Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Entsendung
Entsendung
Kurzinfo
Nach § 3 SGB IV gelten die (deutschen) Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, nur für Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt sind (Territorialitätsprinzip).
Dieser Grundsatz wird aber durch § 4 SGB IV dahingehend modifiziert, dass die Vorschriften über die Versicherungspflicht in der deutschen Sozialversicherung auch dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen eines in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ins Ausland entsandt wird.
Die Entsendung muss dabei infolge der Eigenart der Beschäftigung oder aber vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sein. An den Voraussetzungen für das Zustandekommen der Versicherungspflicht ändert sich durch § 4 SGB IV - abgesehen von der territorialen Ausdehnung - nichts.
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
Information
1. Allgemeines
Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben die Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer vom 18.03.2020 herausgegeben.
Die Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer fasst die gemeinsamen Auffassungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Sozialversicherungen sowie zahlreiche Urteile des Bundessozialgerichts zu dieser Thematik zusammen und verdeutlicht deren Anwendung anhand zahlreicher Praxisbeispiele.
Führt die Anwendung von § 4 SGB IV zur Aufrechterhaltung der Versicherungspflicht in der Bundesrepublik Deutschland, ist damit aber nicht ausgeschlossen, dass ein entsandter Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung auch den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Staates unterliegt, in dem er seine Beschäftigung ausübt. Er wird dort möglicherweise auch versichert. In diesen Fällen kann es mithin zu einer Doppelversicherung kommen.
Seit dem 01.01.1998 gelten die Regelungen über die Ausstrahlung ohne Einschränkung auch für die auf fremdflaggige Seeschiffe entsandten Personen, soweit für diese nicht vorrangig EG- oder Abkommensrecht gilt.
Praxistipp:
Weitere Kriterien für das Vorliegen einer Entsendung können Sie u.a. den Bundessozialgerichtsurteilen BSG, 07.11.1996 - 12 RK 79/94, - 12 RK 48/96, - 12 RK 50/96 und - 12 RK 52/96 entnehmen. Das zur Einstrahlung ergangene Urteil vom 07.11.1996 enthält wesentliche Indizien, die auch im Rahmen einer Ausstrahlung für die Beurteilung der Frage, ob eine Entsendung vorliegt, heranzuziehen sind.
2. Entsendung im Rahmen über- und zwischenstaatlichen Rechts
Auch das über- und zwischenstaatliche Recht sieht Regelungen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Entsendungen vor. Diese sind, soweit sie etwas Abweichendes zum deutschen Recht vorsehen, vorrangig (§ 6 SGB IV).
Auch nach über- und zwischenstaatlichem Recht gilt der Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften des Staates unterliegt, in dessen Gebiet er beschäftigt ist (vgl. z.B. Art. 11 der EG-Verordnung Nr. 883/2004 für Sachverhalte, auf die die EG-Verordnung Nr. 883/2004 anzuwenden ist (1), bzw. in den wenigen Fällen, in denen noch die EWG-Verordnung Nr. 1408/71 greift, Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der EWG-Verordnung Nr. 1408/71). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen gibt es u.a. für Entsendebeschäftigungen.
3. Geltungsbereich der EG- bzw. EWG-Verordnungen über Soziale Sicherheit sowie der Abkommen über Soziale Sicherheit
Die EG- bzw. EWG-Verordnungen über Soziale Sicherheit(3) sowie die Abkommen über Soziale Sicherheit sind nur anwendbar,
- a)
wenn die betreffenden Personen von deren persönlichem Geltungsbereich (Besitz der erforderlichen Staatsangehörigkeit) erfasst werden,
- b)
hinsichtlich der erfassten Sozialversicherungszweige bzw. Risikobereiche (sachlicher Geltungsbereich) und
- c)
wenn sie sich auf das jeweilige Staatsgebiet, in dem der Auslandseinsatz erfolgt, erstrecken (gebietlicher Geltungsbereich).
Der gebietliche Geltungsbereich erstreckt sich in der Regel auf das Hoheitsgebiet des jeweiligen EU- bzw. EWR-Staates (in Bezug auf das EG-Recht) bzw. der vertragschließenden Staaten (in Bezug auf das Abkommensrecht).
Folgende Besonderheiten sind für den EU-/EWR-Bereich von Bedeutung:
DÄNEMARK:
Die Abgrenzungsvorschriften der EG-Verordnung Nr. 883/2004 sowie die EWG-Verordnung Nr. 1408/71 sind nicht anwendbar für die Färöer und das Gebiet von Grönland. Für Entsendungen in diese Gebiete gilt § 4 SGB IV.Bei Entsendung türkischer Staatsangehöriger nach Dänemark wenden Sie sich bitte an den GKV-Spitzenverband, DVKA, um prüfen zu lassen, ob die Regelungen des deutsch-dänischen Abkommens über Soziale Sicherheit auf den Arbeitnehmer anzuwenden sind.
FRANKREICH:
Unter den Geltungsbereich der EG-Verordnung Nr. 883/2004 fallen - neben dem Staatsgebiet Frankreichs in Europa - Korsika sowie die überseeischen Departements Französisch-Guyana, Guadeloupe, Martinique, Réunion, Saint Barthelmy, Saint Martin sowie seit dem 01.01.2014 Mayotte. Nicht zum Hoheitsgebiet der Republik Frankreich gehören dagegen die überseeischen Territorien (französische Gebiete in Australien und der Antarktis, Französisch-Polynesien, Neukaledonien, St. Pierre et Miquelon, Wallis et Futuna) sowie das Fürstentum Monaco und Andorra.ITALIEN:
Die EG-Verordnung Nr. 883/2004 gilt nicht für San Marino und den Vatikanstaat.NIEDERLANDE:
Die EG-Verordnung Nr. 883/2004 gilt nicht für die außereuropäischen Hoheitsgebiete.NORWEGEN:
Für EU-/EWR-Staatsangehörige galt bei Sachverhalten mit Norwegen bis 31.05.2012 die EWG-Verordnung Nr. 1408/71. Seit 01.06.2012 gilt für diese Personen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Norwegen die EG-Verordnung Nr. 883/2004. Beide sind jedoch nicht anwendbar für das Gebiet Svalbard (Spitzbergen und Bäreninsel).PORTUGAL:
Der gebietliche Geltungsbereich der EG-Verordnung Nr. 883/2004 umfasst neben dem portugiesischen Festland auch die autonomen Regionen Azoren und Madeira.SPANIEN:
Der gebietliche Geltungsbereich der EG-Verordnung Nr. 883/2004 umfasst neben dem Staatsgebiet auf dem europäischen Festland auch die Balearen und die Kanarischen Inseln sowie die nordafrikanischen Städte Ceuta und Melilla.VEREINIGTES KÖNIGREICH GROßBRITANNIEN UND NORDIRLAND GRDS. NUR BIS 31.12.2020:(4)
Die EG-Verordnung Nr. 883/2004 als auch das zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommen sind nicht anwendbar auf die Kanalinseln und die Insel Man. Bei Entsendung auf die Insel Man ist aber das deutsch-britische Abkommen über Soziale Sicherheit zu beachten, dass auch Zuständigkeitsregelungen für den Fall einer Entsendung enthält.Für Drittstaatsangehörige, also
bis 31.03.2012 alle Nicht-EU-Staatsangehörigen,
seit 01.04.2012 alle Nicht-EU-Staatsangehörigen mit Ausnahme von Schweizern und
seit 01.06.2012 alle Nicht-EU-/EWR-Staatsangehörigen mit Ausnahme von Schweizern
galten bzw. gelten in Bezug auf das Vereinigte Königreich, bis zum 31.12.2020, abgesehen von Übergangsfällen, die Regelungen der EWG-Verordnung Nr. 1408/71.(5)
ZYPERN:
Die EG-Verordnung Nr. 883/2004 gilt nicht für den türkischen Teil Zyperns.
Folgende Besonderheiten sind für den Abkommensbereich von Bedeutung:
CHINA:
Der gebietliche Geltungsbereich erfasst nicht die Sonderverwaltungsgebiete Hongkong und Macao.KOREA:
Gilt nur für Südkorea.USA:
Der gebietliche Geltungsbereich umfasst neben den Bundesstaaten auch den District Columbia, den Freistaat Puerto Rico, die Jungferninseln, Guam, Amerikanisch-Samoa und den Bund der Nördlichen Marianen.
Weitere Besonderheiten finden Sie im Fachbeitrag Ausstrahlung - Überblick.
Siehe auch
Auslandsaufenthalt - BeschäftigungAusstrahlungAusstrahlung - ÜberblickEinstrahlungEntsendung - EWR-StaatEntsendung - AbkommensstaatEntsendung - AusnahmevereinbarungenEntsendung - LeistungenEntsendebeschäftigung - AlbanienEntsendebeschäftigung - AustralienEntsendebeschäftigung - Bosnien-HerzegowinaEntsendebeschäftigung - BrasilienEntsendebeschäftigung - ChileEntsendebeschäftigung - ChinaEntsendebeschäftigung - EWR-StaatEntsendebeschäftigung - IndienEntsendebeschäftigung - IsraelEntsendebeschäftigung - JapanEntsendebeschäftigung - KanadaEntsendebeschäftigung - KoreaEntsendebeschäftigung - KroatienEntsendebeschäftigung - MarokkoEntsendebeschäftigung - MontenegroEntsendebeschäftigung - NordmazedonienEntsendebeschäftigung - PhilippinenEntsendebeschäftigung - QuebecEntsendebeschäftigung - Republik MoldauEntsendebeschäftigung - SerbienEntsendebeschäftigung - TürkeiEntsendebeschäftigung - TunesienEntsendebeschäftigung - UruguayEntsendebeschäftigung - USAEG-Verordnung Nr. 883-2004Kostenerstattung - Ausland
Anmerkung 1:
Die EG-Verordnungen gelten auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige und Schweizer) haben.
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommen, traten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten.
Auf Neusachverhalte seit dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden. Nähere Details hierzu finden sie im Fachbeitrag Vereinigtes Königreich.
Bitte beachten Sie, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung – VO (EU) Nr. 1231/10 – bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.
Anmerkung 2:
Die EG-Verordnungen gelten inzwischen auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark und Vereinigtes Königreich, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige sowie Schweizer) haben.
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Austrittsabkommen, treten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein. Zahlreiche Personenkreise, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG-Verordnungen aufrechterhalten (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten.
Auf Neusachverhalte seit dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden.
Bitte beachten Sie jedoch, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Lichtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung - VO (EU) Nr. 1231/10 - bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.
Anmerkung 3:
Vgl. Anmerkung 1.
Anmerkung 4:
Vgl. Anm. 1.
Anmerkung 5:
Vgl. Anm. 1.