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G+G Kassentreffen: „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“

11.07.2025 AOK-Bundesverband 3 Min. Lesedauer

Podcast mit Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes

Bildmontage zeigt Dr. Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, rechts daneben das Logo des G+G Kassentreffens, eingearbeitet in ein Smartphone.
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes

Kranken und Pflegekassen stehen finanziell erheblich unter Druck. Da helfen die avisierten Darlehen des Bundesfinanzmisters für die Jahre 2025 und 2026 nur wenig, findet die Vorstandsvorsitzende des AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. „Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“, sagt die Verbandschefin in der aktuellen Folge des „G+G Kassentreffen“.

„Ich hätte mir etwas ganz anderes gewünscht“, betont Reimann und fordert – nicht zum ersten Mal –, versicherungsfremde Leistungen ist die Bezeichnung für Leistungen der Sozialversicherung , die nicht zu deren eigentlichem Auftrag… aus Steuermitteln zu finanzieren. Für die GKV bedeutet das vor allem einen auskömmlichen Ausgleich für die Versorgung von Bürgergeldempfängern, für die SPV die Übernahme der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige. Darüber hinaus wäre es aus Reimanns Sicht „ein guter Move“ gewesen, die Corona-Hilfen zurückzuzahlen. Mit etwa sechs Milliarden war die SPV seinerzeit in Vorlage gegangen.

Langfristig pocht Reimann auf Strukturreformen, die es ermöglichen mit dem Geld der Beitragszahler auszukommen. „Wir geben dieses Jahr wahrscheinlich 340 Milliarden für die Versorgung aus“, rechnet die AOK-Vorständin vor. „Das Geld muss reichen und deswegen braucht es auch eine stärkere Orientierung der Ausgaben an den Einnahmen.“ Das gelte besonders für die Bereiche Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… und Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… .

Hinsichtlich Punkt eins setzt Reimann ihre Hoffnung weiterhin in die noch von der Ampel verabschiedeten Klinikreform, sieht aber die Pläne von Bundesregierung und Bundesländern nach Anpassungen durchaus mit Unbehagen. „Wir warnen sehr davor, die Krankenhausreform zu verwässern. Wir befürchten aber schon, dass mit vielen Ausnahmen die gute Struktur der Reform durchlöchert wird.“

Das Problem im Arzneimittelbereich nennt Reimann „massiv, weil wir für wenige innovative Arzneimittel sehr, sehr viel Geld investieren. Das muss verändert werden“. Hoffnung macht ihr hier das jüngste Gutachten des Sachverständigenrates für Gesundheit unf Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… (SVR). Der SVR rät, die freie Preisfestlegung für innovative Arzneimittel durch die Hersteller für sechs Monate ab Markteinführung solle abgeschafft und der Zusatznutzen fortlaufend überprüft werden. Andernfalls drohe die Überforderung des Gesundheitssystems. Zusätzlich treibt die AOK-Chefin die Sorge, „dass die Pharmaindustrie auch in der neuen Koalition durchaus Gehör findet unter industriepolitischen Gesichtspunkten“. Industriepolitik könne jedoch nicht Aufgabe der GKV sein. „Unser Augenmerk liegt auf Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… , Zugang, Liefersicherheit und Bezahlbarkeit natürlich“, macht sie unmissverständlich klar.

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Die dritte Hoffnung liegt in einer tiefgreifenden Reform der Versorgungslandschaft in Deutschland. Die Bundesregierung propagiert unter anderem ein Primärztsystem, in dem der Hausarzt oder die Hausärztin die erste Anlaufstelle sind. Die AOK spreche ganz bewusst von Primärversorgung Unter Primärversorgung wird die gesundheitliche Grundversorgung und Beratung verstanden, in der auch… , „weil wir auf interdisziplinäre Teams setzen, sodass man das auf mehr Schultern verteilt und den Patienten dann in der Primärversorgung in großen Teilen geholfen wird“.

Noch deutlicher wird der verbreiterte Ansatz mit Blick auf die Zukunft der Pflege. „Pflege hat ein doppeltes Ressourcenthema“, so Reimanns Analyse. Neben Geld seien das die „Menschen, die pflegen“. Einerseits fehlen auf Sicht die Fachkräfte, andererseits schrumpft mit dem demografischen Wandel auch der derzeit größte Pflegedienst Deutschlands: die pflegenden Angehörigen. „Deshalb werden wir die nächsten zehn, 15 Jahre nicht so pflegen können, wie wir das heute tun, prognostiziert Reimann. „Wir unterstützen sozialräumliche Ansätze, ‚Caring Communitys‘ ist da das Thema. Das können Nachbarn sein, dass können Freunde sein, die dann die Unterstützung machen.“ In den Babyboomern sieht Reimann deshalb nicht nur eine Last, sondern auch eine Chance. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr würden sich 64 Prozent ehrenamtlich in einer Caring Comunity engagieren wollen.

Außerdem spricht Carola Reimann mit Linda Peikert und Ralf Breitgoff über den offenen Umgang mit ihrer Krebserkrankung, die Start-Bilanz der Bundesregierung und ihren Eindruck von Nina Warken, der neuen Bundesgesundheitsministerin.