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BAG, 09.12.1955 - 1 AZR 531/54 - Kündigung; Soziale Rechtfertigung; Anhörung des Betriebsrats; Tatbestand des Berufungsurteils; Beweis; Parteivorbringen; Sitzungsprotokoll; Berichtigung des Tatbestands; Tatbestandsberichtigung; Stützung des Auflösungsantrags; Abfindung
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 09.12.1955, Az.: 1 AZR 531/54
Kündigung; Soziale Rechtfertigung; Anhörung des Betriebsrats; Tatbestand des Berufungsurteils; Beweis; Parteivorbringen; Sitzungsprotokoll; Berichtigung des Tatbestands; Tatbestandsberichtigung; Stützung des Auflösungsantrags; Abfindung
Verfahrensgang:
vorgehend:
LAG Stuttgart 25.09.1954 - II Sa 135/54
Fundstellen:
AP Nr. 2 zu § 7 KSchG
DB 1956, 114 (Volltext mit amtl. LS)
SAE 1956, 103
BAG, 09.12.1955 - 1 AZR 531/54
Amtlicher Leitsatz:
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß der Arbeitgeber sich auf Gründe, die die Kündigung sozial rechtfertigen, nicht berufen kann, wenn er die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung rechtswidrig, vorsätzlich und schuldhaft unterlassen hat.
2. Der Tatbestand des Berufungsurteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden. Stellt der Tatbestand des Urteils fest, daß ein bestimmter Sachverhalt unstreitig ist, so liefert er im Rahmen des ZPO § 314 den Beweis dafür, daß beide Parteien diesen Sachverhalt übereinstimmend vorgetragen haben.
3. Ist eine Partei der Ansicht, daß der Tatbestand unrichtig ist, so kann sie bei dem Gericht, das das Urteil gefällt hat, Berichtigung des Tatbestands beantragen. Das besondere Verfahren der Tatbestandsberichtigung ist das vom Gesetzgeber gewollte und geschaffene Ventil, die strenge Vorschrift des ZPO § 314 erträglich zu machen.
4. Beschreitet eine Partei den Weg der Tatbestandsberichtigung nicht, so kann sie im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht damit gehört werden, der Tatbestand stelle etwas als unstreitig dar, was streitig gewesen sei. Sie muß sich damit abfinden, daß die Feststellung, der Sachverhalt sei unstreitig, das Revisionsgericht bindet.
5. Beantragt der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht erwarten lassen, so ist er mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, eine Zerrüttung der persönlichen Beziehungen nachzuweisen, nicht beweispflichtig dafür, daß ein solcher Zustand vorliegt. Es genügt, wenn die Gründe, ihre Richtigkeit unterstellt, objektiv geeignet sind, eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit unwahrscheinlich zu machen oder zu gefährden. Die gleichen Gründe, die zwar eine Kündigung nicht sozial rechtfertigen, können gleichwohl für die Begründung des Auflösungsantrags ausreichen.
6. Der Arbeitnehmer ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, daß die vom Arbeitgeber zur Stützung des Auflösungsantrags vorgetragenen Gründe in wesentlichen Punkten unrichtig sind oder daß Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß die Kündigung offensichtlich willkürlich oder aus nichtigen Gründen unter Mißbrauch der Machtstellung des Arbeitgebers im Betrieb erfolgt ist.
7. Das Revisionsgericht hat über den Auflösungsantrag selbst zu entscheiden, wenn bei Aufhebung des Urteils wegen Verkennung der Bedeutung des KSchG § 7 Abs 1 durch das Berufungsgericht bei Anwendung dieser Vorschrift auf den festgestellten Sachverhalt der Auflösungsantrag begründet ist. Zugleich hat das Revisionsgericht dann den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen.
8. Wird das Arbeitsverhältnis durch Urteil aufgelöst, so braucht im Urteilstenor die Unwirksamkeit der Kündigung nicht mehr ausgesprochen zu werden. Es genügt, wenn diese Feststellung in den Gründen getroffen wird.
9. Ein Arbeitnehmer, der im Wege der Kündigungsschutzklage mit dem Antrag auf Feststellung, daß die Kündigung des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe, durchdringt, sich jedoch gegen den Auflösungsantrag des Arbeitgebers erfolglos wehrt, obsiegt zum Teil, teils unterliegt er. Das ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen.