bedroht fühlen. Stechen Bienen dennoch zu, verlieren sie ihren Stachel und er bleibt meist in der Haut stecken. Seltener stechen Hummeln oder Hornissen zu. Die weit verbreitete Angst vor Hornissenstichen ist übrigens unbegründet, da Hornissen ebenso friedfertig sind wie Bienen.
Insektengiftallergie kann sich jederzeit entwickeln
Eine Insektengiftallergie kann sich bei jedem entwickeln, jederzeit. Man muss nicht allergisch vorbelastet sein. In der Regel sind starke lokale Reaktionen an der Einstichstelle keine Allergie. Die Stelle kann sich auch infizieren und dadurch weiter anschwellen. Aber systemische Reaktionen wie Nesselausschlag oder Hautrötungen sollten dringend abgeklärt werden, denn dies sind Hinweise auf eine allergische Reaktion. Für Menschen mit diagnostizierter Insektenstichallergie ist es empfehlenswert, ein Notfallset bei sich zu tragen. Das Set, das vom Arzt oder von der Ärztin verschrieben wird, enthält drei Medikamente: ein schnell wirkendes Antihistaminikum und ein Kortisonpräparat, die beide abschwellend wirken und die allergische Reaktion mildern. Außerdem eine Fertigspritze mit Adrenalin, die Blutdruck und Kreislauf in Minutenschnelle stabilisiert. Damit lässt sich die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken. Außerdem sollte der Bienenstachel so schnell wie möglich entfernt werden, falls er noch in der Haut steckt. Und zwar so, dass die mit Gift gefüllte Blase dabei nicht zerquetscht wird. Am besten ist es, ihn mit dem Fingernagel wegzukratzen.
Ursächlich behandeln durch Hyposensibilisierung
Die wichtigste langfristige Maßnahme ist eine Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie genannt. „Damit lässt sich eine Insektengiftallergie ursächlich behandeln“, betont Ärztin Eymers. Der Arzt oder die Ärztin spritzt dabei das allergieauslösende Gift (entweder der Biene oder der Wespe) in ansteigender Konzentration den Betroffenen in den Oberarm, damit sich das Immunsystem langsam daran gewöhnt. Diese Behandlung dauert circa drei bis fünf Jahre und erfordert eine gute Mitarbeit der Patientinnen und Patienten. Für besondere Risikogruppen wie Imkerinnen oder Obstbauern kann in den Sommermonaten eine besonders schnelle Variante der Immuntherapie zum Einsatz kommen: Bei dieser „Rush-Hyposensibilisierung“ wird die sogenannte Erhaltungsdosis bereits innerhalb weniger Tage und nicht erst nach Monaten erreicht. Dazu müssen sich die Patientinnen und Patienten allerdings in eine Fachklinik begeben, weil diese Art der Hyposensibilisierung komplikationsträchtiger ist. Sie wird nach der Einleitungsphase über drei bis fünf Jahre mit monatlichen Spritzen fortgeführt, mitunter sogar länger. Das führt in der Regel dazu, dass die Reaktionen auf einen Insektenstich langfristig schwächer werden oder ganz ausbleiben.
So werden Insektenstiche vermieden
Allergischen Reaktionen beugt man am besten vor, indem man Insektenstiche vermeidet, und zwar folgendermaßen:
- Nicht hastig nach den Insekten schlagen und heftige Bewegungen vermeiden: Wespen stechen nämlich, sobald sie sich bedroht fühlen
- Auch das Wegpusten der Tiere ist nicht ratsam: Das im Atem enthaltene Kohlendioxid gilt im Wespennest als Alarmsignal
- Beim Essen im Freien keine Süßigkeiten oder Fleisch herumliegen lassen.
- Verschließbare Behälter für Speisen und Getränke nutzen, damit nicht unbeobachtet Insekten hineinkrabbeln oder -fliegen
- Nicht aus offenen Flaschen oder Getränkedosen trinken, Trinkgläser abdecken
- Weite, fliegende Kleider, dunkle Farben und farbige Blumenmuster meiden.
- Ablenkfütterung mit Melonenschalen oder Fallobst in einer Entfernung von mindestens fünf Metern. Verboten sind mit süßem Saft oder Bier gefüllte Wespenfallen, denn die Tiere sterben einen qualvollen Tod
- Parfums und stärker parfümierte Kosmetika vermeiden
- Vorsicht bei Gartenarbeiten: so viel wie möglich vom Körper bedecken (lange Ärmel, lange Hosen, Hut)
- Nicht barfuß nach draußen gehen. Bienen lieben Klee, und viele Wespen leben im Boden
- Die Nähe von Mülltonnen und Abfallkörben im Freien meiden.
- An den Fenstern ein Insektengitter anbringen.
- Bei heftigen Reaktionen nach Insektenstichen: kühlende Salben oder Gele auftragen