Statement

Kliniken wirtschaftlich sichern

09.04.2024 AOK NordWest

Kerstin von der Decken über den Stand der Krankenhausreform, den Krankenhausplan für Schleswig-Holstein und die finanzielle Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern.

Kerstin von der Decken, Ministerin für Justiz und Gesundheit in Schleswig-Holstein
Kerstin von der Decken, Ministerin für Justiz und Gesundheit in Schleswig-Holstein

Frau Ministerin, Sie haben in diesem Jahr den Vorsitz der Gesundheitsministerkonferenz der Länder. Welche Schwerpunkte setzen Sie?
Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen möchte ich den Fokus auf die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung insgesamt legen. Dazu gehört die Krankenhausreform, aber auch die ambulante Versorgung, die vor ähnlichen Herausforderungen steht: zunehmender Fachkräftebedarf, Tarifsteigerungen, inflationsbedingte Mehrkosten, Arbeitsverdichtung und Bürokratie. Und dazu gehört eine funktionierende Arzneimittelversorgung. Diese drei Bereiche müssen sinnvoll ineinandergreifen, um die begrenzten Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Dazu brauchen die Akteure gute Rahmenbedingungen. Dafür setze ich mich ein.

Ihr Ministerium arbeitet derzeit am neuen Krankenhausplan. Wie ist der Stand?
Wir erstellen derzeit eine Versorgungsbedarfsanalyse. Damit erfassen wir den Istzustand – wo leben wie viele Menschen und welche Leistungen erhalten sie in welchen Kliniken? Dann folgt eine Prognose: Welche Leistungen, Fallzahlen, Fahrtzeiten und weitere Parameter sind künftig zu erwarten? Beides wird die Grundlage für die Krankenhausplanung Die Planung von Krankenhäusern steht in der Verantwortung der Bundesländer, die damit die… , die wir anschließend mit angepassten Versorgungsaufträgen für die Kliniken umsetzen wollen. Mir ist besonders wichtig, dies mit den Akteuren – u. a. Kliniken, Kassen, Kommunen, Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung – abzustimmen. Es geht nur gemeinsam.

Noch ist unklar, wie es mit der bundesweiten Krankenhausreform weitergeht. Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Planungen?
Unser Ziel war, dass die Reform der Krankenhausplanung – in Zuständigkeit der Länder – und der Betriebskostenfinanzierung – in Zuständigkeit des Bundes –Hand in Hand gehen. Jedoch wurden die Länder leider entgegen der Vereinbarungen wiederholt vom Bundesgesundheitsminister im Unklaren gelassen. Das verzögert die Reform. Wir arbeiten in Schleswig-Holstein dennoch wie beschrieben weiter an unserem Teil. Dabei soll auch eine neue Systematik zum Tragen kommen: Statt der bisherigen Größe „Planungsbett“ soll die Planung künftig anhand von Leistungsgruppen unter Festlegung verbindlicher Strukturkriterien erfolgen. Wir wollen uns an den 65 Leistungsgruppen orientieren, die Nordrhein-Westfalen – und grundsätzlich wohl auch der Bund – vorsehen.

Sie haben sich im Bundesrat für ein „Nothilfeprogramm für existenzbedrohte Krankenhäuser“ eingesetzt. Wie dramatisch ist die Lage in Schleswig-Holstein?
Gemeinsam mit einer breiten Ländermehrheit drängen wir darauf, dass der Bund seiner Verpflichtung nach §1 KHG nachkommt, die Krankenhäuser wirtschaftlich zu sichern. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Bund angesichts der Kostenzuwächse nicht schneller handelt. Insolvenzen sind die Folge. In Schleswig-Holstein hatten wir 2023 drei, 2024 bereits eine. Die Kliniken können Patientinnen und Patienten nicht abweisen –unabhängig davon, ob sie kostendeckend arbeiten oder nicht. Der Hinweis des Bundes, dass die Länder ihren Verpflichtungen bei Investitionskosten nachzukommen haben, ist richtig. Aber ein potenzieller Investitionsstau ist weder in der Sache noch in der Höhe ursächlich für Insolvenzen. Diese entstehen, wenn laufende Ausgaben die laufenden Einnahmen dauerhaft übersteigen. Und dafür trägt der Bund die Verantwortung. Die Länder arbeiten intensiv daran, ihren Investitionsverpflichtungen nachzukommen und erwarten, dass der Bund bei der Betriebskostenfinanzierung – und bei reformbedingten Investitionen – seiner Verantwortung ebenfalls gerecht wird.

Tarifsteigerungen des Klinikpersonals sollen nun offenbar vollständig über die Landesbasisfallwerte refinanziert werden. Ist damit die finanzielle Liquidität der Kliniken ausreichend gesichert?
Das entspricht im Grundsatz einer der Forderungen der Länder. Meine Erfahrungen mit Ankündigungen des Bundes haben mich jedoch – leider – gelehrt, sich nur auf belastbare Fakten in Form eines beschlossenen Gesetzes zu verlassen.

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