Kommt Zeit, kommt Rat
Die Stabilisierung der Beitragssätze hat bei der neuen Bundesregierung scheinbar keine Eile. Immerhin soll die Krankenhausreform jetzt schnell auf Kurs gebracht werden.

Angesichts der seit Jahren andauernden Ebbe in den Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung beweist die neue Regierungskoalition Langmut: In zwei Jahren soll eine Kommission konkrete weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der Beitragssätze vorschlagen. Dazu sollen die Expertinnen und Experten zunächst die Gesamtwirkung der gesundheitspolitischen Vorhaben betrachten. Da schwingt viel Hoffnung mit. Vor allem darauf, dass sich die Wirtschaftslage verbessert und ein höheres Beschäftigungsniveau die Beitragseinnahmen vergrößert. Kurzfristige Entlastungen der Beitragszahlenden aus Steuermitteln stehen hingegen nicht auf der Agenda. So lässt der längst überfällige Kurswechsel bei den versicherungsfremden Leistungen weiter auf sich warten. Dank des Sondervermögens Infrastruktur wollen die Koalitionäre nun zumindest die Investitionen für die Krankenhausreform ohne den Griff auf zusätzliche Beitragsmittel finanzieren. Auch bei ihrem Ziel, die Ausgabendynamik zu stoppen, haben es die Koalitionäre offenkundig nicht eilig. Einen Turbo zur Ausgabenbegrenzung sieht der Koalitionsvertrag jedenfalls nicht vor. Vielleicht in der Erwartung, dass die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken aus eigenem Antrieb daran arbeitet?
„Ohne ein sofort wirksames Effizienzprogramm wird die Diskussion über Beitragsanhebungen bald erneut aufflammen.“

Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest
Ohne ein sofort wirksames Effizienzprogramm wird die Diskussion über Beitragsanhebungen bald erneut aufflammen. Der Verweis auf die geplanten Strukturreformen beruhigt deshalb nicht. Selbst wenn diese zügig angegangen werden, werden sie ihre finanzielle Wirkung – optimistisch betrachtet – erst in den Folgejahren entfalten können. Fraglich bleibt dann, auf welcher Grundlage die Kommission im Frühjahr 2027 ihre Ableitungen und Empfehlungen zur Stabilisierung der Beitragssätze treffen soll.
Erfreulich ist, dass der Nachschliff der Krankenhausreform noch bis zum Sommer erfolgen soll. Zeitnah könnten dann die Notfall- und Rettungsdienstreformen folgen. Solche müssen für das avisierte Primärarztsystem noch ausgelotet werden. Zwar mangelt es nicht an Vorschlägen, doch bis zu einem praxistauglichen Gesamtkonzept ist es ein langer Weg.