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Gesundheitsmagazin

Organe

Wenn durch einen Hörsturz plötzlich alles leise wird

Veröffentlicht am:03.03.2021

4 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 12.04.2023

Ein Hörsturz kommt wie aus dem Nichts. Doch warum man plötzlich so schlecht hört, können sich Mediziner bisher nicht genau erklären. Prof. Dr. Stefan Plontke und sein Team forschen für eine bessere Behandlung.

Eine Frau scheint einen Hörsturz zu haben und hält sich das Ohr zu.

© iStock / vitapix

Prof. Dr. Stefan Plontke steht hinter einem Empfangstresen einer HNO-Praxis.

© privat

Prof. Dr. Stefan Plontke ist Direktor der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie in Halle (Saale). Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Therapie von Erkrankungen des Hör- und Gleichgewichtssystems.

Mögliche Ursachen und Symptome von Hörstürzen

Mit einem Hörsturz ist eine akute Innenohrschwerhörigkeit gemeint. Diese geht mit einer plötzlichen, einseitigen Minderung des Hörvermögens einher – das heißt, Betroffene können auf einer Seite von einem Moment auf den anderen nur schlecht hören, ohne zu wissen, warum. Die Beeinträchtigung des Hörens kann unterschiedlich stark sein und verschiedene Frequenzbereiche betreffen. Auch verzerrtes Hören, ein pelziges Gefühl um die Ohrmuschel, Tinnitus, Schwindel oder Angst können als Symptome auftreten.

Jedes Jahr erleiden im Schnitt mehr als 100.000 Menschen in Deutschland einen Hörsturz. Die genauen Ursachen sind bisher nicht geklärt. Laut der deutschen Leitlinie zur Behandlung eines Hörsturzes kommt eine Durchblutungsstörung des Innenohrs infrage, die durch verengte Gefäße, oder ein Blutgerinnsel, Infektionen oder Zellstoffwechselstörungen verursacht wird. Auch ein Zusammenhang mit Stress wird immer wieder behauptet, ist aber wissenschaftlich nicht bewiesen. Zudem gibt es beim Hörsturz ein Kernproblem, das auch in der medizinischen Definition steckt: „Es gibt keine erkennbare Ursache wie eine Mittelohrentzündung, einen Tumor, eine Fehlbildung oder einen Ohrenschmalz-Pfropf“, sagt Prof. Dr. Stefan Plontke.

Die Diagnose Hörsturz

„Ein Hörsturz ist zwar kein Notfall“, sagt der HNO-Facharzt Prof. Dr. Plontke. Die akute Hörminderung kann aber auch ein Symptom schwerwiegender Erkrankungen, wie einer Blutdruckkrise, sein und sollte daher ärztlich abgeklärt werden. Für die Diagnose fragen die behandelnden Ärzte und Ärztinnen nach Begleitsymptomen und anderen Krankheiten. Sie schauen ins Ohr und machen einen Hörtest. „Der plötzliche Hörverlust ist erst mal nur ein Symptom, das mit der Gehörschnecke zu tun hat. Und das bezeichnen wir immer dann als Hörsturz, wenn wir die Ursache nicht kennen.“ Für die Diagnose sucht der Arzt oder die Ärztin daher nach einer Ursache, die das Symptom erklären könnte. „Finden Ärzte eine Ursache, ist es kein Hörsturz mehr. Selbst bei einer gründlichen Untersuchung gibt es in 80 bis 90 Prozent der Fälle aber keine Erklärung.“

„Finden Ärzte eine Ursache, ist es kein Hörsturz mehr. Selbst bei einer gründlichen Untersuchung gibt es in 80 bis 90 Prozent der Fälle aber keine Erklärung.“

Professor Dr. Stefan Plontke
Direktor der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie in Halle (Saale)

Eine HNO-Ärztin untersucht das Ohr einer Patientin mit Hörsturz.

© iStock / peakSTOCK

HNO-Ärzte und -Ärztinnen versuchen zunächst, eine Ursache für den plötzlichen Hörverlust zu finden.

So wird ein Hörsturz behandelt

Eine Therapie muss nicht zwingend sofort eingeleitet werden, denn die Probleme verschwinden sehr oft von allein. „Je nach Stärke von Hörverlust und Leidensdruck kann man daher ein, zwei Tage auf Besserung warten, wenn andere behandlungsbedürftige Ursachen ausgeschlossen sind“, sagt Prof. Dr. Plontke. Dauert es länger oder hat sich das Gehör stark verschlechtert, wird in der Regel mit der Therapie gestartet. Bei der Behandlung von Hörstürzen kommt unter anderem Kortison in Tablettenform oder hochdosiert intravenös zum Einsatz, das abschwellend und antientzündlich wirkt. Nebenwirkungen sind dabei möglich, wie ein veränderter Blutdruck oder Blutzuckerspiegel sowie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Die deutsche Leitlinie zur Behandlung eines Hörsturzes empfiehlt eine Therapie mit einer hohen Kortison-Dosis per Tropf (intravenös), jedoch sind Kortisonpräparate bislang nicht für die Indikation Hörsturz zugelassen. Es handelt sich um eine sogenannte Off-Label-Anwendung. Daher dürfen die gesetzlichen Krankenkassen diese Behandlung nicht bezahlen.

Eine Studie soll nun Klarheit über den Nutzen schaffen, ob hochdosiertes Kortison beim Hörsturz wirklich hilft. Beispielweise sind weltweit auch – anders als in Deutschland – niedriger dosierte Tabletten Standard. „Studien haben aber gezeigt, dass diese nicht besser wirken als ein Placebo“, erklärt Prof. Dr. Stefan Plontke den deutschen Sonderweg. Denn für die Wirksamkeit der Hochdosis-Therapie gibt es Hinweise, auch wenn diese aus wissenschaftlicher Sicht qualitativ nicht optimal sind. Hier kommt nun die sogenannte HODOKORT-Studie ins Spiel, die derzeit unter der Leitung von Professor Plontke und unter Begleitung des Deutschen Studienzentrums HNO läuft. Ziel sind hochwertige Nachweise zur Wirksamkeit der intravenösen Hochdosis-Therapie. Sicherheit und Nebenwirkungen sollen ebenfalls besser erforscht werden. Zudem testen die Mediziner und Medizinerinnen, ob ein anderer, hochdosierter Wirkstoff in Tablettenform eine ähnlich gute Wirkung bei weniger Nebenwirkungen hat.

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Wie kann man einem Hörsturz vorbeugen?

Wirklich vorbeugen lässt sich einem Hörsturz nicht. Allerdings ist es möglich, die Risikofaktoren zu reduzieren. Folgende Risikofaktoren gibt es für einen Hörsturz:

Patienten und Patientinnen mit Bluthochdruck oder Diabetes sollten ihre Werte im Blick haben und mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin eine gute Einstellung anstreben. Das Nikotin verschlechtert die Durchblutung  – auch im Ohr. Außerdem kann auch der Hörsturz selbst ein Risikofaktor sein. Denn danach liegt die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Hörverlust bei bis zu acht Prozent.

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