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Vollstationäre Pflege
Vollstationäre Pflege
Normen
§ 43 SGB XI
Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI vom 21.04.2020
Kurzinfo
Vollstationäre Pflege wird insbesondere bei folgenden Situationen erforderlich sein:
Fehlen einer Pflegeperson,
fehlender Pflegebereitschaft möglicher Pflegepersonen,
drohender oder bereits eingetretener Überforderung der Pflegepersonen,
drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung des Pflegebedürftigen,
Selbst- und Fremdgefährdungstendenzen des Pflegebedürftigen,
räumlichen Gegebenheiten im häuslichen Bereich, die keine häusliche Pflege ermöglichen und durch Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs. 4 SGB XI) nicht verbessert werden können.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
1. Vollstationäre Pflege
1.1 Leistungsinhalt
Die Pflegekassen übernehmen die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege und der Betreuung in pauschalierter Form. Es gelten folgende monatliche Pauschbeträge:
- Pflegegrad 2: 770,00 EUR,
- Pflegegrad 3: 1.262,00 EUR,
- Pflegegrad 4: 1.775,00 EUR,
- Pflegegrad 5: 2.005,00 EUR.
Mit dem 01.01.2022 führt der Gesetzgeber die Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen ein. Es wird ein Leistungszuschlag - gekoppelt an der Bezugsdauer von den aufgeführten Leistungen nach § 43 SGB XI - geleistet (§ 43c SGB XI). Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2-5 erhalten nach diesen Regelungen einen Zuschuss für die pflegebedingten Eigenanteile wie folgt:
- mit Beginn der vollstationären Pflege in Höhe von 5 %,
- mit mehr als zwölf Monaten der vollstationären Pflege von 25 %,
- ab dem dritten Jahr der vollstationären Pflege von 45 %,
- ab dem vierten Jahr der vollstationären Pflege von 70 %.
Die Pflegeeinrichtung stellt der Pflegekasse diesen Leistungszuschlag neben den bisherigen Beträgen nach § 43 SGB XI in Rechnung.
Für Versicherte, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben, besteht unbenommen der i.R.d. stationären Pflege zu erbringenden medizinischen Behandlungspflege ein Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Hierbei handelt es sich um eine besondere, eng begrenzte Personengruppe mit besonders hohem Versorgungsbedarf in der medizinischen Betreuung.
Bei Einzug, Auszug oder Tod des Pflegebedürftigen besteht auch für den Teilmonat ein Anspruch auf den Pauschbetrag. Die Zahlungspflicht der Heimbewohner und der Pflegekasse endet mit dem Tag, an dem der Pflegebedürftige aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt.
1.2 Abwesenheitsregelungen
Ein Pflegeplatz ist bei vorübergehender Abwesenheit eines Pflegebedürftigen für einen Zeitraum von bis zu 42 Tagen im Kalenderjahr freizuhalten. Der Abwesenheitszeitraum verlängert sich über die 42 Tage hinaus bei vollstationärer Krankenhausbehandlung und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen um die Dauer dieser Aufenthalte. Für diesen Zeitraum besteht Anspruch auf Leistungen nach § 43 SGB XI (§ 87a Abs. 1 Satz 5 SGB XI).
Während der ersten drei Abwesenheitstage hat das Pflegeheim Anspruch auf die volle Pflegevergütung. Für Abwesenheitszeiten von mehr als drei Tagen sind in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI Abschläge von mindestens 25 % der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach § 92b SGB XI (integrierte Versorgung) vorzusehen.
Das Nähere zur Berechnung der Abwesenheitszeiträume und zur Kürzung der Pflegevergütung regeln die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI. Diese vertraglichen Regelungen finden bei der Ermittlung der pflegebedingten Aufwendungen Berücksichtigung.
1.3 Kombination von ambulanten und stationären Leistungen
Es besteht die Möglichkeit, Leistungen der vollstationären Pflege mit ambulanten Pflegeleistungen zu kombinieren und unter Berücksichtigung des für die häusliche Pflege geltenden Budgets nach § 36 Abs. 3 SGB XI in Anspruch zu nehmen. Bei der Ermittlung der Höhe der Geldleistung sind die Regelungen der Kombinationsleistung gem. § 38 Satz 2 SGB XI anzuwenden. Folglich ist der i.R.d. vollstationären Pflege in Anspruch genommene Sachleistungsanteil ins Verhältnis zum Sachleistungshöchstbetrag nach § 36 Abs. 3 SGB XI zu setzen. Die so ermittelte Quote ist für den Anteil der Geldleistung für den gesamten Monat maßgebend. Auf dieser Grundlage ist der Geldleistungsanteil mit der Zahl der zuhause verbrachten Pflegetage zu multiplizieren und durch 30 zu dividieren.
Bei einem Wechsel zwischen häuslicher und vollstationärer Pflege im Laufe des Monats besteht für die Zeit der häuslichen Pflege Anspruch auf die volle Sachleistung, d.h. Leistungen der häuslichen Pflege können bis zu den in § 36 Abs. 3 SGB XI festgelegten Höchstgrenzen der einzelnen Pflegegrade ausgeschöpft werden. Gleiches gilt auch für die teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI. Bei Zahlung von Pflegegeld ist ein anteiliges Pflegegeld für die tatsächlichen Tage der häuslichen Pflege (einschließlich Aufnahme- und Entlassungstag) zu zahlen. Bei einem Wechsel aus der Kurzzeitpflege in die vollstationäre Pflege besteht, unabhängig vom Pflegegrad, für die in dem Teilmonat erfolgte Kurzzeitpflege ein Leistungsanspruch bis zum jeweiligen Höchstbetrag, soweit dieser Betrag bzw. der Höchstanspruchszeitraum im Kalenderjahr noch nicht ausgeschöpft wurde. Wird für die Kurzzeitpflege der nicht verbrauchte Leistungsbetrag der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI verwendet, erhöht sich der Leistungsanspruch bis zum jeweiligen Höchstbetrag für längstens acht Wochen im Kalenderjahr. Darüber hinaus kommt für die Zeiten des Monats, die nicht durch Kurzzeitpflege bzw. vollstationäre Pflege belegt sind, ggf. die Zahlung der Sachleistung bis zu festgelegten Höchstgrenzen bzw. das anteilige Pflegegeld in Betracht.
Für die Zeit der vollstationären Pflege besteht auch für den Teilmonat Anspruch auf den Pauschbetrag. Für den Verlegungstag von einer Kurzzeitpflegeeinrichtung in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung darf nur die vollstationäre Pflegeeinrichtung ein Heimentgelt berechnen (§ 87a Abs. 1 Satz 3 SGB XI).
Mit der Einführung des § 37c SGB V wird ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege eingeführt. Der Anspruch besteht für Versicherte, die einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Versicherte erhalten außerklinische Intensivpflege u.a. in vollstationären Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach § 43 SGB XI erbringen (die Aufzählung des § 37c Abs. 2 SGB XI lassen unterschiedliche Leistungsorte zu).
Erfolgt die außerklinische Intensivpflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung, die Leistungen nach § 43 SGB XI erbringt, umfasst der Anspruch die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege in der Einrichtung unter Anrechnung des Leistungsbetrages nach § 43 SGB XI, die betriebsnotwendigen Investitionskosten sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung. Entfällt der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege aufgrund einer Besserung des Gesundheitszustandes, sind die Leistungen für sechs Monate weiter zur Verfügung zu stellen, wenn eine Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 2 bis 5 festgestellt ist.
1.4 Berechnung des Heimentgeltes bei Aufforderung der Pflegeeinrichtung einen Höherstufungsantrag zu stellen
Erhöht sich der Pflegebedarf des Pflegebedürftigen, sollte der Pflegebedürftige einen Antrag auf einen höheren Pflegegrad stellen, da die Pflegeeinrichtung Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung hat, die dem Pflegeaufwand des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit entspricht.
Die Pflegeeinrichtung kann den Pflegebedürftigen schriftlich auffordern einen Höherstufungsantrag bei seiner Pflegekasse zu stellen. Die Pflegeeinrichtung hat allerdings - ggf. anhand der Pflegedokumentation - gegenüber dem Pflegebedürftigen zu begründen, aus welchen Tatsachen heraus ein höherer Pflegeaufwand besteht. Die Aufforderung zur Stellung eines Antrages auf Höherstufung ist auch der Pflegekasse zuzuleiten. Weigert sich der Pflegebedürftige einen Antrag auf Höherstufung bei seiner Pflegekasse zu stellen, kann die Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach dem nächst höheren Pflegegrad berechnen. Diese Regelung hält allerdings an dem Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Antragstellung des Pflegebedürftigen fest. Das heißt bei fortbestehender Verweigerung des Pflegebedürftigen, kann die Pflegekasse nur auf der Grundlage des aktuellen Leistungsbescheides die Leistungen gewähren.
Anspruchsberechtigte sollten i.R.d. Beratung darauf hingewiesen werden, dass ihnen durch die Einführung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils nach § 84 Abs. 2 SGB XI durch die Höherstufung keine höheren Eigenanteile entstehen.
Stellt der Pflegebedürftige, nach Aufforderung durch die Pflegeeinrichtung, einen Höherstufungsantrag, ist der MD oder ein von der Pflegekasse beauftragter Gutachter einzuschalten. Werden die Voraussetzungen für einen höheren Pflegegrad durch den MD oder den beauftragten Gutachter nicht bestätigt und lehnt die Pflegekasse auf der Grundlage des Gutachtens des MD oder des von ihr beauftragten Gutachters eine Höherstufung ab, hat die Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen den überzahlten Betrag unverzüglich zurückzuzahlen. Der Rückzahlungsbetrag ist mit wenigstens 5 % zu verzinsen.
1.5 Leistungen in nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen
Begeben sich Pflegebedürftige in nicht zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtungen (keine Einrichtungen i.S.d. § 71 Abs. 4 SGB XI), können keine Leistungen der vollstationären Pflege erbracht werden.
Wird allerdings die Pflege durch einen zugelassenen Pflegedienst erbracht, besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI.
Dies gilt auch dann, wenn die stationäre Einrichtung selbst einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst betreibt, der die Leistungen erbringt. Dem Pflegebedürftigen muss jedoch die Möglichkeit gegeben werden, von seinem Wahlrecht nach § 2 Abs. 2 SGB XI Gebrauch machen zu können. Im Übrigen besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 aufgrund der insoweit selbst sichergestellten Pflege ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI.
2. Zeitlich befristete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung während der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Pandemie
Ist eine pflegerische Versorgung von bereits vollstationär versorgten Pflegebedürftigen in einer vollstationären Pflegeeinrichtung aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie quarantänebedingt nicht zu gewährleisten, kann diese für die Dauer von maximal 14 Kalendertagen in dem Zeitraum vom 23.05.2020 bis einschließlich 30.09.2020 auch in einer Einrichtung erbracht werden, die Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt (anderweitige vollstationäre pflegerische Versorgung). Im begründeten Einzelfall kann in Abstimmung mit der Pflegekasse des Pflegebedürftigen auch eine pflegerische Versorgung von mehr als 14 Tagen in einer Einrichtung erbracht werden, die Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt (§ 149 Abs. 3 SGB XI).
Der Pflegeplatz des Pflegebedürftigen ist von der bisherigen vollstationären Pflegeeinrichtung während seiner Abwesenheit freizuhalten. Die Berechnung des Heimentgeltes und seine Zahlung an die bisherige vollstationäre Pflegeeinrichtung sowie der nach § 43 SGB XI von der Pflegekasse an die bisherige vollstationäre Pflegeeinrichtung zu gewährende Leistungsbetrag bleiben unverändert.
Die Vergütung der anderweitigen vollstationären pflegerischen Versorgung richtet sich nach dem durchschnittlichen Vergütungssatz nach § 111 SGB V und wird entsprechend dem Verfahren nach § 150 SGB XI erstattet.
Hinweis:
Das Bundesministerium für Gesundheit kann nach einer erneuten Risikobeurteilung bei Fortbestehen oder erneutem Risiko für ein Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 den Befristungszeitraum der §§ 147 bis 151 SGB XI jeweils durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates um jeweils bis zu einem halben Jahr verlängern (§ 152 SGB XI).