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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Elternzeit - Verlängerung
Elternzeit - Verlängerung
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Mit seinem schriftlichen Antrag auf Freistellung muss der Arbeitnehmer festlegen, für welche Zeiten er innerhalb von zwei Jahren Elternzeit beansprucht (§ 16 Abs. 1 BEEG). Diese Festlegung ermöglicht es dem Betrieb, entsprechend zu planen und den vorübergehenden Personalausfall auszugleichen. In der Regel ist daher eine Verlängerung der Elternzeit nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
2. Verlängerung mit Zustimmung
2.1 Grundsätzliches
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer an die in den gesetzlichen Grenzen festgelegte Dauer der Elternzeit (§ 15 Abs. 2 BEEG) gebunden. Beantragt er die Freistellung zunächst nicht für die maximal mögliche Dauer und ändert sich der Bedarf, trägt er dafür das Risiko. Die Elternzeit kann dementsprechend in diesen Fällen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verlängert werden (§ 16 Abs. 3 S. 1 BEEG). Hintergrund dafür ist auch, dass der Arbeitgeber für die Zeit der Freistellung disponiert hat.
2.2 Antrag
Eine Verlängerung der Elternzeit muss der Arbeitnehmer - entsprechend dem Grundsatz in § 16 Abs. 1 BEEG – ausdrücklich verlangen. Dafür ist aber - anders als bei dem erstmaligen Verlangen der Freistellung - weder eine Frist noch eine Form vorgeschrieben (zur Frist siehe BAG, 18.10.2011 - 9 AZR 315/10). Aus Nachweisgründen dürfte aber die Schriftform im Interesse beider Vertragspartner liegen. Im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Nebenpflichten muss der Arbeitnehmer auf die berechtigten Interessen des Betriebes Rücksicht nehmen. Dazu gehört auch, dass er den Antrag möglichst frühzeitig stellt, nachdem sich die Umstände verändert haben. Dadurch kann der Arbeitgeber sich rechtzeitig darauf einzustellen. Bestandteil des Antrages sollte auch die Angabe sein, bis wann die Freistellung nunmehr laufen soll. Darüber hinaus ist es im Hinblick auf den Entscheidungsprozess im Betrieb sinnvoll, die Gründe für den Antrag auf Verlängerung mit aufzunehmen.
2.3 Entscheidung nach billigem Ermessen
Ob der Arbeitgeber dem Verlangen zustimmt, obliegt grundsätzlich seiner Entscheidung. Er ist aber dabei nicht völlig frei, sondern muss die Grundsätze des "billigen Ermessens" nach § 315 BGB beachten (BAG, 18.10.2011 - 9 AZR 315/10). Dabei müssen die betrieblichen Erfordernisse mit den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers abgewogen werden. Auf Seiten des Arbeitgebers können z.B.
die Größe und Struktur des Betriebes,
das Auslaufen des befristeten Arbeitsvertrages einer Vertretungskraft,
die Auftragslage,
saisonale Arbeitsschwankungen
eine Rolle spielen.
Beim Arbeitnehmer sind z.B. eine Veränderung der familiären Situation oder eine Erkrankung des Kindes etc. zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber muss beide Seiten betrachten und dabei auch in Erwägung ziehen, inwieweit er hinsichtlich der Nachteile für das Unternehmen Abhilfe schaffen kann (z.B. Einstellung von Aushilfen). Aufgrund der gesamten Umstände ist zu entscheiden, ob die Zustimmung erteilt wird. Bei dem Abwägungsprozess genießen die betrieblichen Belange Vorrang, soweit nicht die besonderen Interessen von Kind und Eltern an der Verlängerung überwiegen (BAG, 18.10.2011 - 9 AZR 315/10).
Praxistipp:
Die Frage, ob die Entscheidung nach "billigem Ermessen" getroffen wurde, ist gerichtlich voll nachprüfbar (vgl. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB). Daher ist es sinnvoll, bei Ablehnung die wesentlichen Kriterien des Entscheidungsprozesses intern festzuhalten und dabei auch die Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers herauszustellen.
3. Anspruch auf Verlängerung
3.1 Grundsätzliches
Ein Rechtsanspruch auf die Verlängerung der Elternzeit besteht nur, wenn ein ursprünglich vorgesehener Wechsel der Anspruchsberechtigten aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann (§ 16 Abs. 3 BEEG). Diese Regelung steht im engen Zusammenhang mit § 15 Abs. 3 BEEG, wonach die Eltern sich u.a. bei der Freistellung zur Betreuung des Kindes abwechseln können oder die Betreuung einem Elternteil allein übertragen können. Kann ein vorgesehener Wechsel nicht stattfinden, wäre es unbillig und eine besondere Härte, von dem Arbeitnehmer die Aufnahme der Arbeit zu verlangen. Daher besteht in diesem Fall ein Rechtsanspruch auf die Verlängerung.
3.2 Wichtiger Grund
Der Rechtsanspruch ist allerdings auf die Fälle beschränkt, in denen ein "wichtiger Grund" vorliegt. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Auslegungsgrundsätze für den "wichtigen Grund" für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB können nicht herangezogen werden, da es sich um völlig unterschiedliche Sachverhalte handelt. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 16 Abs. 3 S. 4 BEEG kann sich bei allen auf Seite des Arbeitnehmers beteiligten Personen ergeben.
Beispiel:
Wegen Verhinderung (z.B. Krankheit) des anderen Elternteils kann von diesem die Erziehungstätigkeit nicht wie vorgesehen übernommen werden.
Wegen einer Krankheit des Kindes ist der Elternteil, der die Betreuung übernehmen sollte, dafür weniger gut qualifiziert als der bisher freigestellte Arbeitnehmer (LAG Berlin, 07.06.2001 - 10 Sa 2770/00).
Der wichtige Grund umfasst alle Umstände, die der Sicherstellung einer ausreichenden Betreuung des Kindes entgegenstehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob von einem "Verschulden" ausgegangen werden muss. Ausgeschlossen sind aber Gründe, die von den Eltern selbst herbeigeführt worden sind bzw. von ihnen ohne große Probleme beeinflusst werden können. Auf betriebliche Belange, wie bei der Verlängerung nach Abschnitt 2, kommt es nicht an. Bereits die Beschränkung des Rechtsanspruchs auf Freistellung auf das Vorliegen von "wichtigen Gründen" trägt aber den Interessen des Arbeitgebers Rechnung.