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Auf neue Füße stellen

06.12.2023 AOK Hessen 3 Min. Lesedauer

In Hessen sind die Koalitionsverhandlungen in der entscheidenden Phase. CDU und SPD konnten sich schon auf Eckpunkte einigen. Vieles bei Gesundheit und Sozialem geht in die richtige Richtung. Erforderlich sind aber echte Strukturreformen – insbesondere im Krankenhausbereich. Dazu äußert sich Isabella Erb-Herrmann, Vorstandsmitglied bei der AOK Hessen.

Isabella Erb-Herrmann, Mitglied des Vorstands der AOK Hessen
Isabella Erb-Herrmann, Mitglied des Vorstands der AOK Hessen

Frau Erb-Herrmann, es läuft in Hessen auf eine neue Regierungskonstellation hinaus. Welche Auswirkungen erwarten Sie für die Gesundheitspolitik?

Jedenfalls einen personellen Wechsel, da wir eine neue Ministerin oder einen neuen Minister bekommen – von einer anderen Partei als bislang. Man darf daher auf neue Schwerpunktsetzungen gespannt sein. In ihren Eckpunkten greifen CDU und SPD viele Punkte auf, die in die richtige Richtung gehen. Ein besonderer Fokus wird auf die Versorgung im ländlichen Raum gelegt, was wenig überrascht. Letztlich wird es aber auf die konkreten Umsetzungen ankommen.

Was möchten Sie den Koalitionspartnern mit auf den Weg geben?

Wir brauchen im Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… echte Strukturreformen. Ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Dazu muss sich auch Hessen klar positionieren. Und dazu sollte im Koalitionsvertrag mehr stehen als bislang bekannt.

Dabei geht es Ihnen im Wesentlichen um den Krankenhausbereich. Seit Monaten ringen Bund und Länder um eine Reform der stationären Versorgung.

Genau. Diese Krankenhausreform könnte das Gesundheitswesen insgesamt auf neue Füße stellen – zumindest nach den ursprünglich vorgesehenen Maßnahmen. Wir haben zwar einige Nachbesserungen eingefordert – wie eine bevölkerungs- statt fallbezogene Vorhaltefinanzierung –, aber die Grundrichtung wird von der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… mitgetragen. Es gab mittlerweile schon einige Abstimmungsrunden zwischen Bund und Ländern. Und auch wenn Gesundheitsminister Lauterbach weiterhin von einer „Revolution“ spricht, drohen manche guten Ansätze leider zu verwässern. im Januar soll nun eine endgültige Verständigung für einen Referentenentwurf erfolgen. Bei den Verhandlungen kommt auch der neuen Landesregierung in Hessen eine wichtige Rolle zu. Alle Seiten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, um langfristig für eine finanzielle Stabilisierung der Krankenhäuser zu sorgen.

„Diese Krankenhausreform könnte das Gesundheitswesen insgesamt auf neue Füße stellen. Eine Reform in diesem Bereich strahlt in alle anderen Bereiche aus.“

Aber das Gesundheitswesen ist ja nicht nur der Krankenhausbereich.

Richtig. Aber eine Reform in diesem Bereich strahlt in alle anderen Bereiche aus. Ohne eine grundlegende Krankenhausreform mit sektorenübergreifender Perspektive droht ein kalter Strukturwandel, bei dem auch Krankenhäuser geschlossen werden müssten, die für die Versorgung dringend benötigt werden. Für uns ist es daher von zentraler Bedeutung, die starre Trennung von ambulantem, stationärem und pflegerischem Sektor zu überwinden. Auch die Notfallversorgung muss sektorenübergreifend in integrierten Notfallzentren organisiert werden. Der in den Eckpunkten der hessischen Koalitionspartner festgeschriebene Ausbau Medizinischer Versorgungszentren ist grundsätzlich ein guter Ansatz – wenn sichergestellt ist, dass transparente Kriterien für Investoren festgelegt sind. Wichtig aber auch: Wir dürfen in diesem Prozess die Einzelpraxen nicht aus dem Auge verlieren. Auch wenn ihr Anteil perspektivisch sinken wird, bleiben sie eine entscheiden Säule in der ambulanten Versorgung.

Danke für das Stichwort: Was bedeutet das alles für den ambulanten Bereich?

Eine ganze Menge. Mit der Modernisierung der Krankenhausstrukturen muss auch der Grundsatz „ambulant vor stationär“ stärker in den Fokus rücken. Aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts können immer mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden.

Gut ist, dass die neue Koalition die Versorgung im ländlichen Raum im Blick hat. Denn das Stadt-Land-Gefälle bei der Gesundheitsversorgung stellt ein zunehmendes Problem dar – auch in Hessen. Gerade in ländlichen Regionen finden Ärztinnen und Ärzte teils keine Nachfolge. Notwendig wäre es, im ambulanten Sektor die digitalen Möglichkeiten besser auszuschöpfen. Die Vernetzung zwischen den Leistungserbringern kann über digitale Anwendungen erheblich verbessert werden. Zudem können Patientinnen und Patienten mittels Video-Sprechstunde Ärztinnen und Ärzte konsultieren, die in größerer Entfernung niedergelassen sind.

Politische Öffentlichkeitsarbeit

Norbert Staudt

AOK Hessen