Pressemitteilung

5 vor 12 bei der nachhaltigen Versorgung mit Arzneimitteln

16.10.2023 AOK Baden-Württemberg 4 Min. Lesedauer

Expertinnen und Experten diskutieren beim #AgendaGesundheit-Forum der AOK

Diskussionsrunde
#AgendaGesundheit Forum am 10.10.2023

Stuttgart. Warum braucht es Nachhaltigkeit in der Arzneimittelversorgung und wie kann diese gestaltet werden? Beim #AgendaGesundheit-Forum der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Baden-Württemberg diskutierten Arzneimittelexpertinnen und -experten über nachhaltige Produktionsbedingungen, die Standortentscheidung global agierender Pharmaunternehmen und gesetzliche Möglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene. Am Ende wird klar: Es sind gesetzliche Rahmenbedingungen und langfristige Investitionen erforderlich, um die Versorgung nachhaltig zu stärken.

Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Verhandlungsführer der bundesweiten Ausschreibungen der Arzneimittelrabattverträge Seit Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes 2003 und erweitert durch das… der AOK-Gemeinschaft setzt sich für eine nachhaltige Arzneimittelversorgung auf drei Ebenen ein: sowohl auf ökologischer, auf ökonomischer als auch auf sozialer. Bei Ausschreibungen müsse ein angemessener Preis gelten, unter Berücksichtigung von Liefersicherheit und Umweltschutz. „Die Schädigung der Umwelt wird bei uns Gesundheitskosten verursachen“, macht Bauernfeind in der Diskussion deutlich. Antibiotikaresistenzen würden die Gesundheitsversorgung zukünftig ernsthaft gefährden. Jedes Unternehmen müsse allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Interesse an der Vermeidung von Antibiotikaresistenzen haben: „Wenn die Industrie Resistenzen verursacht, dann kann sie die hergestellten Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… nicht mehr ohne Weiteres verkaufen. Denn diese kommen in der Versorgung dann nicht mehr zum Einsatz.“

„Die Schädigung der Umwelt wird bei uns Gesundheitskosten verursachen.“

Porträt von Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender AOK Baden-Württemberg

Johannes Bauernfeind

Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg

Dr. Malgorzata Debiak, Leiterin Fachgebiet Arzneimittel beim Umweltbundesamt, sieht die bisherigen gesetzlichen Vorgaben als nicht ausreichend an: „Wir brauchen weniger Emissionen und weniger Medikamente, die schlecht abbaubar sind.“ Dafür benötige es nach Ansicht der Expertin ein umfassendes Umweltmanagement von Arzneimitteln, „von der Produktion über die Zulassung Die Berechtigung, zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Leistungen zu erbringen, setzt… und über das Abwasser bis zur Entsorgung“. Bei der Zulassung von neuen Medikamenten seien zuverlässige Daten zur Risikoabschätzung erforderlich, um Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können.

Den Bedarf nachhaltiger zu produzieren, sieht auch die forschende Industrie in Deutschland. Michael Hennrich, Geschäftsführer des Bereichs Politik beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller Der BAH vertritt die Interessen von rund 400 Mitgliedsunternehmen aus der Arzneimittelindustrie, und… (BAH), unterstreicht: „Ich glaube, dass wir in Deutschland hohe Standards haben, die von den Unternehmen eingehalten werden. Wir wissen aber auch, dass es weiterer Schritte bedarf, um nachhaltig zu produzieren.“ Gleichzeitig warnt er vor einem Wettbewerbsnachteil für die Europäische Union: „Alles, was an Maßnahmen erforderlich ist und noch zusätzlich dazukommt, macht die Produktion teurer. Das kann zu Verlagerungen führen.“ Im internationalen Umfeld sei die Produktion schlimmstenfalls dann nicht mehr konkurrenzfähig. 

Zustimmung erhält er von Dr. Peter Liese (MdEP), Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament für Gesundheits- und Umweltpolitik: „Wenn wir europäische Unternehmen mit Auflagen belasten, die wir in Drittstaaten nicht durchsetzen können, dann widerspricht das dem Ziel, die Produktion nach Europa zurückzubringen.“ Das Problem ignorieren die EU-Parlamentarier jedoch nicht: „Wir versuchen als Europäische Union gerade aus dem Parlament heraus auch auf globale Umweltstandards hinzuwirken.“ So habe das Parlament eine neue kommunale Abwasserrichtlinie mit erweiterter Herstellerverantwortung zur Finanzierung verabschiedet und arbeite gerade an einer grundlegenden Überarbeitung des Arzneimittelrechts. 

Debiak fordert eine stärkere Bereitschaft, ökologische Nachhaltigkeit in der Arzneimittelversorgung in der Gesetzgebung mitzudenken. „Wenn wir für die Standards in den Antibiotika-Produktionsstätten kämpfen, dann um die Wirksamkeit der Antibiotika zu erhalten. Was bringen uns die Antibiotika, die aufgrund von Resistenzentwicklungen an den Produktionsstätten gar nicht mehr wirksam sind?“, so Debiak. „Wir haben viel zu spät erkannt, dass Arzneimittel tatsächlich ein Problem darstellen. Es ist jetzt 5 vor 12, dass wir aufwachen und uns um die Umwelt im Hinblick auf Arzneimittel kümmern.“

 

Hinweise für die Redaktionen: 


Die AOK-Gemeinschaft hat 2020 eine Pilotstudie zur nachhaltigen Antibiotikaversorgung gestartet. Die Studie wird von der AOK Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung sowie mit Unterstützung des Umweltbundesamtes durchgeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden am 10. November 2023 um 10:00 Uhr im Rahmen einer Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz, Berlin, vorgestellt. Anmeldungen für Presse- und Medienvertreter nimmt die Pressestelle der AOK Baden-Württemberg unter presse(at)bw.aok.de oder 0711 6525-21488 entgegen.

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