Der Druck zum Handeln steigt
Die soziale Pflegeversicherung wurde vor 30 Jahren eingeführt – eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Doch die Finanzierung ist nicht gesichert. Was muss passieren, um das System zukunftsfähig zu machen?

Die soziale Pflegeversicherung wurde vor 30 Jahren eingeführt – eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Doch die Finanzierung ist nicht gesichert. Was muss passieren, um das System zukunftsfähig zu machen?
Die Finanzstabilität der sozialen Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung wurde 1995 als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt. Ihre Aufgabe… (SPV) ist in Schieflage. Schon seit Jahren steht das System unter finanziellem und strukturellem Druck. Die sich zuspitzende Notlage ist daher keine große Überraschung. Dennoch fehlt bisher ein klares politisches Konzept, um die fünfte Säule der Sozialversicherung Die Sozialversicherung in ihrer heutigen Form geht auf die "Kaiserliche Botschaft" von 1881 und die… für die Zukunft sicher aufzustellen.
Das Defizit in der sozialen Pflegeversicherung ist alarmierend. Um 1,54 Milliarden Euro überstiegen die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 2024. Die Prognosen für das Jahr 2025 lassen wenig Hoffnung zu, dass die zum Jahresanfang angehobenen Beitragssätze die vorhandenen Löcher stopfen. Der GKV-Spitzenverband Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurden die Organisationsstrukturen in der gesetzlichen… rechnet für das laufende Jahr mit einem weiteren Defizit von rund einer halben Milliarde Euro. „Die Botschaft an die Politik ist klar und deutlich: Die neue Bundesregierung muss das System umgehend reformieren!“, meint Maik Vonau, Fachbereichsleiter Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… bei der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… NordWest. „Die Pflegekassen und deren Verbände geben seit Jahren entsprechende Signale ab. Wenn jetzt nicht sofort gehandelt wird, droht die Zahlungsunfähigkeit einzelner sozialer Pflegekassen. Sollten zunehmend weitere Kassen betroffen sein, ist auch die Zahlungsunfähigkeit des gesamten Systems zu befürchten.“
Trotz der Beitragssatzerhöhung um 0,2 Beitragssatzpunkte zum 1. Januar 2025 musste das Bundesamt für Soziale Sicherung Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist eine selbstständige Bundesbehörde, die dem… (BAS) die Ausgabendeckungsquote ab Februar 2025 von 0,5 Prozentpunkte auf 0,4 Prozentpunkte absenken. Das bedeutet, dass den Pflegekassen nur noch 40 Prozent einer Monatsausgabe an Betriebsmitteln zur Verfügung stehen. Noch deutlicher wird der Ernst der Lage durch den ersten Finanzhilfeantrag, welchen eine Pflegekassen beim BAS eingereicht hat. „Wichtig zu wissen ist, dass die Versicherten nicht befürchten müssen, dass sie nicht mehr versorgt werden. Das BAS hat die Finanzhilfen mittlerweile bis Ende 2025 gewährt.“, erklärt Maik Vonau. Dennoch gilt dieser Vorgang als deutliches Warnzeichen und erhöht den Handlungsdruck. Das Absenken der Ausgabendeckungsquote zeigt auf, dass die Beitragserhöhung zum 1. Januar 2025 nicht ausreicht, um die Finanzierung der Ausgaben im Jahresverlauf sicherzustellen. „Eine weitere unterjährige Beitragssatzanhebung im Jahr 2025 wäre unter diesen Umständen unumgänglich“, so Maik Vonau.
Um mehr Stabilität in die Finanzlage zu bekommen und weitere Beitragssatzanhebungen zu verhindern oder zumindest abzufedern, fordert die AOK frühzeitig weitere Maßnahmen.
„Die Pflegeversicherung muss dringend von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden.“

Fachbereichsleiter HKP & Pflege bei der AOK NordWest
„Die Pflegeversicherung muss dringend von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden“, mahnt Maik Vonau. „Diese Erkenntnis ist doch längst in der Politik angekommen, wird aber immer wieder auf die lange Bank geschoben.“ Deshalb sei es enttäuschend, dass auch der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien nicht über eine vage Absichtserklärung hinausgeht. Demnach soll eine Bund-Länder-Kommission die Grundlagen für eine Pflegereform erarbeiten und dabei unter anderem „die Verortung versicherungsfremder Leistungen“ prüfen. Dazu gehören insbesondere die Beiträge zur Rentenversicherung für pflegende Angehörige und die Ausbildungsumlage. Ob der Bund diese künftig finanzieren wird, bleibt also ungewiss. Und dann wären da noch die von der Pflegeversicherung erbrachten gesamtgesellschaftlichen Pandemiekosten von 5,2 Milliarden Euro, welche der Staat bisher noch nicht zurückgezahlt hat. Mit Blick auf die zunehmende Zahl der Pflegebedürftigen und das unzureichende Pflegeangebot besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf. „Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung die in der letzten Legislatur liegen gebliebenen Gesetze zur Pflegekompetenz und Pflegeassistenz kurzfristig auf den Weg bringen will“, meint Vonau.