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Wie Sie einer Gewichtszunahme vorbeugen trotz Essen im Überangebot
Veröffentlicht am:06.08.2025
4 Minuten Lesedauer
In den Supermärkten gibt es ein Überangebot an hochverarbeiteten Lebensmitteln, die viel Zucker und Fett enthalten. Warum wir im Alltag oft nicht merken, dass wir zu viele Kalorien essen – und wie wir das ändern können.

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Was fördert die Gewichtszunahme?
Die Auswahl in den Supermärkten ist riesig, die Verlockung oft groß. Einige Produkte versprechen „wertvolle Vitamine und Mineralstoffe“, auch wenn sie kaum welche enthalten. So erschweren sie es uns, zwischen gesunden und ungesunden Lebensmitteln zu unterscheiden.
Die Folge: „Wir essen immer mehr hochverarbeitete Lebensmittel, die reich an Fett, Zucker und Salz, aber arm an Nährstoffen sind“, sagt Hans Hauner, Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin in München. Produkten wie Dosen-Ravioli, Tiefkühl-Pommes und Schoko-Pops fehle es an wichtigen Vitaminen sowie Mineral- und Ballaststoffen, sagt der Experte. „Dafür stecken sie voller Kalorien.“
Verantwortlich sind vor allem Fett und Zucker – preisgünstige Rohstoffe, die von der Industrie in immer größeren Mengen eingesetzt werden. Eine Entwicklung mit Folgen: So ist die Zahl der Erwachsenen, die unter sehr starkem Übergewicht (Adipositas) leiden, seit 1975 weltweit gestiegen – in Deutschland von 9 auf knapp 22 Prozent. Fast sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind von Adipositas betroffen.
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Fertiggerichte haben mehr Kalorien als wir brauchen
In den 1960er-Jahren kochten die Menschen noch überwiegend selbst, die Mahlzeiten waren einfacher und enthielten mehr frische Zutaten. Es gab nicht Pizza, Döner und süße Backwaren an jeder Straßenecke. Heute hat die Industrie für viele Haushalte das Kochen übernommen. Statt selbst gemachter Hühnerbrühe oder ballaststoffreichem Gemüseauflauf stehen Fertiggerichte wie Tüten-Suppe und Fertig-Lasagne auf dem Speiseplan. Und wir essen viel mehr unterwegs, stillen Heißhunger mit Snacks und Fast Food.
„Hochverarbeitete Lebensmittel übersteigen den Kalorienbedarf, machen kaum satt und fördern Heißhungerattacken“, sagt Hauner. Ein Beispiel: Bei der Verarbeitung von Kartoffeln zu Pommes frites steigt der Kaloriengehalt auf das Drei- bis Vierfache. Sättigender macht sie das nicht. Dafür fehlen Eigenschaften wie ein hoher Wasser-, Ballaststoff- oder Proteinanteil. Und obwohl die meisten Menschen wissen, wie ungesund die Pommes sind, essen sie sie trotzdem gern.
„Unser Verlangen nach Salz, Zucker und fettreicher Nahrung ist evolutionär bedingt“, erklärt Peter von Philipsborn, Gesundheitswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als unsere Vorfahren noch vom Jagen und Sammeln lebten, sicherte ihnen das ständige Verlangen nach Essen das Überleben. Je kalorienreicher die Nahrung war, zum Beispiel Fleisch, Eier oder Nüsse, desto besser. Hochverarbeitete Lebensmittel wirken heute auf die Veranlagung wie ein Brandbeschleuniger. Zuckerzusätze und einige Zusatzstoffe regen den Appetit an. Mit dem Verarbeitungsgrad steigt oft auch die Kalorienzahl.
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Gewichtszunahme kann viele Krankheiten fördern
Starkes Übergewicht kann zu zahlreichen Beschwerden führen und ist zentraler Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2, Gelenkprobleme und mehrere Krebsarten. Dabei kommt es auch auf die Verteilung des Fettgewebes an. Besonders das sogenannte viszerale Fett, das sich im Bauchraum um die Organe legt, gilt als schädlich, da es den Hormonhaushalt beeinflusst und chronische Entzündungen im Körper fördert.
Der Bauchumfang gibt einen Hinweis darauf, wie groß der Anteil des Fettgewebes um die inneren Organe ist. Ein zu hoher Anteil an Bauchfett erhöht häufiger das Risiko, an Begleiterkrankungen durch Übergewicht zu erkranken, als Fetteinlagerungen an Armen oder Beinen. Man misst den Bauchumfang, indem man das Maßband zwischen dem Hüftknochen und der untersten Rippe anlegt. Der Bauchumfang ist eine wichtige Ergänzung zum Body-Mass-Index.
Eine österreichische Studie kam 2023 zu dem Schluss, dass Adipositas außerdem das Risiko für psychische Störungen wie Depressionen oder Angstzustände signifikant erhöht.
Gewichtszunahme hat oft individuelle Ursachen
Die genauen Ursachen von Übergewicht sind vielfältig. Nicht jede und jeder nimmt in der heutigen Lebenswelt stark zu. Dabei spielen genetische Faktoren, Stress, körperliche Aktivität, das soziale Umfeld und hormonelle Einflüsse eine Rolle. Kinder von Eltern mit einem sehr hohen Gewicht sind besonders gefährdet, selbst übergewichtig zu werden, betont Experte Hauner: „Neben den Genen sind oft das Verhalten und die Ernährung in der Familie entscheidend.“
Übergewicht bei Kindern setzt sich oft bei Erwachsenen fort
In der Kindheit werden Essgewohnheiten geprägt, die sich später nur schwer ändern lassen. Lange Zeit nahm man an, dass sich Übergewicht bei Kindern „herauswächst“. Heute ist klar: Wer als Kind zu viel wiegt, leidet oft auch im Erwachsenenalter an Übergewicht. Ist es stark ausgeprägt, zeigen sich die Folgen mitunter schon früh: Typische Folgeerkrankungen treffen immer häufiger auch jüngere Menschen. Studien zeigen zudem, dass extremes Übergewicht im Kindesalter die Lebenserwartung deutlich verkürzen kann.
Wie die Politik gegen Gewichtszunahme bei Kindern unterstützen kann
Forschende wie Peter von Philipsborn fordern schon länger Maßnahmen von der Politik. Der Experte ist Gesundheitswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Ein wichtiger Schritt wäre etwa ein kostenloses, gesundes Mittagessen in Kitas und Schulen. Außerdem: eine Zuckersteuer auf Softdrinks, wie es sie bereits in über 100 Ländern weltweit gibt. Auch Werbebeschränkungen für ungesunde Kinderlebensmittel hält er für unerlässlich: „Über 90 Prozent der Werbung, die sich an Kinder richtet, betrifft ungesunde Produkte“, sagt der Experte.
„Es geht nicht um eine perfekte Ernährung, sondern um die gesunde Richtung.“
Hans Hauner
Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin in München

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Mit der richtigen Ernährung eine Gewichtszunahme vermeiden
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung beruht auf wenigen einfachen Prinzipien: regelmäßige Mahlzeiten einhalten, auf Softdrinks und ungesunde Snacks weitestgehend verzichten und stattdessen auf nährstoffreiche Lebensmittel setzen, darunter:
- Vollkornprodukte mit vielen Ballaststoffen
- Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte
- hochwertige Pflanzenöle wie Raps- und Olivenöl
Wer so oft wie möglich auf industriell gefertigte Lebensmittel verzichtet und selbst mit frischen Zutaten kocht, ist auf dem richtigen Weg. Auch das sogenannte Meal Prep, also Vorkochen, für die Arbeit ist eine gute Möglichkeit, Fast Food in der Mittagspause zu vermeiden. Tracking-Tools helfen dabei, die Kalorienaufnahme im Blick zu behalten. Was außerdem wichtig ist:
Pausen zwischen den Mahlzeiten schützen vor Heißhunger
Pausen zwischen den Mahlzeiten sind wichtig, damit die Nahrung vollständig verdaut werden kann und der Insulinspiegel sich stabilisiert. Süße Snacks oder Weißmehl-Gebäck lassen den Blutzucker rasant ansteigen und wieder abfallen. Das begünstigt Heißhungerattacken.
Drei bis fünf Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten sind für die meisten Menschen ideal.
Zuckerfreie Getränke statt süßer Softdrinks
23 Gramm pro Tag, fast acht Würfel – so viel Zucker nehmen die Menschen in Deutschland durchschnittlich über Getränke auf. Damit sind sie in Europa Spitzenreiter. Besonders Softdrinks haben einen hohen Zuckeranteil und liefern viele überflüssige Kalorien. Da sie kaum sättigen, fehlt die zentrale Bremse des Körpers, die sagt: „Das ist genug!“ Hunger bekommen wir also, obwohl wir viele Kalorien zu uns nehmen. Noch dazu werden die zuckerhaltigen Drinks schnell verdaut und treiben den Blutzuckerspiegel in die Höhe. Süße Getränke gelten als ein wesentlicher Treiber für Übergewicht und Typ-2-Diabetes.
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