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„Reform zulasten der Beitragszahlenden“

25.03.2024 AOK Hessen

Nach zähem Ringen liegt seit Mitte März der Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) vor. Es ist zustimmungsfrei ausgestaltet und soll in der zweiten Jahreshälfte 2024 das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Zum Entwurf äußert sich Detlef Lamm, der Vorstandsvorsitzende der AOK Hessen.

Porträtfoto von Detlef Lamm auf dem Flur der Zentrale der AOKHessen
Detlef Lamm beklagt, dass es keine breitere Allianz für die Reform gibt.

Herr Lamm, wie froh sind Sie, dass der Gesetzentwurf nun endlich vorliegt?

Nach dem langen Hin und Her können wir froh sein, dass wir mit dem Entwurf zumindest eine Basis haben, auf der die Beratungen nun weitergehen können. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass es schwierig bleiben wird. Der Dissens zwischen Bund und Ländern scheint so groß, dass das Gesetz nun zustimmungsfrei konzipiert wurde. Eine Zustimmung des Bundesrates ist allerdings für die dann erforderlichen Rechtsverordnungen notwendig, mit denen die Mindestanforderungen zur Krankenhausqualität und die Leistungsgruppen festgelegt werden. Auch die Atmosphäre zwischen BMG und einzelnen Akteuren im Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… bleibt angespannt. Mir wäre eine breitere Allianz für das Gesetz lieber gewesen – immerhin werden mit der Krankenhausreform wichtige Weichen für die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens gestellt.

Die AOK Hessen begleitet den Reformprozess von Beginn an wohlwollend, aber auch mit kritischen Hinweisen.

Natürlich streiten wir über die konkrete Ausgestaltung einzelner Inhalte. Aber die Grundzüge des Reformvorhabens gehen in die richtige Richtung. Wir haben schon immer für eine stärkere Leistungskonzentration und Spezialisierung der Krankenhäuser plädiert. Daher begrüßen wir die leistungsgruppenbezogene Qualitätsorientierung. Und auch die vorgesehene Vorhaltefinanzierung ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Nicht sachgerecht ist nun aber die zeitliche Splittung zentraler Vorhaben: Die verbindliche Definition der Leistungsgruppen wird nun nachgelagert – ich habe die Rechtsverordnungen bereits erwähnt. Die Finanzierung per Gießkanne wird allerdings an vielen Stellen noch fortgesetzt. So droht eine Entkoppelung der Finanzierungswirkungen von der Strukturreform.

Damit wären wir schon schnell bei der Kritik angelangt.

Ja, denn gerade durch diese Entkoppelung fallen vor allem zu Beginn erhebliche Kosten an, ohne dass Qualitäts- und Struktureffekte erzielt werden können. Und man kann ein großes Fragezeichen hinter die vom BMG erwarteten Einsparungen machen – besonders für das Jahr 2025. Das ist für die GKV beitragssatzrelevant. In Summe kann man sagen, dass der Umbau der Krankenhauslandschaft in hohem Maße zulasten der Beitragszahlenden geht. Die Regelungen zum Transformationsfonds sehen nämlich eine Zuweisung von 25 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds Der Gesundheitsfonds wurde durch das 2007 verabschiedete GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeführt.… vor. Somit wird die Finanzierungsverantwortung vom Bund einseitig auf die GKV und die Beitragszahlenden übertragen. Da ist für uns nicht hinnehmbar. Die PKV soll hierbei übrigens wieder einmal vollständig außen vor bleiben.

Was ist Ihnen denn als AOK Hessen darüber hinaus wichtig?

Ich möchte zwei Punkte erwähnen: Wie gesagt, wir begrüßen die Vorhaltefinanzierung. Es kommt aber darauf an, wie sie ausgestaltet wird. Geplant ist, sie aus den Fallzahlen abzuleiten und über die Krankenhausrechnungen zu finanzieren. Dadurch werden aber die Budgetverhandlungen belastet und die Bürokratie erhöht. Wir plädieren stattdessen für eine am Bedarf der Bevölkerung orientierte Vorhaltefinanzierung, die fallunabhängig in monatlichen Tranchen an die Krankenhäuser gezahlt wird. Und das Thema Rechnungsprüfung ist für uns besonders wichtig. Wir lehnen die Abschaffung der Einzelfallprüfung zugunsten einer Stichprobenprüfung durch den Medizinischen Dienst klar ab. Denn nach wie vor führt die Rechnungsprüfung zu signifikanten und berechtigten Rechnungsabsenkungen. Diese Prüfungen führen wir im Sinne der Wirtschaftlichkeit für die Solidargemeinschaft und Beitragszahlenden – also Versicherten und Arbeitgebern – durch.

Politische Öffentlichkeitsarbeit

Norbert Staudt

AOK Hessen