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Richard: „Normale Sprechstunden sollten IGeL-frei sein“

22.08.2025 AOK-Bundesverband 2 Min. Lesedauer

Drei Fragen an Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband.

Porträtfoto: Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband
Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband

Von Patienten und Patientinnen selbst gezahlte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) "Individuelle Gesundheitsleistungen", kurz IGeL, sind Diagnose- und Behandlungsmethoden, die nicht… haben häufig nicht den versprochenen Nutzen. Bei der Auswertung der Studien zu Hyaluronsäure-Injektionen bei Hüft- und Kniegelenksarthrosen habe sich sogar gezeigt, dass der Schaden den Nutzen überwiege, hieß es am Dienstag (19. August) auf einer Pressekonferenz des Medizinischen Dienstes Bund (MD Bund) zum „IGeL-Monitor“. Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverband, sieht die medizinischen Selbstzahlerleistungen auch deshalb kritisch, weil sie auf Kosten der Sprechzeiten für die AOK-Versicherten gehen.

Frau Dr. Richard, der MD Bund kommt auch in seinen aktuellen Analysen zu mehreren IGeL zu dem Ergebnis, dass deren Nutzen laut Studienlage unklar ist oder sogar als „negativ“ zu bewerten ist, weil sie Schaden anrichten können. Wie ist die Haltung der AOK zu IGeL-Angeboten?  

Dr. Sabine Richard: Es gibt sicherlich Selbstzahlerleistungen, die sinnvoll sind und ihre Berechtigung haben, zum Beispiel Reise-Schutzimpfungen. Aber es ist schon bedenklich, dass in den Arztpraxen so viele medizinische Leistungen verkauft werden, die aus guten Gründen nicht Bestandteil des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenversicherung sind. Bestimmte Facharztgruppen wie Augenärzte oder Hautärzte bieten immer mehr Selbstzahlerleistungen an. Gleichzeitig wissen wir aus vielen Befragungen, dass es bei der Aufklärung der Patientinnen und Patienten über den Nutzen und mögliche Schäden nach wie vor große Defizite gibt. An dieser Stelle brauchen wir auch eine Weiterentwicklung des Patientenrechtegesetzes, um die Patientensicherheit zu verbessern. Die Informationspflichten müssen klarer definiert und konkreter geregelt werden als bisher.

In Ihrem Eckpunkte-Papier zur Primärversorgung fordert die AOK sogar Extra-Sprechstunden für IGeL. Dafür haben Sie von Ärzteseite schon viel Kritik einstecken müssen – unter anderem mit der Begründung, dass es unpraktikabel sei, wenn die Patienten zwei Mal in die Praxis kommen müssten. Bleiben Sie trotzdem bei dieser Forderung?

Ja, denn wir halten es für wichtig, dass die Versorgung der Versicherten an dieser Stelle ordentlich und auch für unsere Versicherten klar erkennbar sortiert wird. Die normalen Sprechstunden sollten frei sein von Verkaufsgesprächen, zumal diese missbräuchliche Verwendung der ärztlichen Arbeitszeit auch direkt auf Kosten der GKV und ihrer Versicherten geht. Wenn beispielsweise ein Augen- oder Hautarzt seine Sprechstunden-Zeit mit fragwürdigen Vorsorge Für die medizinische Vorsorge und die Rehabilitation gilt der Grundsatz ambulant vor stationär – das… -Untersuchungen oder Schönheitsbehandlungen verbringt, fehlt diese Zeit eben für die vertragsärztliche Versorgung kranker Menschen. Es darf auch nicht sein, dass GKV-Versicherte bei der Terminvergabe in Facharztpraxen gegenüber Selbstzahlern systematisch benachteiligt werden. Wir können es nicht einfach hinnehmen, dass frühere Termine nur dann verfügbar sind, wenn man eine Selbstzahlerleistung kauft. Diesem Unwesen sollte auch die Politik nicht länger tatenlos zusehen.

Hätte es auch Vorteile für die eben angesprochene Aufklärung der Patientinnen und Patienten, wenn Selbstzahlerleistungen nur noch in gesondert ausgewiesenen Sprechstunden durchgeführt werden dürfen?

Definitiv! Eine Sondersprechstunde für IGeL hätte den Vorteil, dass die Patienten nach dem ersten Kontakt und der Information über das Angebot noch einmal wiederkommen müssten, um die Leistung zu erhalten. In der Zwischenzeit hätten sie auf jeden Fall die nötige Bedenkzeit und könnten überlegen, ob sie diese Leistung wirklich in Anspruch nehmen wollen. Die Fälle, in denen die Patientinnen und Patienten mit IGeL-Angeboten überrumpelt und unter Druck gesetzt werden, würden dann endlich der Vergangenheit angehören. Das sollte auch im Sinne des größten Teils der Ärztinnen und Ärzte sein, die hier ohnehin schon seriös unterwegs sind.

Porträt: Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes
Laut Statistischem Bundesamt liegt der Anteil der Einnahmen aus der der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei den Hautärzten nur noch bei 48,6 Prozent der Gesamteinnahmen. Bedenklich sei auch, dass dem IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes zufolge in besonders großem Umfang private Leistungen verkauft würden, deren möglicher Schaden den…
03.12.2024AOK-Bundesverband2 Min