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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Studenten - Beschäftigungsformen
Studenten - Beschäftigungsformen
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber beschäftigt Studenten aus unterschiedlichen Anlässen. Die einen sollen vielleicht nur Arbeitsspitzen abdecken, die anderen Arbeitsplätze komplett ausfüllen. Das alles ist arbeitsrechtlich machbar. Probleme gibt es dort, wo der Status "Student" mit dem Status "Arbeitnehmer/Beschäftigter" zusammentrifft. Auch wenn studentische Arbeitsverhältnisse vom Ansatz her sozialversicherungsfrei sind, so gibt es bei der Studentenbeschäftigung doch sozialversicherungsrechtliche Grenzen, die eingehalten werden müssen.
Praxistipp:
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Feststellung sozialversicherungsfrei oder sozialversicherungspflichtig nicht allein treffen. Wer hier falsch liegt, läuft Gefahr, Beiträge nachzahlen zu müssen - die er in der Regel wegen § 28g SGB IV nur "bei den drei nächsten Lohn- und Gehaltszahlungen" zurückholen kann. Hier bietet es sich an, bei der Krankenkasse des Studenten oder bei einer der sonst für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nachzufragen, ob die Beschäftigung - wie beabsichtigt - im konkreten Fall tatsächlich versicherungsfrei bleibt.
Auch wenn immer viel von der Sozialversicherungsfreiheit studentische Mitarbeiter gesprochen wird: So richtig stimmt das nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III nur für die Arbeitslosenversicherung. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind sie versicherungspflichtig, in der Kranken- und Pflegeversicherung ebenfalls. Dort gibt es die besondere, günstigere Krankenversicherung der Studenten - die allerdings voraussetzt, dass der Status "ordentlich Studierender" besteht. Bei beschäftigten Studenten, bei denen das Arbeitsverhältnis im Vordergrund steht und der Studentenstatus nur noch zum Schein aufrecht erhalten wird, greift die Sozialversicherung voll.
2. Grundsätzlich möglich: Vollzeit oder Teilzeit
Wer arbeitet, tut das
entweder als Vollzeit- oder
als Teilzeitmitarbeiter.
Vollzeitarbeitnehmer ist, wer die volle
betriebsübliche,
branchenübliche oder
tarifvertragliche
Regelarbeitszeit leistet. Teilzeitbeschäftigt ist ein Mitarbeiter
mit vereinbarter regelmäßigen Wochenarbeitszeit, wenn "dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ... als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers" ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 TzBfG);
ohne vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit, wenn "seine regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraums unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liegt", § 2 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.
Vergleichbar ist ein Vollzeitmitarbeiter "des Betriebs mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit", § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG. Und wenn es im Betrieb keinen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer gibt,
ist bei Anwendbarkeit eines Tarifvertrags der vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer auf Grund dieses Tarifvertrags zu bestimmen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 TzBfG) und
"in allen anderen Fällen .. darauf abzustellen, wer im jeweiligen Wirtschaftszweig üblicherweise als vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer anzusehen ist" (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 TzBfG).
Sozialversicherungsrechtlich ist die Vollzeitbeschäftigung von Studenten während der Semesterferien kein Problem. Während der Vorlesungszeit muss, soll ihr Beschäftigungsverhältnis nicht sozialversicherungspflichtig werden, das Studium jedoch im Vordergrund stehen. Davon kann man in der Regel ausgehen, solange die wöchentliche Arbeitszeit die 20-Stunden-Grenze nicht übersteigt. Dazu mehr in den Stichwörtern Studenten ff. und Studentenbeschäftigungen ff. des Sozialversicherungslexikons
3. Besondere Beschäftigungsformen
Die Beschäftigung von Studenten lässt - wie auch die Beschäftigung aller anderen Arbeitnehmer - eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Formen zu:
3.1 Arbeit auf Abruf
Das TzBfG bietet in § 12 Abs. 1 die Möglichkeit, Studenten als Arbeitnehmer auf Abruf zu beschäftigen. Arbeit auf Abruf bedeutet, die Mitarbeiter müssen ihre vertraglich geschuldete Arbeit "entsprechend dem Arbeitsanfall" leisten. Ganz wichtig: "Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen", § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Wenn nicht:
gilt bei Fehlen einer Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit nach § 12 Abs. 1 Satz 3 "eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart",
hat der Arbeitgeber bei Fehlen einer Vereinbarung über die tägliche Arbeitszeit nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG "die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen".
Praxistipp:
Viele Studenten sehen sich selbst nicht als "Arbeitnehmer", sondern machen einfach einen Job, um Privatleben und Studium zu finanzieren oder um sich einfach mal etwas zu gönnen. Sie sind mit dem zufrieden, was sie bekommen - und verschwenden keinen Gedanken an das TzBfG und seine Bestimmungen. Nach dem Grundsatz "wo kein Kläger, da kein Richter" läuft bei der Beschäftigung von Studenten vieles problemlos, was in einem "echten" Arbeitsverhältnis Anlass für einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht wäre.
§ 12 Abs. 2 TzBfG sieht Höchst- bzw. Mindestzeiten für zusätzlichen bzw. geringeren Arbeitsabruf vor. Auch wenn es bei Studenten tatsächlich oft anders aussieht:
"Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann" (§ 12 Abs. 3 Satz 1 TzBfG).
Tut er das nicht, gilt nach § 12 Abs. 3 Satz 2 TzBfG: "Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz1 zu erfolgen hat." Weitere Informationen zu diesem Thema sind im Stichwort Arbeit auf Abruf hinterlegt.
3.2 Aushilfsarbeitsverhältnisse
Im Arbeitsleben wird oft zwischen
"Festangestellten" und
so genannten "Aushilfen"
unterschieden. "Festangestellte" sollen Mitarbeiter sein, die in der Regel einen Vollzeitarbeitsvertrag oder mindestens einen Halbtags-Teilzeitarbeitsvertrag haben. Alles andere sind "Aushilfen", vor allem die geringfügig entlohnt Beschäftigten, die sog. Minijobber.
Es gibt zwar keine gesetzliche Definition der "Aushilfe", sieht man aber in § 622 Abs. 5 Nr. BGB, kann ein Aushilfsarbeitsverhältnis allenfalls drei Monate lang ausgeübt werden. Sobald es über diese drei Monate hinausgeht, entsteht entweder ein Vollzeit- oder ein Teilzeitarbeitsverhältnis, das dann aber kein Aushilfsarbeitsverhältnis mehr ist.
Praxistipp:
Es gibt in der realen Arbeitswelt "Daueraushilfsarbeitsverhältnisse", in denen Minijobber seit etlichen Jahren – und das sogar häufig mit festen Arbeitszeiten – "aushelfen". Das zeigt bereits, dass der Begriff "Aushilfe" ad absurdum geführt wird, wenn jemand ständig als "Aushilfe" beschäftigt ist. Man sollte die Begriffe deswegen sauber trennen und die Bezeichnung "Aushilfe" wirklich nur noch für die Arbeitnehmer verwenden, die maximal drei Monate im Betrieb eingesetzt werden – und wirklich nur über einen kurzfristigen Beschäftigungsbedarf hinweg aushelfen.
Definition: Aushilfskräfte sind Arbeitnehmer, die bloß für einen kurzfristigen Bedarf nicht länger als drei Monate beschäftigt werden und nicht auf Dauer in den Betrieb und in die Arbeitsabläufe des Arbeitgebers integriert sind. Mehr zu diesem Thema in den Stichwörtern Aushilfskräfte - Allgemeines ff.
3.3 Befristetes Arbeitsverhältnis mit Sachgrund
Befristete Arbeitsverhältnisse sind in der Regel nur mit einem Sachgrund zulässig (§ 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG kommen bei der Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Studenten unter anderem folgende Befristungsgründe in Betracht:
der Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG),
die Befristung erfolgt im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium, um dem Arbeitnehmer den Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG),
der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG),
ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund rechtfertigt die Befristung, (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG).
Der Status "Student" allein kann eine Befristung nicht rechtfertigen (BAG, 10.08.1994 - 7 AZR 695/93).
Praxistipp:
Es gibt Studenten, die immer nur in den Semesterferien arbeiten möchten und nicht während der Vorlesungszeit. Das ist ein "in der Person des Arbeitnehmers" liegender Grund, der eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG rechtfertigt. Der Wunsch muss allerdings konkret vorliegen und darf nicht vom Arbeitgeber ohne weitere Nachprüfung nur angenommen werden. Es empfiehlt sich, in den befristeten Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel aufzunehmen: "Die Beschäftigung von Frau/Herrn <Name> erfolgt auf ihren/seinen ausdrücklichen Wunsch nur für die Zeit ihrer/seiner Semesterferien vom <Anfangsdatum> bis zum <Enddatum>".
Der Status "Student" und auch die Befristung sind allein kein Grund, Studenten schlechter zu stellen als andere - unbefristet oder befristet - beschäftigte Mitarbeiter.
Beispiel:
Studentin Svenja nimmt während der Sommersemesterferien für drei Monate eine befristete Tätigkeit bei einem Zeitarbeitsunternehmen, der timePro GmbH, auf. Der - fiktive - tarifliche Stundenlohn im niedrigsten Helferbereich beträgt 13,95 EUR. Der Geschäftsführer der timePro GmbH denkt, dass er nur den "richtigen" Arbeitnehmern Tariflohn zahlen muss - und nicht den Studenten, die zudem auch noch befristet eingestellt werden. Er zahlt Svenja nur den gesetzlichen Mindestlohn von zurzeit 12,00 EUR/h brutto (Stand: 01.10.2022). Das geht nicht. Zum einen ist das Merkmal "Student" allein kein Rechtfertigungsgrund für geringere Stundenlöhne, zum anderen greift das TzBfG-Diskriminierungsverbot für alle befristet eingestellten Mitarbeiter - also auch für Studenten.
In § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG heißt es:
"Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer".
Eine Ausnahme lässt § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG zu, wenn "sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen". Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Arbeit fachliche Anforderungen stellt, die ein Student einfach nicht mitbringt. Einen guten Überblick über das gesamte Thema befristete Arbeitsverträge geben die Stichwörter Befristung - Allgemeines ff.
3.4 Befristetes Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund
Der Gesetzgeber lässt als Maßnahme der Beschäftigungsförderung und Ausnahme von der Regel auch die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen zu - jedoch nur unter ganz engen Voraussetzungen (dazu mehr im Stichwort Befristung - Neueinstellung):
"Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig" (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).
Und § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG schließt an:
"Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat".
Lange Zeit war es in Literatur und Rechtsprechung so, dass eine "Neueinstellung" im Sinn des TzBfG verlangte, dass der befristet eingestellte Mitarbeiter zuvor noch nie bei diesem Arbeitgeber tätig gewesen sein durfte - was im Arbeitsleben als unpraktisch und Beschäftigungshindernis angesehen wurde.
Beispiel:
Ingo jobbte während der Sommersemesterferien 2009 drei Monate befristet im Mecklenburger Ausflugslokal "Zum Silbersee". Sein Arbeitsentgelt und die vielen großzügigen Trinkgelder der Gäste reichten über das Wintersemester bis in die nächsten Sommersemesterferien. Da ihm der Job im "Silbersee" Spaß gemacht hatte, wollte Ingo in den 2010er Semesterferien dort wieder befristet arbeiten. Das ging nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht - weil zwischen den Parteien bereits im Vorjahr ein befristetes Arbeitsverhältnis bestand.
Praxistipp:
Auch wenn eine "Neueinstellung" im Sinn des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht möglich ist: Eine Befristung mit Sachgrund ist immer möglich. Und dieser Sachgrund kann - siehe oben - gerade bei Studenten eben der Wunsch sein, nur in den Semesterferien arbeiten zu wollen.
Beachtenswert: Das BAG hatte im Jahr 2011 endlich Klarheit geschaffen: "Der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, steht ein früheres Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt" (BAG 06.04.2011 - 7 AZR 716/09). Das Bundesverfassungsgericht hat der BAG-Auffassung jedoch eine Absage erteilt (s. dazu BVerfG, 06.06.2018 - 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14). Das Verbot einer Zuvorbeschäftigung ist nicht auf den vom BAG angenommenen 3-Jahres-Zeitraum beschränkt, sondern umfassend zu sehen.
Aber: Die Arbeitsgerichte können nach den BVerfG-Entscheidungen vom 06.06.2018 (BVerfG, 06.06.2018 - 1 BvL 7/14 u. 1 BvR 1375/14) den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Einklang mit der Verfassung einschränken, wenn die Beachtung des dort vorgesehenen Verbots sachgrundloser Befristung im Einzelfall unzumutbar ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn keine Gefahr einer durch Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit des Arbeitnehmers geschaffenen Kettenbefristung besteht und das Verbot sachgrundloser Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. So kann das Verbot sachgrundloser Befristung beispielsweise unzumutbar sein, wenn die Zuvor-Beschäftigung als Hilfsbearbeiterin im Zeitpunkt der erneuten Einstellung 22 Jahre zurücklag und die befristete Einstellung nun als Telefonserviceberaterin im Servicecenter des Arbeitgebers erfolgt (BAG, 21.08.2019 - 7 AZR 452/17).
Aktuelle Informationen zur sachgrundlosen Befristung gibt es im Stichwort Befristung - Neueinstellung.
3.5 Geringfügig entlohntes Arbeitsverhältnis
Studenten sind regelmäßig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Studenten versichert. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Studenten pflichtversichert, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (zu den Ausnahmen siehe § 230 Abs. 4 SGB VI und die Stichwörter Studenten ff. und Studentenbeschäftigung ff. des Sozialversicherungslexikons). In der Arbeitslosenversicherung gilt nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III:
"Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer (...) 2. ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben."
Studenten können - wie alle übrigen Arbeitnehmer auch - nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sozialversicherungsfrei geringfügig entlohnt beschäftigt werden:
"Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn 1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt".
Beispiel:
Charlene sucht einen Job, den sie auch während ihres Studiums ausüben kann. Charlene möchte keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Ihre Eltern unterstützen sie finanziell, ein geringes Nebeneinkommen aus einem Minijob genügt ihr völlig. Eine in der Nähe ihrer Wohnung gelegene Bäckerei sucht für den Frühverkauf am Morgen und den Spätverkauf am Abend einige Minijobber (bis zum 30.09.2022 so geannten "450-Euro-Kräfte", ab dem 01.10.2022 beträgt die Geringfügigkeitsgrenze 520 EUR). Charlene bewirbt sich - und findet die für sie ideale sozialversicherungsfreie Nebenbeschäftigung.
So ganz sozialversicherungsfrei sind studentische Minijobs übrigens doch nicht - zumindest nicht für den Arbeitgeber. Er zahlt pauschal
13 Prozent auf das Arbeitsentgelt in die Krankenversicherung und
15 Prozent in die Rentenversicherung.
Auch ein Student kann in seinem geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnis auf seine Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten.
3.6 Geringfügig kurzfristiges Arbeitsverhältnis
Soll die Beschäftigung eines Studenten nicht auf Dauer, sondern nur für kurze Zeit erfolgen, bietet sich eine geringfügig kurzfristige Beschäftigung an. Dazu sagt § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV:
"Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn 2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt".
Die geringfügig kurzfristige Beschäftigung bietet sich während der Semesterferien an. Wichtig ist es, dabei die Zeitvorgabe Kalenderjahr zu beachten. In einem Kalenderjahr kann nur eine geringfügig kurzfristige Beschäftigung ausgeübt werden. Die Entgelthöhe ist dabei unerheblich - das geringfügig kurzfristige Arbeitsverhältnis bleibt auch dann versicherungsfrei, wenn sie das Entgelt einer geringfügig entlohnten Beschäftigung überschreitet.
Beispiel:
Musikstudent Wolfang Amadeus Schmidt arbeitet während der Wintersemesterferien im Dresdner Pianohaus Cem Ballow. Sein Arbeitsvertrag ist vom 15.02. bis zum 14.04. auf zwei Monate befristet. Wolfang Amadeus arbeitet in einem geringfügig kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis. Er kommt bei Cems Kunden wegen seiner hervorragenden Fachkenntnisse gut an und überzeugt auch durch seine musikalischen Fähigkeiten. Herr Ballow beschließt, Herrn Schmidt auch in den Sommersemesterferien geringfügig kurzfristig einzustellen. Das geht nicht. Eine geringfügig kurzfristige Beschäftigung ist in den Grenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nur einmal in einem Kalenderjahr möglich. Cem kann Herrn Schmidt in den Sommersemesterferien daher nur nach den normalen Bedingungen eines studentischen Arbeitsverhältnisses beschäftigen.
Praxistipp:
Aus einer ursprünglich als geringfügig kurzfristig gedachten Beschäftigung kann sich über die Zeit hinweg ein längerfristiges Arbeitsverhältnis entwickeln. Bei einer ungeplanten und nicht vorhersehbaren Überschreitung des 3-Monats- oder 70-Arbeitstage-Zeitraums beginnt die Versicherungspflicht dann erst mit dem Zeitpunkt, in dem die Fristen überschritten werden. Ergibt sich bereits innerhalb dieser Fristen, dass die Zeiträume überschritten werden, fängt die Versicherungspflicht in dem Zeitpunkt an, in dem das Überschreiten der Fristen bekannt wird. Die Zeit davor bleibt versicherungsfrei.
Eine geringfügig kurzfristige Beschäftigung löst - im Gegensatz zur geringfügig entlohnten Beschäftigung - keine Pauschalbeiträge aus. Während geringfügig entlohnte Beschäftigte auf ihre Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten können (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI), gilt diese Verzichtsklausel für geringfügig kurzfristige Beschäftigungen nicht.
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt ab dem 01.10.2022 12,00 EUR brutto.
4. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Beschäftigungsformen von Studenten in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
4.1 Befristungsvoraussetzungen
"Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Studenten, die neben ihrem Studium bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, ist sachlich gerechtfertigt, wenn die Befristung erforderlich ist, um die Erwerbstätigkeit den immer wieder wechselnden Erfordernissen des Studiums anzupassen. Wird dem Interesse des Studenten, die von ihm zu erbringende Arbeitsleistung mit den wechselnden Erfordernissen des Studiums in Einklang zu bringen, durch eine entsprechend flexible Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Rechnung getragen, ist eine Befristung unter dem Gesichtspunkt der Anpassung der Erwerbstätigkeit an die Erfordernisse des Studiums sachlich nicht gerechtfertigt" (LAG Berlin, 22.02.2002 - 7 Sa 980/01 - mit dem Hinweis, dass dies nicht nur für längere Befristungen, sondern auch für kurze, auf einzelne Tage befristete Arbeitsverhältnisse gilt).
4.2 "Crowdworker"
Auch so genannte Crowdworker können als Aushilfen – oder doch eher als Selbstständige? – beschäftigt werden. Ihre Eigenschaft als "Arbeitnehmer" hängt gem. § 611a BGB allerdings davon ab, dass sie sich "im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet" haben. Ihre Bezeichnung im Vertrag ist unerheblich. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung spricht alles für ein Arbeitsverhältnis, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass seine Auftragnehmer ihre Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt überhaupt nicht mehr frei gestalten können. Selbst wenn ein Crowdworker im Einzelfall nicht zur Übernahme von Aufträgen verpflichtet ist, spricht die Organisationsstruktur des Auftraggebers über dessen Online-Plattform für ein Arbeitsverhältnis, wenn sie darauf ausgerichtet ist, dass die über einen Account angemeldeten und eingearbeiteten Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen (BAG, 01.12.2020 – 9 AZR 102/20).
4.3 Geringfügige Beschäftigung
"Bei dem Begriff der 'geringfügigen Beschäftigung' handelt es sich nicht um einen arbeitsrechtlichen, sondern einen durch das Sozialversicherungsrecht vorgeprägten Begriff. Eine geringfügige Beschäftigung in der Alternative der Entgeltgeringfügigkeit liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung - wegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) ohne die für Sonn- und Feiertags- sowie Nachtarbeit geleisteten Zuschläge, soweit diese nach § 3b Abs. 1 und Abs. 3 EStG steuerfrei sind - regelmäßig im Monat 450,00 EUR nicht übersteigt. Die geringfügige Beschäftigung iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist zwar in beitrags- und abgabenrechtlicher Hinsicht privilegiert. So sind geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, der Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). In der gesetzlichen Rentenversicherung besteht für entgeltgeringfügig Beschäftigte nur im Grundsatz eine generelle Versicherungspflicht. Von dieser Pflicht kann sich der Beschäftigte nach § 6 Abs. 1b SGB VI befreien lassen mit der Folge, dass im Rahmen der Beschäftigung auch insoweit keine Arbeitnehmerbeiträge anfallen" (BAG, 23.09.2020 – 5 AZR 251/19 – mit Hinweis auf die Übergangsregelung in § 229 Abs. 5 SGB VI).
4.4 Status "Student" - 1
Ein Student ist nicht allein deswegen sozialversicherungsfrei, weil er an einer Hochschule eingeschrieben - immatrikuliert - ist. Sein Studium muss ihn zeitlich und von der Arbeitskraft her "zumindest so überwiegend in Anspruch nehmen, dass der Betroffene nach seinem Erscheinungsbild Student und nicht Arbeitnehmer ist". Der Status "ordentlich Studierender" ist abzugrenzen vom Status "Werkstudent" - Letzterer übt neben seinem Studium eine entgeltliche Beschäftigung aus, um sich damit "die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten des Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen". Abzustellen ist immer auf die individuelle, konkrete Gestaltung und Planung des Studiums (BAG, 20.08.2002 - 9 AZR 306/00).
4.5 Status "Student" - 2
Nimmt der Arbeitgeber die Exmatrikulation eines Studenten - und damit den Verlust des Status "Student" - als Anlass für eine Kündigung, bezieht er sich damit auf einen Grund, der in der Person des Arbeitnehmers liegt § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Er schließt an eine persönliche Eigenschaft des Mitarbeiters an, der aus seiner Sicht die vertraglich festgelegten Voraussetzungen der Beschäftigung nicht mehr erfüllt. Der Arbeitnehmer besitzt die "erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) .., um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung - ganz oder teilweise - zu erbringen". Dieser personenbedingte Kündigungsgrund lässt sich bei einer wissenschaftlichen Hilfskraft in einer Forschungseinrichtung nach ihrer Exmatrikulation bejahen (BAG, 18.09.2008 - 2 AZR 976/06).
4.6 Verlust der Sozialversicherungsfreiheit
Die Sozialversicherungsfreiheit wird bei vielen studentischen Arbeitsverhältnissen direkt oder indirekt zur "Geschäftsgrundlage" gemacht. Verliert ein Student wegen seiner überlangen Studiendauer - hier: 41. Semester eines 46-Jährigen - die Sozialversicherungsfreiheit, ist das kein Grund für eine personenbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG wegen der fehlenden Eigenschaft "ordentlicher Studierender". Die Eigenschaft "ordentlich Studierender" ist für die hier ausgeübte und geschuldete Tätigkeit (im Botendienst eines Flughafens) kein notwendiges Eignungsmerkmal. "Eine der Störung der Geschäftsgrundlage vergleichbare Situation kann grundsätzlich nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern allenfalls zu einer Vertragsanpassung an die geänderten Umstände führen" (BAG, 18.01.2007 - 2 AZR 731/05).