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Stoffwechsel

Diabetes Typ 2: Der Lebensstil zieht die Fäden

Veröffentlicht am:06.08.2021

9 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 05.12.2022

Diabetes mellitus Typ 2, auch Zuckerkrankheit genannt, ist eine Stoffwechselerkrankung mit Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Einmal diagnostiziert, nimmt Diabetes Einfluss auf den Alltag der Patienten und Patientinnen.

Ein Mann macht Sportübungen an Fitnessgeräten im Park.

© iStock / YorVen

Prof. Dr. med. Stephan Jacob, Diabetologe, Ernährungsmediziner und Kardiovaskulärer Präventionsmediziner Praxis für Prävention und Therapie

© privat

Prof. Dr. Stephan Jacob ist Diabetologe und hat den Diabetes-Coach der AOK maßgeblich mitentwickelt. Im Interview erklärt er, wie Diabetes mellitus vorgebeugt werden kann und ob Patienten und Patientinnen im Alltag automatisch eingeschränkt sind.

Wie entsteht Diabetes Typ 2?

Wir wissen heute, dass eine ungünstige Lebensweise mit Fehlernährung, Überernährung, Übergewicht, unzureichende körperliche Aktivität und Tabakkonsum neben der familiären Belastung eine besondere Rolle spielt. Hier wird die verminderte Insulinwirkung (Insulinresistenz) als zentraler Mechanismus angesehen. Zucker in der Nahrung wird häufig dafür verantwortlich gemacht, er ist aber sicher nicht die einzige Ursache: Unter dem Strich spielt das Übergewicht die wesentlichste Rolle, insbesondere wenn das Fett im Bauch angesiedelt ist.

Diabetes mellitus (Typ 2) einfach erklärt.

Was hat das metabolische Syndrom mit Diabetes Typ 2 zu tun?

Bei vielen Menschen mit Typ 2 Diabetes finden wir neben der Glucose-Störung auch die Störung im Bereich des Blutdrucks, des Fettstoffwechsels und der bauchbetonten Fettverteilung. Alles Faktoren, die die Gefäße schädigen. Viele Daten zeigen daher, dass Menschen mit metabolischem Syndrom erheblich mehr Herz-Kreislauf-Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) haben. Zudem stellt sich heraus, dass dies alles miteinander verbunden ist, unter anderem über die sogenannte Insulinresistenz.

Welche Symptome gehen mit Diabetes Typ 2 einher?

Diabetes tut nicht weh. Die meisten Menschen bemerken die Erkrankung deshalb erst viel zu spät. Lediglich Müdigkeit, vermehrter Durst und häufige Toilettengänge können Anzeichen für einen Diabetes Typ 2 sein. Die Beschwerden sind aber nicht immer zwangsläufig da.

Wichtig ist dabei auch die Frage, wer eigentlich zur Risikogruppe für Diabetes Typ 2 gehört. Wenn in der Verwandtschaft ein Fall von Diabetes bekannt ist, oft auch nur „Alterszucker“ genannt, wenn Übergewicht besteht, wenn geraucht wird, wenn ein hoher Blutdruck oder Fettstoffwechselstörungen bestehen oder wenn beispielsweise in der Schwangerschaft ein Schwangerschaftsdiabetes aufgetreten ist, dann sollte unbedingt geschaut werden, ob nicht bereits ein Diabetes mellitus vorliegt.

Der Unterschied zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2

Bei Diabetes handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die sich auf den Blutzuckerspiegel auswirkt. Man unterscheidet zwei Typen.

Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird und ins Blut abgegeben wird. Es sorgt dafür, dass der durch die Nahrung aufgenommene Zucker in die Körperzellen transportiert wird und dort in Energie umgewandelt werden kann. Bei Diabetes mellitus Typ 1 produziert der Körper kein Insulin, bei Typ 2 kann er das produzierte Insulin nicht nutzen.

Kann einer Entstehung von Diabetes mellitus vorgebeugt werden?

Beim Thema Vorbeugen ist die Erkenntnis wichtig, dass wir die genetische Belastung nicht mehr ändern können Aber wenn wir wissen, dass eine familiäre Häufung vorliegt, dann sollten die Lebensstilmaßnahmen konsequenter beachtet werden. Vor allem regelmäßige körperliche Aktivität und eine leichte Gewichtsreduktion beziehungsweise erst einmal das konstante Halten des Körpergewichtes sind sehr erfolgversprechende Maßnahmen. Durch diese Lebensstilmaßnahmen funktioniert die Tür, die mit Insulin geöffnet werden muss, um Glucose in die Zelle zu lassen, besser. Das verstärkt die Insulinwirkung. Gleichzeitig öffnet sich durch regelmäßige Bewegung eine Nebentür, die durch die Muskelarbeit den Zucker in die Zelle bringt. Das spielt für die Vorbeugung von Diabetes eine wichtige Rolle. Zudem ist das natürlich auch relevant für die Behandlung von bereits bestehendem Diabetes und hilft vor allem dabei, Medikamente zu sparen.

Bezüglich Alkohol sollte immer bedacht werden, dass Alkohol viele Kalorien hat und oft ein Mitverantwortlicher bei Übergewicht ist. Grundsätzlich ist Alkohol in geringer Menge nicht verboten, das sollte aber im Einzelfall mit dem Arzt oder der Ärztin besprochen werden, weil er auch Unterzuckerungen auslösen kann.

Der AOK Online-Coach Diabetes

Der AOK Online-Coach Diabetes ist ein Service für Versicherte der AOK und hilft, die Erkrankung besser zu verstehen.

Der AOK Online-Coach Diabetes hilft Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ihre Erkrankung besser zu verstehen. Mithilfe von insgesamt neun Modulen lernen Patienten und Patientinnen sowie Angehörige, das Krankheitsbild besser zu verstehen. Texte, Filme, Animationen und kleine Wissensabfragen gestalten das Thema spannend – so bleiben wichtige Inhalte im Hinterkopf.

Um den Online-Coach Diabetes nutzen zu können, registrieren sich Versicherte einfach mit ihrer Versichertenkarte und wenigen Informationen. Die Daten werden nicht weiterverwendet, somit bleiben die Nutzer und Nutzerinnen anonym.

Was ist für den Alltag mit Diabetes Typ 2 wichtig?

Als Erstes müssen die Patienten und Patientinnen gut informiert sein, um zu verstehen, was in ihrem Körper passiert. Bei neu entdeckten Typ 2 Diabetikern steht meist eine Umstellung des Lebensstils im Vordergrund, die sollte schrittweise erfolgen. Das Einüben eines gesünderen Lebensstils braucht etwas Zeit.

Diäten sind out, es geht um eine vernünftige Ernährung, die auch mittel- und langfristig – und mit Genuss – eingehalten werden kann. Schließlich hat jede Person einen anderen Geschmack, auf den Rücksicht genommen werden sollte.

Früher wurde Patienten und Patientinnen empfohlen, viele kleine Portionen zu essen, damit die Bauchspeicheldrüse die Aufgabe mit ihrer Restfunktion noch bewältigen kann. Auch waren die Möglichkeiten der medikamentösen Einstellung sehr überschaubar. Heute wird eher dazu geraten, auf Zwischenmahlzeiten zu verzichten, um die Bauchspeicheldrüse nicht ständig in Aktion zu halten und die Kalorienaufnahme nicht unnötig zu erhöhen.

Regelmäßige Bewegung sollte am besten in den Alltag eingebaut werden. Da hilft es nicht, nur am Wochenende seine Runden zu drehen. Falls Insulin nötig wird, ist es wichtig, sich einen Diabetologen oder eine Diabetologin zu suchen, der oder die gut schult und für eine richtige Einstellung sorgt. Einer Unterzuckerung und deren Folgen können somit entgegengewirkt werden.

Aber nicht jeder Typ 2 Diabetiker braucht automatisch Insulin. Mit den neuen Medikamenten kann die Insulintherapie heute häufig unnötig werden. Besonders dann, wenn ein gesunder Lebensstil praktiziert wird.

Mann mit Diabetes Typ 2 prüft Blutzuckerspiegel.

© iStock / filadendron

Diabetologe Prof. Dr. Stephan Jacob empfiehlt Patienten mit Diabetes, auf ihre Werte zu achten.

Was macht einen gesunden Lebensstil mit Diabetes Typ 2 aus?

Komplikationen vorzubeugen ist bei Diabetes Typ 2 gut möglich. Veränderungen im Lebensstil können bedeutend dazu beitragen, Folgeerkrankungen zu verhindern. Auch hier gilt wieder: gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und nicht zu viel Gewicht. Auf diese Weise kann einer fortschreitenden Insulinresistenz, den Blutdruckerhöhungen, den Fettstoffwechselstörungen und Komplikationen wie dem diabetischen Fuß entgegengewirkt werden.

Welche Tipps geben Sie Patienten und Patientinnen ganz konkret an die Hand?

Zunächst ist es mir wichtig, dass meine Patienten und Patientinnen verstehen, dass man heute gut mit Diabetes leben kann. Es gibt viele Möglichkeiten, die Erkrankung zu behandeln und die Lebensqualität zu erhalten.

Ich empfehle meinen Patienten und Patientinnen, auf ihre Werte zu achten. Das gilt gleichermaßen für den Blutzucker, wie auch für das Gewicht und den Blutdruck.

Außerdem sind regelmäßige Arztbesuche wichtig, um die Behandlung anpassen zu können, falls nötig.

Nicht zuletzt ist es stets ein guter Tipp, sich mit seiner Erkrankung zu beschäftigen. Wer die Vorgänge im Körper richtig versteht, verhindert womöglich gesundheitliche Beeinträchtigungen.

„Wer die Vorgänge im Körper richtig versteht, verhindert womöglich gesundheitliche Beeinträchtigungen.“

Prof. Dr. med. Stephan Jacob
Diabetologe, Ernährungsmediziner und Kardiovaskulärer Präventionsmediziner

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