Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Pflegezeit - Beschäftigung von Ersatzkräften
Pflegezeit - Beschäftigung von Ersatzkräften
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
Information
1. Allgemeines
Lässt sich ein Beschäftigter nach dem PflegeZG freistellen, stellt sich für das Unternehmen die Frage, wie der Ausfall ausgeglichen werden kann. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten; häufig wird eine Ersatzkraft befristet eingestellt. Der Beitrag beschäftigt sich mit arbeitsrechtlichen Aspekten, die bei Beschäftigung einer Vertretung zu beachten sind.
2. Befristung von Arbeitsverhältnissen
Eine befristete Beschäftigung liegt bei einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag vor (Einzelheiten siehe Befristung - Allgemeines). Die Befristung kann kalendermäßig oder durch Art, Zweck und Beschaffenheit der Arbeitsleistung festgelegt sein (§ 3 Abs. 1 TzBfG).
Sie ist zulässig, wenn ein sachlicher Grund dafür besteht; bei Ersteinstellungen kann auch ohne sachlichen Grund befristet werden.
3. Befristung nach dem PflegeZG
3.1 Sachlicher Grund
Sowohl die kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG wie auch die Pflegezeit nach § 3 PflegeZG gelten als sachlicher Grund für eine Befristung des Arbeitsvertrages mit der Vertretungskraft (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG). Diese Möglichkeit einer Befristung ergänzt die generelle Regelung in § 14 Abs. 1 TzBfG. Danach liegt ein sachlicher Grund u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.
Bei Ersteinstellungen ist eine kalendermäßige Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Dauer bis zu zwei Jahren möglich (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Das gilt nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine "Zuvor-Beschäftigung" in diesem Sinne ist nach einer Entscheidung des BAG nicht gegeben, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt (BAG, 06.04.2011 - 7 AZR 716/09). Dieses Urteil wurde jedoch vom BVerfG als verfassungswidrige Rechtsfortbildung verworfen. Allerdings darf vom Verbot der Vorbeschäftigung auch nach der Rechtsprechung des BVerfG abgewichen werden, wenn dessen Beachtung unzumutbar ist. Dies ist der Fall, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Der mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgte Schutzzweck kann in diesen Fällen das Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nicht rechtfertigen, soweit das legitime Interesse der Arbeitssuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung und das ebenfalls legitime Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber entgegensteht (BVerfG, 06.06.2018 - 1 BvL 7/14 u. 1 BvR 1375/14). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist (BVerfG, 06.06.2018 – a.a.O.). So liegt es nach Ansicht des BVerfG etwa bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht (BAG, 23.01.2019 - 7 AZR 13/17), Das BAG hat sich in zwei weiteren Entscheidungen mit der Frage der Unzumutbarkeit der Beachtung des Verbotes der Vorbeschäftigung auseinandergesetzt (BAG, 23.01.2019 – 7 AZR 161/15 und 7 AZR 733/16).
Der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt nach § 31 Abs. 2 i.V.m. § 13 Nr. 11 BVerfGG Gesetzeskraft zu.
Praxistipp:
Ist die Befristung nicht rechtswirksam, gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG). Es ist sinnvoll, den Arbeitsvertrag für die Vertretungskraft unter Bezugnahme auf § 6 PflegeZG aus sachlichem Grund zu befristen. Darüber hinaus ist dies auch im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 3 PflegeZG zu empfehlen (siehe hierzu 3.3).
3.2 Dauer
Die Dauer der Befristung ergibt sich aus dem in § 6 Abs. 1 PflegeZG genannten Zweck. Im Fall der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung wäre die Vertretung für bis zu zehn Arbeitstage, bei Pflegezeit bis zu sechs Monaten einzustellen. Darüber hinaus kann die Befristung auf die notwendige Zeit einer Einarbeitung ausgedehnt werden. Die Dauer der Befristung kann auch durch Vereinbarung des Zweckes, d.h. die Vertretung während der Pflegezeit des Beschäftigten, festgelegt werden.
3.3 Kündigung trotz Befristung
Während eines befristeten Arbeitsvertrages ist eine Kündigung nur möglich, wenn dies einzel- oder tarifvertraglich vereinbart ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Davon abweichend bestimmt § 6 Abs. 3 PflegeZG, dass bei vorzeitiger Beendigung der Pflegezeit (Pflegezeit - Vorzeitige Beendigung) der Arbeitgeber den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen kann.
Praxistipp:
Da dieses besondere Kündigungsrecht durch Vertrag ausgeschlossen werden kann, ist es zur Rechtssicherheit sinnvoll, die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 S. 1 PflegeZG ausdrücklich im Arbeitsvertrag bzw. in der Niederschrift nach § 2 Abs. 1 NachwG festzuhalten.
3.4 Schriftform
Für die Befristung ist die Schriftform zwingend vorgeschrieben (§14 Abs. 4 TzBfG). Dafür können Sie unsere Vertragsmuster verwenden. Wird diese Formvorschrift nicht beachtet, gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG).
Siehe auch
Pflegezeit - AllgemeinesPflegezeit - Arbeitgeber mit mehr als 15 BeschäftigtenPflegezeit - KündigungsschutzPflegezeit - Kurzzeitige Freistellung: VoraussetzungenPflegezeit - Kurzzeitige Freistellung: Umfang und AuswirkungenPflegezeit - Meldungen und Beiträge zur SozialversicherungPflegezeit - Sozialversicherung während FreistellungPflegezeit - Teilweise FreistellungPflegezeit - Vorzeitige Beendigung