Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
- 6.
- 7.
Information
1. Allgemeines
Durch eine Beteiligung am Kapital werden Arbeitnehmer zu Mitunternehmern: Der Wert ihres Anteils ist dabei entscheidend vom Erfolg des Betriebes abhängig. Dies kann Engagement, Motivation und Betriebstreue entscheidend fördern und zudem die Arbeitszufriedenheit erhöhen. Andererseits kann dem Arbeitnehmer bei manchen Beteiligungsformen und negativer wirtschaftlicher Entwicklung neben dem Verlust des Arbeitsplatzes auch eine Wertminderung seiner Anteile bis hin zum Totalverlust drohen. Darüber hinaus muss das Unternehmen u.a. die gesellschafts- und steuerrechtlichen Aspekte sorgfältig prüfen und abwägen; nach Expertenmeinung ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung nicht für alle Betriebe geeignet. Der Beitrag informiert über die wichtigsten Aspekte und geht auf die staatliche Förderung ein.
2. Form
In welcher Form die Beteiligung erfolgen kann, hängt von der Rechtsform des jeweiligen Unternehmens ab. Dabei müssen gesellschafts- und steuerrechtliche Aspekte sorgfältig geprüft und abgewogen werden. Zu entscheiden ist auch, ob die Beteiligung in Form von Eigen- oder Fremdkapital und direkt oder indirekt (d.h. über eine Beteiligungsgesellschaft) erfolgen soll.
Praxistipp:
Oft wird beklagt, dass bei Einmalzahlungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld die Belastung mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen überproportional ansteigt. Die Abgabebelastung lässt sich vermindern, wenn statt der steuer- und beitragspflichtigen Einmalzahlung eine Alternative, z.B. in Form einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung gewählt wird.
3. Organisation
Welche Wege für die Beteiligung offen stehen, ist im Einzelnen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a, b und f bis l sowie Abs. 2 bis 5 des 5. VermBG festgelegt.
Die Mittel für die Beteiligung können aufgebracht werden durch
Eigenleistungen des Arbeitnehmers
Vermögenswirksame Leistungen
Zuwendungen des Unternehmens
Staatliche Förderung.
Praxistipp:
Einzelheiten zu Form und Organisation einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung finden sich u.a. in einem Internetangebot des Bundeswirtschaftsministeriums, das sich an kleine und mittlere Unternehmen wendet: www.bmwi-unternehmensportal.de/mitarbeiterbeteiligung/index.php
Die Gewährung von Aktienoptionen ist eine Maßnahme zu betrieblichen Lohngestaltung; daher besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Werden jedoch diese Optionen nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern durch die ausländische Konzernmutter eingeräumt, geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieses Recht nicht besteht; denn der inländische Arbeitgeber hat dann keinen Gestaltungsspielraum, der der Mitbestimmung unterliegen könnte (BAG, 20.03.2018 – 1 ABR 50/16 und BAG, 12.06.2019 – 1 ABR 57/17; siehe auch LAG Baden-Württemberg, 17.01.2017 – 19 TaBV 3/16; LAG München, 11.08.2017 – 9 Ta BV 34/17). Zum Mitbestimmungsrecht für zurückliegende Zeiträume siehe BAG, 23.10.2018 – 1 ABR 18/17.
4. Steuerfreiheit
Einkommensteuerfrei sind unentgeltliche Beteiligungen bis zu 360 EUR jährlich. Das Gleiche gilt für den Vorteil aus einer verbilligten Überlassung von Anteilen (§ 3 Nr. 39 EStG). Voraussetzung ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offen steht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots mindestens ein Jahr im Unternehmen beschäftigt sind. Die Steuerfreiheit gilt sowohl bei Beteiligungen, die durch eine zusätzliche Vergütung finanziert werden wie auch bei solchen, für die eine Entgeltumwandlung erfolgt. Es handelt sich um einen Freibetrag; ist der Vorteil höher als 360 EUR jährlich, ist nur der übersteigende Betrag zu versteuern. Die Beteiligung führt immer zu Arbeitslohn, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit gewährt wird (BFH, 07.05.2014 – VI R 73/12).
Bei Veräußerung der Beteiligung unterliegen nur die Erträge der Einkommensteuer. Dies ist ein Vorteil gegenüber Anlagen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, die in der Auszahlungsphase voll versteuert werden müssen. Zur Frage, ob Erlöse aus der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung eines Mitarbeiters am Unternehmen seines Arbeitgebers aus nichtselbstständiger Arbeit oder als Veräußerungsgewinn zu qualifizieren sind, wenn die Beteiligung zu einem angemessenen Preis erworben und veräußert wurde, der Erwerb separat vom Anstellungsvertrag sowie die Veräußerung nach Ablauf der zeitlichen und nach Erreichen erfolgsabhängiger Call-Optionen erfolgte und dem Anteilseigner keine Stimmrechte zustanden, ist unter dem Az. VIII R 40/18 ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
5. Beitragsfreiheit Sozialversicherung
Soweit die Mitarbeiterkapitalbeteiligung steuerfrei ist, besteht auch Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung bis zu dem steuerlichen Freibetrag von 360 EUR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Allerdings gilt dies nur, wenn sie zusätzlich zu der Vergütung überlassen wird.
Eine Entgeltumwandlung zugunsten einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung führt danach zwar zur Steuerfreiheit; Sozialversicherungsbeiträge müssen aber gezahlt werden.
Bei Veräußerung der Beteiligung fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an.
6. Vermögenswirksame Leistungen
Vermögenswirksame Leistungen, die in betrieblichen Beteiligungen angelegt werden, fördert der Staat durch eine Sparzulage von 20 Prozent. Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, mit der Kapitalbeteiligung auch die Vermögensbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Die Berechnungsgrundlage für die Zulage beträgt höchstens 400 EUR jährlich. Es gilt eine Einkommensgrenze von 20.000 EUR (Ledige) bzw. 40.000 EUR (Verheiratete) jährlich. Daneben kann zusätzlich die Förderung vermögenswirksamer Leistungen über einen Bausparvertrag in Anspruch genommen werden. Bei Ausschöpfung beider Möglichkeiten kann eine jährliche Sparzulage von bis zu 123 EUR erzielt werden.
7. Aktienoptionen
Insbesondere Führungskräfte werden häufig durch Aktienoptionen am Erfolg des Betriebes beteiligt. Die Option bezieht sich darauf, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder danach Aktien des Unternehmens zu einem festgelegten, günstigen Kurs zu erwerben. Meist verfällt das Optionsrecht, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Zeit ausgeübt wird. Zu dem Zeitpunkt, in dem dieses Recht eingeräumt wird, entsteht kein geldwerter Vorteil, da dem jeweiligen Mitarbeiter nichts zufließt. Er erhält lediglich die Möglichkeit, später die Aktien zu einem (ggf. günstigen) Kurs zu erwerben.
Macht der Mitarbeiter dann von seinem Recht Gebrauch und wird er Eigentümer von Aktien, entsteht grundsätzlich ein geldwerter Vorteil. Er bemisst sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Kurswert und den tatsächlichen Kosten des Aktienerwerbs für den Mitarbeiter. Dabei zählen zu den Anschaffungskosten alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten, somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbes. zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen. Daher sind die für die Einräumung der Option ursprünglich angefallenen Anschaffungskosten bei Optionsausübung als Anschaffungsnebenkosten Teil der Anschaffungskosten der zum vereinbarten Basispreis erworbenen Aktien (BGH, 22.05.2019 – XI R 44/17).
Maßgebend ist der Wert der Aktie bei Einbuchung in das Depot des Erwerbers. Die angesprochene Differenz entspricht dem grundsätzlich steuerpflichtigen und beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Auch hier gilt der Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG von 360 EUR. Dies gilt auch bei handelbaren Optionen (vgl. BFH, 20.11.2008 – VI R 25/05). Auch in diesem Fall fließt dem Mitarbeiter der geldwerte Vorteil zu, wenn er diese verwertet, d.h. insbesondere, wenn er das Recht auf einen Dritten überträgt (BFH, 18.09.2012 – VI R 90/10).
Beispiel:
Mitarbeiter A. erhält von seinem Arbeitgeber, der B-AG, am 01.03.2020 verbilligt die Option zum Erwerb von 100 Mitarbeiteraktien zum Preis von 50 EUR je Aktie. Die Option kann bis zum 31.10.2021 ausgeübt werden. B. macht von seinem Recht am 28.05.2021 zu einem Kurs von 72 EUR je Aktie Gebrauch. Die Aktien werden am 01.06.2021 in sein Depot eingebucht. Es entstehen keine Nebenkosten.
Es entsteht ein geldwerter Vorteil von 2.200 EUR (100 Aktien zu 72 EUR = 7.200 EUR, abzüglich 100 Aktien zu 50 EUR = 5.000 EUR). Davon ist noch der Freibetrag von 360 EUR abzuziehen, so dass 1.840 EUR im Juni 2021 zusätzlich zu versteuern sind. Ebenso fallen aus diesem Betrag Beiträge zu Sozialversicherung an. Es handelt sich um eine Einmalzahlung.
Praxistipp:
Bei länger laufenden Aktienoptionen kann es sich bei dem geldwerten Vorteil um Arbeitslohn für mehrere Jahre handeln, der tarifbegünstigt ist (§ 34 EStG).
Bei der Zusage im Rahmen eines Aktienoptionsprogrammes stellt eine Stichtagsklausel (Arbeitsverhältnis muss an einem bestimmten Tag bestanden haben) als Voraussetzung für die Zuteilung der Aktien mit einer Wartezeit von drei Jahren und knapp vier Monaten keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar. Da diese Bindungsdauer die gesetzlich geregelte Wartezeit von vier Jahren gem. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG nicht übersteigt, verstößt sie nicht gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB(LAG München, 17.04.2018 – 7 Sa 752/17).
Zur Bewertung von nicht an der Börse gehandelten Aktien siehe BFH, 01.09.2016 – VI R 16/15.
Zur Frage, ob einem Arbeitnehmer aus der Überlassung unverbriefter und nicht börsengehandelter Aktien durch den Arbeitgeber als Mitarbeiterbeteiligung allein aus der Regelung des § 41 Abs. 1 AO – unabhängig vom wirtschaftlichen Eigentum – ein geldwerter Vorteil zufließt – ist unter dem Az. VI R 6/18 ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
Siehe auch