Burn-on: Weiterbrennen für den Job trotz ständiger Überlastung
Den Begriff „Burn-out“ kennen vermutlich die meisten, aber was ist „Burn-on“? Diese Bezeichnung gibt es erst seit wenigen Jahren, das Erscheinungsbild allerdings schon lange: Die Betroffenen brennen für ihre Arbeit, stehen permanent unter Strom und finden keine Ruhe. Trotz zunehmender Erschöpfung bleiben sie leistungsbereit und identifizieren sich stark mit ihrem Job. Sie brechen nicht plötzlich zusammen wie bei einem Burn-out, sondern machen immer weiter – die Folge sind physische Beschwerden bis hin zu einem Burn-out oder einer Depression.

Typische Symptome: Freudlosigkeit, Verspannungen und Schlafstörungen
„Bei einem Burn-out haben die Menschen keine Energie, keine Freude mehr, sie fühlen eine große Abneigung gegen ihre Arbeit, häufig bis hin zum Zusammenbruch. Burn-on-Betroffene sind ebenfalls erschöpft, funktionieren aber weiter für ihren Job. Sie schaffen es nicht, auszusteigen, sondern bündeln ihre ganze verbleibende Energie für die Arbeit“, erklärt Dr. Sylvia Böhme, Psychologin und Psychotherapeutin bei der AOK. „Beiden ist gemein, dass sie kaum noch Lebensfreude und Zufriedenheit fühlen.“ Dieser Zustand der Daueraktivierung von Stresshormonen ist für den Körper sehr belastend und führt zu den typischen körperlichen Symptomen eines Burn-on wie Müdigkeit, starke Verspannungen, vor allem im Nacken und Rücken, Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Auch steigt die Gefahr, an Bluthochdruck zu leiden – mit möglichen Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. „Das Problem ist, dass die Betroffenen ihrer Arbeit immer mehr und mehr Zeit einräumen, um ihren eigenen hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Ausgleichende Phasen der Erholung wie Sport oder Treffen mit Freunden werden dagegen immer weniger. Dem Körper fällt es zunehmend schwerer, in einen Entspannungszustand zurückzufinden“, sagt Psychologin Böhme.
Gesellschaftliche Anerkennung statt eigener Bedürfnisse
Ebenso wie ein Burn-out wird ein Burn-on nicht als eine eigenständige Krankheit definiert, sondern als Folge von Dauerstress am Arbeitsplatz, dem die Betroffenen nicht mehr entrinnen können. „Meist handelt es sich dabei um Menschen mit hoher Selbstdisziplin, Perfektionsdrang und wenig Akzeptanz für die eigenen Bedürfnisse und Grenzen“, so Böhme weiter. Auch Faktoren wie ein hoher Leistungsdruck, Konkurrenzdenken und das Wegbrechen familiärer Unterstützung spielen eine wichtige Rolle. Betroffene identifizieren sich mit diesem gesellschaftlich durchaus angesehenen Lebensstil des Workaholics.
Belastungsgrenzen erkennen
Aus diesem Hamsterrad der ständigen Leistungserbringung auszubrechen, ist nicht leicht. Der erste Schritt ist, überhaupt zu erkennen, in welchem Dauerstress man selbst steckt. „Fühlen Sie sich, als würden Sie nur noch funktionieren? Achten Sie auf Bemerkungen von Familie und Freunden: Sprechen diese Sie öfter auf Ihr übermäßiges Arbeitspensum an oder fühlen sich von Ihnen vernachlässigt, könnte das ein Anzeichen für ein drohendes Burn-on sein“, erklärt AOK-Expertin Dr. Böhme. Wichtig sei dann, sich selbst zu fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, ständig unter Strom zu stehen, wo die eigenen Belastungsgrenzen liegen und ob diese möglicherweise schon überschritten werden. Oft geben sich Betroffene nicht nur nach außen als stark und unbegrenzt leistungsfähig, sondern auch sich selbst gegenüber. Böhme: „Überlegen Sie, ob Ihr Leben im Einklang steht mit Ihren persönlichen Werten, beruflich und privat. Wann haben Sie das letzte Mal eine Pause zur Entschleunigung eingelegt und nur etwas nur für sich getan?“
Mehr Momente der Entspannung und der Unbeschwertheit
Überhaupt erst einmal zu erkennen, dass diese Momente der Entspannung oder Freude in letzter Zeit zu kurz gekommen sind, und ihnen nun wieder bewusst mehr Raum zu geben – das ist für Burn-on-Betroffene essenziell. Wie das umgesetzt wird, kann unterschiedlich sein. Manche schalten beim Sport oder beim Wandern in der Natur ab, andere bei Meditation oder durch verschiedene Entspannungstechniken. „Wichtig ist außerdem, mehr und regelmäßige Pausen in den Arbeitsalltag einzubauen und auch ausreichend Zeit jenseits der Arbeitszeit zu verbringen, etwa mit der Familie oder mit Freunden“, sagt Böhme. Doch nicht immer gelingt es, aus eigener Kraft aus diesem Kreislauf der Daueranspannung herauszukommen. Die Folge können psychische und körperliche Erkrankungen wie Depressionen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Hier kann es dann sinnvoll sein, eine gezielte Diagnostik und Behandlung in Anspruch zu nehmen.