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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Urlaubsgeld - Kürzung und Rückzahlung
Urlaubsgeld - Kürzung und Rückzahlung
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.Rechtsprechungs-ABC
- 4.1
- 4.2
- 4.3
- 4.4
- 4.5
- 4.6
- 4.7
- 4.8
- 4.9
- 4.10
- 4.11
- 4.12
- 4.13
- 4.14
- 4.15
- 4.16
Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber zahlt Urlaubsgeld entweder freiwillig oder weil er durch Arbeits- oder Tarifvertrag etc. dazu verpflichtet ist. Die Sonderzahlung "Urlaubsgeld" ist nicht mit dem Urlaubsentgelt zu verwechseln. Urlaubsentgelt ist das, was der Arbeitnehmer während seines Urlaubs an Vergütung bekommt. Auf das Urlaubsentgelt hat er - entweder nach dem BUrlG oder nach den anzuwendenden individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen - einen rechtsverbindlichen Anspruch. Anders dagegen beim Urlaubsgeld: Urlaubsgeld steht in vielen Fällen nicht im Austauschverhältnis Leistung/Gegenleistung, sodass beim Urlaubsgeld grundsätzlich individual- oder kollektivrechtliche Abmachungen zulässig sind, die den Urlaubsgeldanspruch des Arbeitnehmers bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (wieder) entfallen lassen, den Arbeitgeber zu einer Kürzung berechtigen und den Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichten.
Praxistipp:
Der Anspruch auf Urlaubsgeld ist - soweit er vom Arbeitgeber noch nicht erfüllt wurde - vererblich. Noch offene Urlaubsgeldansprüche gegen den Arbeitgeber gehen also auf den/die Erben des Arbeitnehmers über. Umgekehrt gilt das Gleiche: Hat der Arbeitgeber einen noch offenen Rückzahlungsanspruch gegen den verstorbenen Mitarbeiter, kann er diesen Anspruch gegenüber dem/den Erben einfordern.
Grundsätzlich ist es so, dass die Anspruchsgrundlage, nach der Urlaubsgeld gezahlt wird, auch die Voraussetzungen vorsieht, unter denen der Anspruch entfällt oder eingeschränkt wird. Auch eine Rückzahlung von Urlaubsgeld ist nicht selbstverständlich. Sie kommt als Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB oder nach einer ausdrücklichen - individual- oder kollektivvertraglichen - Regelung in Betracht. Sind diese Regelungen zwingend, kann der Arbeitgeber sie nicht zuungunsten seiner Mitarbeiter einschränken. Dann muss er das Urlaubsgeld zahlen, der Arbeitnehmer darf sein Urlaubsgeld behalten und braucht es weder ganz noch teilweise zurückzuzahlen. Wie der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsgeld kann auch der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung des Urlaubsgelds verfallen oder verjähren. Während individual- oder kollektivvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen vielfach mit ein paar Monaten recht kurz sind, tritt die gesetzliche Verjährung im Normalfall erst mit Ablauf des dritten Jahres nach dem 31.12. des Jahres ein, in dem der Anspruch entstanden ist.
2. Hintergrund
Das Urlaubsgeld ist ohne konkrete individual- oder kollektivrechtliche Anspruchsgrundlage eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Aber egal, ob das Urlaubsgeld freiwillig oder mit Rechtsanspruch gezahlt wird: Es gibt Situationen, in denen
der Anspruch auf das Urlaubsgeld ganz oder teilweise entfallen müsste und/oder
zu viel gezahltes Urlaubsgeld wieder zurückzuzahlen ist.
So wird es in vielen Fällen einfach als ungerecht empfunden, wenn ein Arbeitnehmer das Urlaubsgeld bekommen soll oder behalten darf, obwohl er
vor Ablauf des Urlaubsjahres ausscheidet oder
in erheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.
Beispiel:
(1) Im Betrieb von Arbeitgeber A ist der Anspruch auf Urlaubsgeld an die fortlaufende Betriebszugehörigkeit geknüpft. Arbeitnehmer N bekommt im Juni sein Urlaubsgeld und kündigt danach zum 31.08. (2) Unternehmer U zahlt allen Mitarbeitern mit der Vergütung für den Monat Juli ein Urlaubsgeld von 600 EUR. Im September geraten U und Mitarbeiter M wegen einer Nichtigkeit in Streit. M verprügelt U, der mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus kommt. (3) Buchhalterin B hat das volle Vertrauen ihres Chefs C - und sorgt nebenbei durch geschicktes Umbuchen von Zahlungseingängen dafür, dass etliche Zehntausend Euro des Arbeitgebers auf ihrem Privatkonto landen. (4) Firmeninhaber I kauft sich jedes Jahr eine neue Luxuslimousine und zieht mit diesem Verhalten den Neid einiger Arbeitnehmer auf sich. Lagerist L steckt die letzte Neuerwerbung von I vorsätzlich in Brand - fordert im Juni trotzdem "sein" Urlaubsgeld.
Will ein Arbeitgeber das Urlaubsgeld
kürzen oder
zurückverlangen,
kann er das nicht einfach so tun. Wie der Arbeitnehmer für den Anspruch auf Urlaubsgeld eine Anspruchsgrundlage braucht, benötigt der Arbeitgeber eine Anspruchsgrundlage für Kürzung und/oder Rückforderung.
Praxistipp:
Das Urlaubsgeld wird aus unterschiedlichen Gründen gezahlt. Es kann eine saisonale Sonderzuwendung des Arbeitgebers sein, die bloß den Zweck hat, den Urlaub seiner Mitarbeiter angenehmer zu machen. Ebenso gut kann das Urlaubsgeld ein echter - leistungsabhängiger - Bestandteil der Vergütung sein. Schließlich ist es möglich, dass Urlaubsgeld einen Mischcharakter hat und beiden Zwecken dienen soll. Einem Arbeitnehmer bereits verdientes Arbeitsentgelt wieder wegzunehmen, ist schwierig bis unmöglich. Deswegen sollten Kürzungs- und/oder Rückzahlungstatbestände eindeutig geregelt sein. Das Gleiche gilt für die Tatbestände, die einen Anspruch - sei es von Beginn an oder erst nachträglich - ausschließen oder wieder entfallen lassen sollen.
Als Formulierung bietet sich z.B. folgende Klausel an: "Der/Die Arbeitnehmerin erhält im Kalenderjahr ein zusätzliches Urlaubsgeld von 600,00 EUR. Der Anspruch auf dieses Urlaubsgeld entsteht für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses, für den der/die Arbeitnehmer/in einen Anspruch auf Urlaub hat. Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12. des Kalenderjahres, ist zu viel gezahltes Urlaubsgeld als Entgeltvorschuss zurückzuzahlen. Begeht der/die Arbeitnehmerin eine gegen den Arbeitgeber oder seine/ihre Mitarbeiter gerichtete strafbare Handlung oder verletzt er/sie in erheblichem Maß seine/ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag (z.B. durch einen Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot, die Annahme von Geschenken oder eine schwerwiegende Störung des Betriebsfriedens), entfällt der Urlaubsgeldanspruch für das laufende Urlaubsjahr. Das Gleiche gilt, wenn das Arbeitsverhältnis infolge einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers aus wichtigem Grund beendet wird."
Allein auf die unsicheren Rechtsinstitute des Rechtsmissbrauchs, eines Verstoßes gegen die guten Sitten oder den Grundsatz von Treu und Glauben sollte man sich als Arbeitgeber in puncto Kürzung/Rückzahlung nicht verlassen. Dann kann es nämlich passieren, dass der Arbeitnehmer das Urlaubsgeld behalten darf.
Beispiel:
(1) In A's Fall aus dem Beispiel oben ist es so, dass der Urlaubsgeldanspruch an die Betriebszugehörigkeit anknüpft. Wenn N zum 31.08. ausscheidet, ist es gerecht, wenn ihm bloß 8/12 des Urlaubsgeldes bleiben und er 4/12 an A zurückzahlen muss. (2) U braucht es sich nicht gefallen zu lassen, von einem Mitarbeiter krankenhausreif geprügelt zu werden. Hier wäre es gerecht, wenn M das Urlaubsgeld komplett zurückzahlen müsste. (3) + (4) Das Gleiche gilt im dritten und vierten Beispielfall Entweder sollte in diesen beiden Fällen erst gar kein Anspruch auf Urlaubsgeld entstehen oder es sollte so sein, dass ein bereits entstandener Anspruch nachträglich entfällt und ausgezahltes Urlaubsgeld wieder zurückgezahlt werden muss.
Wenn der Kürzungs- oder Rückzahlungstatbestand geregelt ist, kann die Rückforderung über § 812 Abs. 1 BGB - ungerechtfertigte Bereicherung - erfolgen:
"Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt."
Beispiel:
Arbeitnehmer N aus Fall (1) des Beispiels oben hat sein Urlaubsgeld zunächst mit Rechtsgrund erlangt. Dadurch, dass er zum 31.08. gekündigt hat, ist der Rechtsgrund für die Zahlung von Urlaubsgeld für die Monate 09 bis 12 nachträglich entfallen. Hat N im Juni das ganze Urlaubsgeld bekommen, kann A es für die vier Monate, für die der rechtliche Grund später entfallen ist, zurückverlangen. Hat Arbeitgeber C im Fall (3) des vorausgehenden Beispiels eine Regelung getroffen, wonach der Anspruch auf Urlaubsgeld entfällt, wenn ein Arbeitnehmer eine erhebliche Vertragsverletzung begangen hat, hat er ebenfalls die Möglichkeit, bereits gezahltes Urlaubsgeld von Arbeitnehmerin B zurückzufordern.
Praxistipp:
Soweit es der Arbeitgeberselbst in der Hand hat, allein im Arbeitsvertrag oder zusammen mit seinem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung eine Kürzungs- und/oder Rückzahlungsmöglichkeit zu regeln, sollte das unbedingt gemacht werden.
Weitere Informationen zu den Arbeitgeberansprüchen im Falle ungerechtfertigter Bereicherung enthalten die §§ 812 ff. BGB.
3. Regelungen zur Kürzung und Rückzahlung
Urlaubsgeld ist vom Grundsatz her eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers. Urlaubsgeld ist kein Urlaubsentgelt. Insoweit sind Klauseln, die eine Kürzung und/oder Rückzahlung von Urlaubsgeld bzw. den völligen Verlust des Anspruchs vorsehen, grundsätzlich zulässig. Derartige - individual- oder kollektivvertragliche - Regelungen stellen ja den unverzichtbaren Anspruch auf bezahlte Freizeit nicht in Frage. Für den Erholungsurlaub gibt es ja Urlaubsentgelt.
Will der Arbeitgeber das von ihm gezahlte Urlaubsgeld i.S. einer Anwesenheitsprämie ausgestalten, sieht § 4a EFZG für die Kürzung dieser Sonderzahlung wegen Krankheit ausdrücklich vor:
"Eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen), ist auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zulässig. Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten."
Mehr zur Kürzung für Fehlzeiten in den Stichwörtern Anwesenheitsprämie, Entgeltfortzahlung - Kürzung von Sonderzahlung und Gratifikation - Kürzung.
Tarifliche Regelungen zu Kürzung/Rückzahlung von Urlaubsgeld sind recht vielgestaltig. So heißt es beispielsweise in § 7 Ziffer 4 des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Schleswig-Holstein (MTVHGGSH):
"Hat ein AN, der aus dem Betrieb durch eigene Kündigung, durch Vertragsbruch oder durch berechtigte fristlose Kündigung seitens des Arbeitgebers ausscheidet, bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so hat er zu viel erhaltende Beträge (Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld) an den Arbeitgeber zurückzuzahlen. Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf Rückzahlung irrtümlich zu viel gezahlten Urlaubsgeldes und Urlaubsentgeltes."
§ 9 Ziffer 13 des Manteltarifvertrags für die rheinland-pfälzische Gastronomie (MTVHGGRP98) gibt vor:
"Wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Kündigungsfrist aufgibt, ist zu viel gezahltes Urlaubsgeld zurückzuzahlen. Dies trifft nicht zu, wenn der Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt ist. Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf Rückzahlung irrtümlich zu viel gezahlten Urlaubsgeldes."
Es kann sogar sein, dass der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld vollkommen ausgeschlossen ist. So sieht z.B. Teil A § 3 Abs. 2 des Tarifvertrags über Sonderzahlungen für den Einzelhandel in NRW vor:
"Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue) beendet, entfällt der Anspruch auf das Urlaubsgeld. Für das laufende Kalenderjahr bereits erhaltene Beträge hat der Arbeitnehmer in voller Höhe als Gehalts- bzw. Lohnvorschuss zurückzuzahlen."
Wie der Arbeitnehmer für seinen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld eine Anspruchsgrundlage braucht, benötigt auch der Arbeitgeber für seinen Kürzung- und/oder Rückzahlungsanspruch eine Grundlage. Diese Grundlage kann
der Arbeitsvertrag,
eine Betriebsvereinbarung oder
ein Tarifvertrag
sein.
Praxistipp:
Ein Anspruch auf Urlaubsgeld kann ohne ausdrückliche und schriftlich fixierte Abmachung durch bloße betriebliche Übung, über eine Gesamtzusage oder via Regelungsabrede entstehen. Der gleiche Weg ist - theoretisch - zwar auch für das Entstehen einer Kürzungs- oder Rückforderungsmöglichkeit möglich, rein tatsächlich aber schwer einzubauen, durchzusetzen und in Streitfällen vor dem Arbeitsgericht darzulegen und zu beweisen. Daher der Tipp: Kürzungsmöglichkeit und Rückzahlungsklauseln immer schriftlich regeln.
Sieht ein Tarifvertrag selbst keine Kürzungs- oder Rückforderungsmöglichkeit vor, ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich verwehrt, die Kürzung und/oder Rückforderung des Urlaubsgelds via Arbeitsvertrag zu regeln. Individualvertragliche Abmachungen, die tarifwidrig sind und betroffene Arbeitnehmer benachteiligen, sind unwirksam.
Beispiel:
Der Branchentarifvertrag sagt lediglich: "Arbeitnehmer haben in jedem Jahr Anspruch auf ein tarifliches Urlaubsgeld. Die Höhe des tariflichen Urlaubsgelds beträgt für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer 500,00 EUR. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer haben Anspruch auf das Urlaubsgeld im Verhältnis ihrer individuellen Arbeitszeit zur Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Das Urlaubsgeld ist mit dem Arbeitsentgelt für den Monat Juni auszuzahlen." Arbeitgeber A zahlt Mitarbeiter M im Juni die 500,00 EUR aus. Im August kündigt M zum 30.09. Der Branchentarifvertrag sieht keine Kürzungs- oder Rückzahlungsklausel vor und enthält auch keine darauf zielende Öffnungsklausel für individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Würde A so eine entsprechende Klausel mit seinen Leuten vereinbaren, sie wäre tarifwidrig und damit unwirksam.
Das Urlaubsgeld ist nach Maßgabe des § 850a Nr. 2 ZPO nur eingeschränkt pfändbar: Unpfändbar sind "die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen." Üblich ist in der Regel das Urlaubsgeld, das vergleichbaren Mitarbeitern gezahlt wird, tariflich geregelt ist oder in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise zur Auszahlung kommt.
Unpfändbarkeit des Urlaubsgeldes bedeutet auch:
der Arbeitgeber kann mit den unpfändbaren Urlaubsgeldansprüchen nicht aufrechnen (§ 394 BGB) und
der Anspruch auf das Urlaubsgeld kann nach § 400 BGB nicht abgetreten werden.
Der Anspruch auf Rückzahlung unterliegt
den einschlägigen individual- oder kollektivrechtlich vereinbarten Ausschluss- und Verfallfristen oder
der gesetzlichen Verjährung nach den §§ 195 ff. BGB (s. dazu das Stichwort Verjährung).
Regelungen, die eine Kürzung des Urlaubsgeldes oder gar den völligen Ausschluss des Urlaubsgeldanspruchs vorsehen, müssen einheitlich für alle Arbeitnehmer gelten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder die AGG- und TzBfG-Diskriminierungsverbote unwirksam sind. Mit dem Erfolg, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaubsgeld behält und nicht zur Rückzahlung verpflichtet ist.
4. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Kürzung und Rückzahlung von Urlaubsgeld in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
4.1 Abhängigkeit vom Urlaubsanspruch
§ 15 Abs. 11 des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV Einzelhandel NW) sieht vor: "Der Arbeitnehmer erhält ein Urlaubsgeld gemäß einem besonderen Urlaubsgeldabkommen." Dieses "Urlaubsgeldabkommen" ist der "Tarifvertrag über Sonderzahlungen" (TV SoZa Einzelhandel NW), der in Teil "A Urlaubsgeld" detaillierte Regelungen für die Gewährung des Urlaubsgeldes vorsieht - u.a. aber auch eine Rückzahlungsverpflichtung. Danach ist zu viel gezahltes Urlaubsgeld in den dort genannten Fällen "als Gehalts- bzw. Lohnvorschuss zurückzuzahlen." Das Urlaubsgeld im NRW-Einzelhandel ist nach § 15 Abs. 11 MTV Einzelhandel NW akzessorisch zum Anspruch auf Urlaub und Urlaubsentgelt. Auch wenn in § 3 TV SoZa Einzelhandel NW Rückzahlungsverpflichtungen geregelt sind, "die der Rechtslage für das Urlaubsentgelt nicht entsprechen", so ist das Urlaubsgeld mit dem Anspruch auf Urlaub und Urlaubsentgelt doch "so weitgehend verknüpft, dass eine Akzessorietät angenommen werden kann" (LAG Hamm, 12.01.2012 - 16 Sa 1352/11 - im Unterschied zu BAG, 19.01.1999 - 9 AZR 158/99).
4.2 Änderungskündigung wg. Mindestlohn
Arbeitgeber sind seit dem 01.01.2015 nach dem MiLoG verpflichtet, ihren Arbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn (ab 01.01.2021: 9,50 EUR/h brutto, ab 01.07.2021: 9,60 EUR/h brutto, ab 01.01.2022: 9,82 EUR/h brutto, ab 01.07.2022: 10,45 EUR/h brutto, Hinw. d. Verf.) zu zahlen. Das hat bei einigen Arbeitgebern zu der Überlegung geführt, ob sie wegen des Mindestlohns, den sie bislang nicht gezahlt haben, einige andere Entgeltbestandteile kürzen können, etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Soweit diese beiden Vergütungsbestandteile keinen Bezug zur Leistung Arbeit haben, sind sie eine zusätzliche Prämie, die als Entgeltbestandteil nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden kann. Deswegen ist auch eine Änderungskündigung mit dem einzigen Ziel, den bislang niedrigeren Stundenlohn durch den Mindestlohn zu ersetzen und stattdessen Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu streichen, sozial nicht zu rechtfertigen (LAG Berlin-Brandenburg, 11.08.2015 - 19 Sa 819/15 - mit dem Hinweis, dass eine Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung die Gefährdung des Arbeitgeberbetriebs und der Arbeitsplätze voraussetzt).
4.3 Anlage 14 AVR
Arbeitnehmer im kirchlichen Dienst haben nach Maßgabe der Anlage 14 AVR Anspruch auf eine Sonderzuwendung. Diese Sonderzuwendung wird in zwei Hälften gezahlt - die erste im November des laufenden Jahres, die zweite im Juni des Folgejahres. Die Höhe der Junizahlung hängt vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung beziehungsweise eines wirtschaftlich selbstständigen Teils der Einrichtung ab. Sie kann nach Anlage 14 Abs. 4 AVR gekürzt werden oder ganz entfallen, wenn der Arbeitgeber ein nachzuweisendes negatives Betriebsergebnis erzielt. Beschäftigt der Arbeitgeber AVR-Mitarbeiter und Arbeitnehmer, in deren Arbeitsvertrag die AVR nicht einbezogen wurden, ist eine Kürzung problematisch.
§ 1 Abs. 5 AVR sagt u.a.: "Von den Abweichungsmöglichkeiten in § 17 und den Anlagen 14 und 17 der AVR können Einrichtungen nur Gebrauch machen, wenn a) auf alle Dienstverhältnisse der Einrichtung und der mit ihr verbundenen Einrichtungen, die Mitglied in einem Diakonischen Werk sind, die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) oder eine gleichwertige Arbeitsvertragsgrundlage angewandt werden". Das heißt: "Der Dienstgeber kann von der Kürzungsmöglichkeit bei der Leistung einer Jahressonderzahlung nach Anlage 14 AVR ... nur Gebrauch machen, wenn er auf alle Dienstverhältnisse die AVR vollständig und einschränkungslos anwendet" (BAG, 11.11.2015 - 10 AZR 719/14 - Leitsatz - mit dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber die zweite Hälfte der Sonderzahlung hier nicht streichen konnte).
4.4 Anrechnung auf den Mindestlohn - 1
Der vereinfachte Fall: Arbeitgeber A hatte mit seinen Arbeitnehmern einen Stundenlohn vereinbart, der unter dem gesetzlichen Mindestlohn lag (das waren bis zum 31.12.2016 8,50 EUR/h und sind aktuell ab dem 01.01.2021: 9,50 EUR/h brutto, ab 01.07.2021: 9,60 EUR/h brutto, ab 01.01.2022: 9,82 EUR/h brutto, ab 01.07.2022: 10,45 EUR/h brutto, Hinw. d. Verf.). Zusätzlich bekamen die Mitarbeiter zweimal jährlich eine Sonderzahlung. Mit Einführung des Mindestlohns wurde vereinbart, diese Sonderzahlung zu zwölfteln und jeden Monat anteilig auszuzahlen. Rechnerisch ergab das einen Stundenlohn, der über dem gesetzlichen Mindestlohn lag. A rechnete die Sonderzahlung auf den Mindestlohn an - und wurde darin vom LAG Berlin-Brandenburg bestätigt: Bei den Sonderzahlungen handele es sich um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung und dieses Arbeitsentgelt darf auf den Mindestlohn angerechnet werden (LAG Berlin-Brandenburg, 12.01.2016 - 19 Sa 1851/15).
4.5 Anrechnung auf den Mindestlohn - 2
Das MiLoG verschafft Arbeitnehmern - wenn der Arbeitgeber mit unterschiedlichen Vergütungsbestandteilen den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt - keinen Anspruch auf ein höheres Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen oder erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn verändert die bisherige Anspruchsgrundlage nicht - er tritt (nur) als eigenständiger Anspruch neben sie. So kommt denn auch einer vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung in puncto Mindestlohn zu (BAG, 25.05.2016 - 5 AZR 135/16 - und zugleich Bestätigung der Entscheidung LAG Berlin-Brandenburg, 12.01.2016 - 19 Sa 1851/15).
4.6 Arbeitsleistung und/oder Betriebstreue?
Bindet man "die Wirksamkeit eines jeden Rechtsanspruch ausschließenden Freiwilligkeitsvorbehalts bei Sonderzahlungen daran", "dass der Arbeitgeber mit ihnen jedenfalls nicht ausschließlich in einem Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich vergütet, sondern z.B. auch erbrachte oder künftige Betriebstreue honoriert, wäre der Arbeitgeber gehalten, diese zusätzliche von ihm nicht gewollte Zwecksetzung z.B. durch Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln zum Ausdruck zu bringen." Dabei ist allerdings zu bedenken, dass "diese zusätzlichen vergangenheits- und zukunftsbezogenen Anspruchsvoraussetzungen für die Sonderzahlung" dazu führen, "dass Arbeitnehmer, die an einem Stichtag noch nicht beim Arbeitgeber beschäftigt waren oder die das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf einer Bindungsfrist beenden, keinen Anspruch auf die Sonderzahlung hätten" - was nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegt. Aber: "Sieht der Arbeitgeber von vergangenheits- und zukunftsbezogenen Anspruchsvoraussetzungen für die Sonderzahlung ab, benachteiligt dies die Arbeitnehmer nicht unangemessen. Es begünstigt sie" sogar (BAG, 30.7.2008 -10 AZR 606/07).
4.7 Mindestlohnwirksamkeit - 1
Der Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG "je Zeitstunde" festgesetzt. Das MiLoG macht den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn allerdings nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig. Das lässt es zu, alle Entgeltbestandteile als mindestlohnwirksam anzusehen, die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Entgeltzahlung erbracht werden. Ausgenommen sind Zahlungen, "die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen" (BAG, 11.10.2017 - 5 AZR 621/16 - mit Hinweis auf BAG, 25.05.2016 - 5 AZR 135/16 und BAG, 21.12.2016 - 5 AZR 374/16 und den in der Literatur beschriebenen Streitstand).
4.8 Mindestlohnwirksamkeit - 2
Eine vom Arbeitgeber gezahlte Anwesenheitsprämie kann mindestlohnwirksam sein. Das setzt allerdings einiges voraus: Bei der Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn ist es erforderlich, "dass die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung nicht ausreicht, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen. Nur in diesem Falle entsteht nach § 3 MiLoG ein Differenzanspruch, der mit einer mindestlohnwirksamen Sonderzahlung erfüllt werden kann (s. dazu BAG, 21.12.2016 - 5 AZR 374/16). Wenn die vertraglich oder normativ geschuldete Grundvergütung jedoch "mindestens so hoch wie der gesetzliche Mindestlohn [ist], bleibt für die 'Anrechnung' einer Sonderzahlung auf ... [den Mindestlohn] kein Raum." In diesem Fall ist die Sonderzahlung neben der Grundvergütung zu zahlen (BAG, 11.10.2017 - 5 AZR 621/16).
4.9 Nachwirkung
Endet ein Tarifvertrag und wirken seine Bestimmungen nach, stehen im Nachwirkungszeitraum getroffenen abweichenden vertraglichen Vereinbarungen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken entgegen (s. dazu auch BAG, 18.11.1999 - 2 AZR 852/98 und BAG, 24.11.1999 - 4 AZR 666/98). So kann beispielsweise in einer nachfolgenden Vereinbarung wirksam festgelegt werden, dass die Zuwendung einer Gratifikation (hier: Weihnachtsgeld) für "Fälle des Ausscheidens vor dem 31.03. des Folgejahres zur Rückzahlung geschuldet ist." Aber: "Ist nach diesen Vereinbarungen gleichzeitig vertraglich festgelegt, dass die vertraglichen Vereinbarungen lediglich bis zum Inkrafttreten neuer tarifvertraglicher Bestimmungen gelten sollen, so bestimmt sich mit deren Inkrafttreten der vertragliche Anspruch ausschließlich nach diesen neuen tarifvertraglichen Bestimmungen. Sehen diese neuen tarifvertraglichen Bestimmungen für Fälle des Ausscheidens vor dem 31.03. des Folgejahres keine Rückzahlungsverpflichtung vor, scheidet eine derartige Verpflichtung beim Ausscheiden bis zum 31.03. des Folgejahres aus" (LAG Köln, 21.01.2009 - 8 Sa 1121/08).
4.10 Rückwirkende Änderung durch Tarifvertrag
Es kann vorkommen, dass Tarifpartner den Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung (hier: Reduzierung einer Sonderzahlung von 50 % des Monatsverdienstes auf pauschale 200,00 EUR durch Änderungstarifvertrag) im Nachhinein herunterfahren. Im Rahmen ihrer Tarifautonomie sind sie zwar grundsätzlich berechtigt, frei zu entscheiden, ob - und unter welchen Voraussetzungen - überhaupt eine Sonderzahlung gewährt wird. Ebenso frei sind sie darin, für die Sonderzahlung einen bestimmten Stichtag festzulegen oder zu vereinbaren, dass die Sonderzahlung bei Vorliegen bestimmter Umstände auch gekürzt werden kann (s. dazu BAG, 12.12.2012 - 10 AZR 718/11). Bei rückwirkender Änderung tarifvertraglicher Regelungen wird der Gestaltungsspielraum der Tarifpartner jedoch durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt (BAG, 06.12.2017 - 10 AZR 575/16).
4.11 Stichtagsregelung
Der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung kann in Tarifverträgen - auch wenn diese Sonderzahlung zum Teil Vergütung für geleistete Arbeit ist - vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr abhängig gemacht werden (hier: 31.03.). Nehmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ihrem Arbeitsvertrag auf den entsprechenden Tarifvertrag in seiner Gesamtheit Bezug, findet keine AGB-Kontrolle der einbezogenen tariflichen Rückzahlungsklausel statt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall bei vorzeitigem Ausscheiden verpflichtet, die Sonderzahlung zurückzuzahlen (BAG, 27.06.2018 - 10 AZR 290/17 - mit dem Hinweis, dass eine gleichlautende arbeitsvertragliche Rückzahlungsklausel nicht durch die AGB-Kontrolle käme).
4.12 Ungerechtfertigte Bereicherung
Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Urlaubsgeld in der irrigen Annahme, dazu nach einem Tarifvertrag - hier: § 15 MTV Gaststättengewerbe Niedersachsen - verpflichtet zu sein, erfolgt die Zahlung ohne Rechtsgrund. Das wiederum führt dazu, dass der Arbeitgeber gegen seinen rechtsgrundlos bereicherten Arbeitnehmer gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe des durch die Zahlung des Urlaubsgeldes Erlangten zusteht. Will der Arbeitnehmer diesen Anspruch vom Grunde her ausschließen, muss er eine andere Anspruchsgrundlage für das Urlaubsgeld aufzeigen. Das kann auch eine - in diesem Fall nicht vorliegende - betriebliche Übung sein (BAG, 09.04.2008 - 4 AZR 164/07 - mit dem Hinweis, dass sich der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers nicht nur auf die Nettoauszahlung erstreckt).
4.13 Unzulässige Rückzahlungsklausel
Nach der BAG-Rechtsprechung ist es zwar zulässig, "Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen (...), solange die Zahlungen nicht ausschließlich Gegenleistung für erbrachte Arbeit sind." Das gilt auch für Abmachungen, in denen der Arbeitnehmer verspricht, "erhaltene Sonderzahlungen zurückzuzahlen, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis kündigt." Klauseln dieser Art dürfen Arbeitnehmer jedoch nicht unangemessen benachteiligen. Sie müssen einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB standhalten: "Eine Sonderzahlung, die (jedenfalls auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht mehr von dem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden (...). Eine in der Weise gewählte Rückzahlungsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erbrachtes Entgelt entzieht" (LAG Hamm, 26.09.2013 - 15 Sa 795/13 - mit Hinweis auf BAG, 18.01.2012 - 10 AZR 612/10).
4.14 Widerrufsvorbehalt - 1
Ein vom Arbeitgeber in den Formulararbeitsvertrag gesetzter Widerrufsvorbehalt muss die formellen Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB erfüllen (gilt für Urlaubsgeld entsprechend, Anm. d. Verf.). Der Arbeitgeber hat bei den Widerrufsgründen zumindest die Richtung anzugeben, "aus der der Widerruf möglich sein soll, z.B. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers" (s. dazu BAG, 21.03.2012 - 5 AZR 651/10 und BAG, 12.01.2005 - 5 AZR 364/04). Der Verwender muss vorgeben, was seinen Widerruf rechtfertigen soll. Das kann beispielsweise eine "wirtschaftliche Notlage" sein. Sie braucht jedoch - da es eine Vielzahl möglicher wirtschaftlicher Entwicklungen gibt - nicht näher konkretisiert zu werden, etwa durch Angabe eines die Verluste einfahrenden Zeitraums. "Der Anwendungsfall ist schon auf Ausnahmesituationen beschränkt und damit klar genug umrissen" (BAG, 24.01.2017 - 1 AZR 772/14).
4.15 Widerrufsvorbehalt - 2
Der vereinfachte Fall (gilt für Urlaubsgeld entsprechend, Anm. d. Verf.): Arbeitgeber A hatte mit Arbeitnehmer N in Ziffer 3. seines Arbeitsvertrags ein "Weihnachtsgeld" vereinbart. Neben einer prozentualen Staffelung und einem anteiligen Anspruch für das Jahr 2008 sah die Vertragsklausel die Regelung "Ab 2009 wird das Weihnachtsgeld in voller Höhe nach vorstehenden Berechnungsgrundlagen bezahlt. Die Auszahlung des Weihnachtsgelds erfolgt mit der Lohn-/Gehaltsabrechnung des Monats November. Der Arbeitgeber behält sich vor, diese Leistung im Fall der wirtschaftlichen Notlage zu widerrufen." vor. 2012 wurde das Weihnachtsgeld "aufgrund wirtschaftlicher Notlage" widerrufen. Mit Erfolg - die Widerrufsklausel ist nicht zu beanstanden (BAG, 24.01.2017 - 1 AZR 774/14 - mit Hinweisen zur AGB-Kontrolle).
4.16 Widerrufsvorbehalt - Zulässigkeit
Sagt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld (gilt entsprechend für Urlaubsgeld, Anm. d. Verf.) zu, darf er sich zwar dessen Widerruf für den Fall einer wirtschaftlichen Notlage vorbehalten. Sein Widerrufsvorbehalt darf jedoch nicht dazu führen, dass durch Fortfall des Weihnachtsgeldes "das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis ... grundlegend berührt ist." Liegt der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 %, ist das noch kein Problem. "Sind darüber hinaus Zahlungen des Arbeitgebers widerruflich, die keine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen, erhöht sich der widerrufliche Teil der Arbeitsvergütung auf bis zu 30 v.H. des Gesamtverdienstes. Dem Arbeitnehmer wird hier zu seinem Vorteil eine Leistung zusätzlich zum üblichen Entgelt gewährt. Der Arbeitgeber ist dann bis zur Grenze der Willkür frei, die Voraussetzungen des Anspruchs festzulegen und dementsprechend auch den Widerruf zu erklären" (BAG, 24.01.2017 - 1 AZR 772/14 - mit Hinweis auf BAG, 12.01.2005 - 5 AZR 364/04).