Eine Reform mit weitreichenden Auswirkungen
Bis zum kommenden Sommer möchte die neue Bundesregierung eine „qualitative, bedarfsgerechte und praxistaugliche Krankenhauslandschaft entwickeln“ – so die Absichtserklärung im Koalitionsvertrag. Über die weitere Umsetzung und die erwarteten Auswirkungen spricht Joachim Henkel, der für die stationäre Versorgung zuständige Hauptabteilungsleiter der AOK Hessen.

Die Krankenhausreform ist noch lange nicht wirksam. Aber Sie beschäftigen sich schon sehr intensiv damit.
Ja, denn diese Reform wird weitreichende Auswirkungen auf das gesamte System haben. Für uns wird es besonders bei den Verhandlungen und den Fallprüfungen Veränderungen geben. Mit Sicherheit werden sich Aufgaben ändern müssen – auch mit organisatorischen Anpassungen. Es ist hilfreich, sich früh damit zu beschäftigen. Intern haben wir bereits im Mai 2024 dazu ein Projekt aufgesetzt.
Was verändert sich im Wesentlichen?
Es wird eine Vorhaltevergütung wie beim Rettungsdienst In Notfällen gewährleistet der Rettungsdienst lebensrettende Maßnahmen und den Transport kranker und… geben. Also schon, wenn eine Klinik Betten anbietet und dafür einen Versorgungsauftrag hat, wird Geld fließen. Auch wenn diese Betten leer stehen. Gleichzeitig werden die Fallpauschalen gesenkt. Das gibt es bislang so nicht. Die gesamte Finanzierung der stationären Versorgung wird also auf neue Füße gestellt.
Laut Koalitionsvertrag soll die Prüfquote bei den Krankenhäusern erheblich gesenkt werden. Wie bewerten Sie das?
In Anbetracht der weiter steigenden Ausgabendynamik ist dies das falsche Signal. Kritisch sehe ich, dass eine faktisch nicht sachgerecht ermittelbare Stichprobe die Basis bildet für eine Hochrechnung auf alle Abrechnungen. Zudem steht die Einschränkung der einzelfallbezogenen Auffälligkeitsprüfung im Widerspruch zum gesetzlichen Auftrag der Kassen, die korrekte Verwendung von Beitragsgeldern im größten Ausgabenbereich sicherzustellen. Die Prüfungssystematik wird sich aber auch generell ändern, denn es werden durch die Reform nicht mehr so hohe Fallpauschalen gezahlt wie heute. Wir müssen die richtigen Eingriffe durchleuchten und Potenziale zur Ambulantisierung bewerten. Wir arbeiten aktuell in einem bundesweiten Projekt an einer optimierten Fallauswahl, die ab Ende 2025 bei uns zum Einsatz kommen soll.
Wird sich auch die Kliniklandschaft verändern?
Auf jeden Fall, das ist ja auch beabsichtigt. Wir wissen aber nicht, in welchem Ausmaß. Behandlungsspektren werden angepasst, nicht jedes Haus wird Leistungen wie bisher erbringen können. Das verteilt sich künftig mehr. Und es wird Häuser geben, die sich als nicht leistungsfähig genug herausstellen, qualitativ nicht ausreichend überzeugen und schließen müssen. Es gibt für viele Indikationen bestimmte Mengenvorgaben, die sich aus der Vergangenheit ergeben. Gleichzeitig muss flächendeckend die Versorgung sichergestellt werden. Dazu muss auch das medizinische Personal vorhanden sein – also viele Herausforderungen für alle Beteiligten.
Ist die Reform aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Absolut. Sie ist dringend notwendig. Denn wir stellen an einigen Kliniken eine recht schwache Ergebnisqualität fest. Außerdem haben die Fallzahlen seit der Pandemie ohnehin abgenommen, weil immer mehr ambulant operiert wird. Positiv bewerte ich die Absicht der neuen Bundesregierung, den bisher für die GKV vorgesehenen Anteil für den Transformationsfonds in Höhe von 25 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu finanzieren. Kritisch kann sich allerdings auswirken, dass den Ländern zur Sicherstellung der Grund- und Notfallversorgung besonders im ländlichen Raum weitere Ausnahmen und erweiterte Kooperationen der neuen Koalition eingeräumt werden. Die Ausnahme darf nicht zur Regel werden. Die Absicht einer bedarfsgerechten und qualitätsorientierten Krankenhausversorgung darf nicht aus den Augen verloren werden.