Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Aufwendungsausgleich - Erstattungsanspruch
Aufwendungsausgleich - Erstattungsanspruch
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber hat gegen die Krankenkasse einen Anspruch auf Erstattung bestimmter Aufwendungen, die ihm aus Anlass von Arbeitsunfähigkeit und Schwangerschaft entstehen (s. dazu Gliederungspunkt 2.). Die Art und die Höhe der Erstattung hängt von der Größe des Arbeitgebers ab (s. dazu Aufwendungsausgleich - Arbeitgebergröße). Das Erstattungsverfahren ist für betroffene Arbeitgeber nicht kostenlos. Sie finanzieren die Entgeltfortzahlungsversicherung über ein Umlageverfahren. Erstattet werden Leistungen an die im AAG genannten Arbeitnehmer für die dort genannten Fälle (s. dazu Gliederungspunkt 3.).
Praxistipp:
Der Antrag auf Erstattung der Entgeltfortzahlungskosten nach dem EFZG und/oder der Arbeitgeberleistungen nach dem MuSchG wird in der Regel direkt aus dem Entgeltabrechnungsprogramm oder mittels maschineller Ausfüllhilfen gestellt - hilfsweise über das sv.net, wenn die eigenen Programme die Funktion nicht haben.
Den Aufwendungsausgleich gibt es nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss gemäß § 2 AAG einen Antrag stellen, wenn er von der Krankenkasse, bei der seine Mitarbeiter versichert sind, etwas haben möchte (s. dazu Gliederungspunkt 4.). Die Arbeitgeberleistungen werden für Entgeltfortzahlungsansprüche nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 9 EFZG und die Arbeitgeberleistungen nach §§ 18, 20 MuSchG erstattet. Die Dauer der Erstattung ergibt sich einmal aus dem EFZG und dem MuSchG, dann aber auch aus der Teilnahme des Arbeitgebers an den Ausgleichsverfahren (s. dazu Gliederungspunkt 5.). Interessante Entscheidungen werden im Rechtsprechungs-ABC - Gliederungspunkt 6. - vorgestellt.
2. Was wird erstattet?
Bei Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen, werden 80 %
des nach §§ 3 Abs. 1 u. 2, 9 Abs. 1 EFZG bei Arbeitsunfähigkeit fortgezahlten Arbeitsentgelts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG) sowie
der auf das fortgezahlte Arbeitsentgelt § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG entfallenden Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung und der Beitragszuschüsse (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG)
erstattet.
Praxistipp:
Die Erstattungssätze einzelner Krankenkassen können von der gesetzlichen 80-Prozent-Regelung abweichen. § 9 Abs. 2 AAG lässt es zu, dass Krankenkassen in ihrer Satzung die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken und verschiedene Erstattungssätze vorsehen, die allerdings die 40-Prozent-Marke nicht unterschreiten dürfen.
In voller Höhe werden allen Arbeitgebern (mit Ausnahme der Landwirtschaft)
die nach § 20 Abs. 1 MuSchG gezahlten Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG),
die vom Arbeitgeber nach § 18 MuSchG bei Beschäftigungsverboten außerhalb der allgemeinen Schutzfristen gezahlten Arbeitsentgelte (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 AAG) sowie
die auf das nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 AAG fortgezahlte Entgelt entfallenden Arbeitgeberbeiträge und Beitragszuschüsse (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AAG)
erstattet.
3. Für wen wird erstattet?
Die Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG betrifft alle Arbeitnehmer, d.h.
Angestellte,
Arbeiter und
Auszubildende,
die Ansprüche auf Entgeltfortzahlung nach §§ 3 Abs. 1 u. 2, 9 Abs. 1 EFZG haben.
Die Erstattung nach § 1 Abs. 2 AAG betrifft nur
Schwangere und
Mütter.
Die Arbeitszeit spielt bei der Frage, für wen erstattet wird, keine Rolle. Die Krankenkassen erstatten die Aufwendungen auch für Teilzeitmitarbeiter und geringfügig Beschäftigte. § 1 AAG schließt alle Arbeitnehmer ein.
4. Wie wird erstattet?
Der Arbeitgeber muss einen Antrag stellen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AAG). Die Erstattung ist zu gewähren, sobald der Arbeitgeber
Arbeitsentgelt nach §§ 3 Abs. 1 u. 2, 9 Abs. 1 EFZG und § 18 MuSchG sowie
Zuschüsse nach § 20 Abs. 1 MuSchG
gezahlt hat (§ 2 Abs. 2 Satz 2 AAG).
Die Zahlung der Erstattung wird von der Krankenkasse vorgenommen, bei der
die Arbeitnehmer,
die Auszubildenden oder
die nach §§ 18, 14 Abs. 1 MuSchG anspruchsberechtigten Frauen
versichert sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AAG).
Für geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung zuständig (§ 2 Abs. 1 Satz 2 AAG). Für Arbeitnehmer, die nicht Mitglied einer Krankenkasse sind, gilt § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V entsprechend (§ 2 Abs. 1 Satz 3 AAG).
5. Wie lange wird erstattet?
Die Feststellung der Krankenkasse nach § 3 Abs. 1 AAG ist für das gesamte Kalenderjahr bindend. Das heißt: Eine Änderung der Beschäftigtenzahl im laufenden Kalenderjahr ist unerheblich.
Beispiel:
Arbeitgeber A erfüllt am 01.01. des Kalenderjahrs die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren nach § 1 Abs. 1 AAG. Er hat in der Vergangenheit nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigt. Durch Auftragszuwächse verändert sich im laufenden Kalenderjahr die Beschäftigtenzahl. Bereits im Juni stehen 35 Mitarbeiter auf der Lohnliste - Tendenz steigend. A bleibt im laufenden Kalenderjahr weiter im U1-Verfahren. Erst mit Beginn des nächsten Jahres gehört er zu den Arbeitgebern, die wegen einer Mitarbeiterzahl von mehr als 30 nicht mehr am Ausgleichsverfahren nach § 1 Abs. 1 AAG teilnehmen.
Ein Arbeitgeber, der zum 01.01. des laufenden Kalenderjahrs in das Ausgleichsverfahren einbezogen wird, hat ab diesem Zeitpunkt Ansprüche auf Erstattung seiner Aufwendungen. Das gilt sogar für Fälle, in denen die Arbeitsunfähigkeit vor dem 01.01. im voraufgehenden Kalenderjahr eingetreten ist. Die Arbeitsunfähigkeit muss nur über den 31.12. des abgelaufenen Jahres hinaus fortbestehen und den Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichten.
Beispiel:
Mitarbeiter M wird am 17.12. arbeitsunfähig krank. Arbeitgeber A ist verpflichtet, ihm nach § 3 Abs. 1 EFZG Entgelt fortzuzahlen. Im laufenden Kalenderjahr ist A nicht im U1-Verfahren, weil er im Jahresverlauf überwiegend mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigte. Durch Abbau von Überkapazitäten wird A in Zukunft zu den Arbeitgebern gehören, die nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen. Er gehört mit dem 01.01. des Folgejahres zu den Arbeitgebern, die in diesem Jahr am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teilnehmen. Dauert Ms Arbeitsunfähigkeit länger als bis zum 31.12. des laufenden Jahres, kann A ab dem 01.01. für die Entgeltfortzahlung im neuen Jahr eine Erstattung verlangen. In diesem Jahr wird er auch in das U1-Verfahren einbezogen. Es entstehen keine rückwirkenden Ansprüche für das laufende Kalenderjahr.
Fällt ein Arbeitgeber mit dem 31.12. des laufenden Jahres aus dem Ausgleichsverfahren heraus, endet damit auch sein Erstattungsanspruch. Insoweit ist es unerheblich, ob die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers über den 31.12. hinaus fortbesteht und der Arbeitgeber weiterhin zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet ist. Die zeitliche Bindung an die Feststellung nach § 3 Abs. 1 AAG bezieht sich also immer nur auf das laufende Kalenderjahr.
Beispiel:
Arbeitgeber A nimmt im laufenden Kalenderjahr am U1-Verfahren teil. Arbeitnehmer M wird am 17.12. arbeitsunfähig krank. Ab dem 01.01. des Folgejahres wird A nicht mehr in den Ausgleich für Arbeitgeberaufwendungen einbezogen - er wird dauerhaft mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen. Für das laufende Jahr hat A wegen Ms Arbeitsunfähigkeit Ansprüche nach § 1 Abs. 1 AAG. Dieser Anspruch endet auch dann am 31.12. des laufenden Jahres, wenn Ms Arbeitsunfähigkeit über diesen Tag hinaus fortdauert.
Eine freiwillige Verlängerung der Teilnahme ist nicht möglich, die Kündigung der Teilnahme ist ausgeschlossen. Die Teilnahmepflicht besteht kraft Gesetzes.
6. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
6.1 Öffentliche Arbeitgeber
"1. Öffentlich-rechtlich verfasste Arbeitgeber sind ungeachtet ihrer Tarifbindung vom System des Aufwendungsausgleichs wegen Krankheit ausgeschlossen. 2. Krankenkassen erbringen Aufwendungsausgleichsleistungen grundsätzlich durch schlichtes Verwaltungshandeln, dürfen hierüber aber auch durch schriftlichen, schon nach seiner äußeren Gestalt formellen Verwaltungsakt entscheiden. 3. Krankenkassen haben nur nach der abschließenden Regelung des Aufwendungsausgleichsgesetzes Anspruch auf Rückerstattung rechtsgrundlos geleisteten Aufwendungsausgleichs" (BSG, 31.05.2016 - B 1 KR 17/15 R - Leitsätze).