Befragung zeigt sinkende Besorgnis der Menschen über gesundheitsrelevante Umweltprobleme
Befragungsreihe WIdOmonitor macht Verschiebungen bei der Risiko-Wahrnehmung der Bevölkerung transparent

Die Besorgnis über gesundheitsrelevante Umweltprobleme in der Bevölkerung und die Wahrnehmung damit verbundener gesundheitlicher Risiken haben in den vergangenen Jahren abgenommen. Das zeigen Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung für den aktuellen „WIdOmonitor“ mit über 3.000 Befragten. So sank der Anteil der Menschen, die sich wegen des Klimawandels Sorgen machen, zwischen 2020 und Ende 2024 um knapp 13 Prozentpunkte. Beim Thema Luftverschmutzung sank die Besorgnis um knapp elf Prozentpunkte. Gleichzeitig stieg der Anteil der Befragten, nach deren Einschätzung Umweltprobleme übertrieben werden, um zehn Prozentpunkte.
Laut der Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hat der Umweltschutz für eine große Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor einen hohen Stellenwert: Rund 84 Prozent der Befragten bewerteten ihn Ende 2024 als „sehr wichtig“ oder „wichtig“ (2020: rund 88 Prozent). Doch während 2020 noch knapp 79 Prozent der Befragten angaben, dass ihnen das Thema Klimawandel Sorgen bereite, waren es Ende 2024 nur noch rund 66 Prozent. Beim Thema Luftverschmutzung sank der Wert von rund 56 Prozent im Jahr 2020 auf rund 45 Prozent im Jahr 2024.

Eine abnehmende Sensibilität gegenüber Umweltthemen zeigt der WIdOmonitor nicht nur in der sinkenden Besorgnis hinsichtlich relevanter Umweltprobleme, sondern auch in der persönlichen Wahrnehmung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen: So gaben 2020 noch knapp 40 Prozent aller Befragten an, dass Umweltverschmutzung und Schadstoffe ihre eigene Gesundheit stark oder sehr stark belasten. In der aktuellen Befragung Ende 2024 war es nur noch ein gutes Viertel der Befragten (27 Prozent), während sich zwei Drittel nur etwas oder überhaupt nicht belastet fühlten.
Die meisten Sorgen bereiten den Menschen globale Themen wie Plastik beziehungsweise Mikroplastik in der Umwelt (79 Prozent), die Verschmutzung von Gewässern (75 Prozent) oder der Verlust der Artenvielfalt (70 Prozent). Jüngere Befragte unter 30 Jahren machten sich mit einem Anteil von 81 Prozent signifikant häufiger Sorgen über den Klimawandel. 46 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen sommerliche Hitzewellen Sorgen bereiten – ein Aspekt, der in der Vorgängerbefragung noch nicht enthalten war. Die Auffassung, dass Umweltprobleme stark übertrieben seien, wurde in der aktuellen Befragung von rund 29 Prozent der Befragten unterstützt – zehn Prozent mehr als 2020.
Überlagerung durch andere Themen als möglicher Grund für veränderte Wahrnehmung
„Wir sehen in den Befragungsergebnissen relevante Verschiebungen in der Wahrnehmung gesundheitlicher Risiken infolge von Umweltproblemen. Sie bestätigen den Trend einer aktuell rückläufigen Bedeutung von Umweltthemen, der auch in anderen Studien wie der kürzlich veröffentlichten Umfrage des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein in Deutschland zu sehen ist“, sagt Sophie Rabe, Erstautorin des aktuellen WIdOmonitor und Präventionsexpertin im AOK-Bundesverband. Dieser Trend sei vermutlich auch durch die Überlagerung des Umweltthemas durch diverse Krisen und gesellschaftliche Herausforderungen zu erklären. „Die Sorgen der Menschen haben sich vor diesem Hintergrund eher auf existenzielle wirtschaftliche Fragen verlagert, während Umweltfragen als weniger dringlich wahrgenommen werden – zumal die Medien angesichts anderer Krisen auch weniger über Umweltthemen berichten“, ergänzt Jürgen Klauber, Mitautor und scheidender Geschäftsführer des WIdO. „Auch die zunehmende ideologische Aufladung gerade des Themas Klimawandel dürfte zu den Verschiebungen in der Wahrnehmung der Bevölkerung beitragen.“
Sinkendes Bewusstsein für die Gefahren der Luftverschmutzung
Laut WIdOmonitor nahm auch das Wissen über die Gefahren der Luftverschmutzung ab: Im Jahr 2020 stimmten noch rund 68 Prozent der Befragten folgender Aussage zu: „Dauerhafte Belastungen durch Luftverunreinigungen gefährden die körperliche und psychische Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland.“ In der Befragung Ende 2024 lag die Zustimmungsrate nur noch bei 54 Prozent. „Obwohl wir in Deutschland trotz Einhaltung der Luftgrenzwerte nach wie vor eine erhebliche Krankheitslast durch Schadstoffe in der Luft zu verzeichnen haben, sinkt das Bewusstsein für die Gefahren der Luftverschmutzung“, betont Sophie Rabe. Laut WIdOmonitor gibt es bei diesem Thema allerdings deutliche Unterschiede beim Bildungsgrad: Höher gebildete Menschen fühlen sich durch Luftverschmutzung häufiger beeinträchtigt und schätzen es auch als schwieriger ein, die gesundheitlichen Folgen dieses Umweltproblems zu vermeiden.
Wahrnehmung des Hitze-Risikos entgegen dem allgemeinen Trend leicht gestiegen
Ein leicht gegenläufiger Trend in der Risiko-Wahrnehmung ist bei den Belastungen durch Hitze zu verzeichnen: Etwa ein Drittel der Befragten (33 Prozent) gab an, sich durch anhaltende sommerliche Hitze stark oder sehr stark beeinträchtigt zu fühlen. In einer Vorgänger-Befragung für den Versorgungs-Report des WIdO aus dem Jahr 2021 war es nur ein Viertel der Befragten (25 Prozent). Wie stark sich Menschen durch Hitze beeinträchtigt fühlen, hängt auch mit dem Gesundheitszustand der Befragten zusammen. So gaben chronisch Kranke deutlich häufiger an, unter gesundheitlichen Belastungen durch Hitze zu leiden. Studien belegen, dass länger andauernde Hitzewellen gesundheitliche Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschlimmern und zu einem Anstieg hitzebedingter Todesfälle führen.
Auf die Frage, wie stark Umweltverschmutzung und Schadstoffe die Gesundheit unserer Kinder und Enkelkinder in den nächsten 25 Jahren belasten werden, antworteten etwa zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) mit „stark“ oder „sehr stark“. In der Vorgängerbefragung waren es noch mehr als drei Viertel der Befragten (76 Prozent). „Insgesamt verzeichnen wir eine wachsende Diskrepanz zwischen der realen und wachsenden Gefährdung durch Klimawandel und Umweltveränderungen auf der einen Seite und einer Abnahme der wahrgenommenen gesundheitlichen Gefahren in der Bevölkerung andererseits“, so das Fazit von WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber. „Um das Problembewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, sollten die Menschen noch besser als bisher über Gesundheitsgefahren durch Umwelteinflüsse informiert werden.“
Online-Befragung unter 3.033 Erwachsenen für den WIdOmonitor
Die Befragung für den WIdOmonitor ist vom 6. November bis zum 22. November 2024 unter 3.033 über 18-jährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eines Online-Panels des Befragungsinstituts forsa durchgeführt worden. Der Teilnehmerkreis war zuvor auf Basis einer repräsentativen Offline-Zufallsstichprobe von forsa telefonisch rekrutiert worden. Die Daten aus der Befragung sind mit Befragungsergebnissen aus dem WIdOmonitor „Gesundheitliche Belastungen durch Umwelteinflüsse“ von 2020 sowie des Versorgungs-Reports „Klima und Gesundheit“ des WIdO aus dem Jahr 2021 verglichen worden.