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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Tit. 6.2 RdSchr. vom 26.11.2020, Frage des Ausschlusses des deutschen Sozialversicherungsrechts durch Abkommen
Tit. 6.2 RdSchr. vom 26.11.2020
Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei internationalen Organisationen für die Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner
Tit. 6 – Versicherungsrechtliche Aspekte
Tit. 6.2 RdSchr. vom 26.11.2020 – Frage des Ausschlusses des deutschen Sozialversicherungsrechts durch Abkommen
(1) In der Regel existieren bei den internationalen Organisationen, die ihren Sitz oder einen Nebensitz in Deutschland haben, sog. Sitzabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der jeweiligen Organisation. Bei den EU-Organisationen ist dies offenbar nicht immer der Fall, da für diesen Bereich Vorrechte und Befreiungen bereits in dem Vertrag über die EU (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise in der EU (AEUV) geregelt sind.
(2) In den Sitzabkommen ist in der Regel vorgesehen, dass die Beschäftigten der Organisation nicht dem Sozialrecht, und auch nicht dem Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland, unterliegen. Fraglich ist, ob dieser Ausschluss auch die ehemaligen Beschäftigten im Ruhestand erfasst, wenn sie - als Empfänger eines Ruhegehalts der Organisation oder ohne Ruhegehalt - weiterhin dem Sonderversorgungssystem bzw. dem Krankheitsfürsorgesystem der Organisation angehören. In den Sitzabkommen bezieht sich dieser Ausschluss oft nicht ausdrücklich auf die ehemaligen Beschäftigten bzw. die Empfänger eines Ruhegehalts.
(3) Sitzabkommen, die zwischen anderen Staaten (als die, die von § 1 RVIOBeschZG erfasst sind) und internationalen Organisationen bestehen, können für die ehemaligen Beschäftigten keine das deutsche Sozialversicherungsrecht ausschließende Wirkung entfalten.
(4) Für die Bewertung, ob die mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Sitzabkommen einen Ausschluss der Versicherungspflicht in der KVdR bewirken (sollen), kann hilfsweise das Gaststaatgesetz vom 30. November 2019 herangezogen werden, welches einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Ansiedlung internationaler Nicht-EU-Organisationen und Einrichtungen in Deutschland schafft. Es löst die bestehenden Sitzabkommen zwar nicht ab, soll jedoch im Fall der Neuansiedlung von Organisationen den Abschluss eines Sitzabkommens in der bisherigen Komplexität entbehrlich machen. Das Gaststaatgesetz nimmt in erster Linie die aktiv Bediensteten der internationalen Organisation oder Einrichtungen, die dem von der Organisation zur Verfügung gestellten System der sozialen Sicherheit angehören, in Bezug auf ihre Beschäftigung für die Organisation von der Anwendung der deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen aus (§ 19 Absatz 1 Satz 1). Dies gilt für ihre unmittelbaren Angehörigen in Bezug auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen und privaten Kranken- sowie sozialen und privaten Pflegeversicherung gleichermaßen (§ 19 Absatz 2). Bedienstete im Ruhestand, die weiterhin einen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall über das System der internationalen Organisation haben oder von der Möglichkeit einer Weiterversicherung in diesem System Gebrauch machen, werden nach ausdrücklicher Erwähnung in § 19 Absatz 1 Satz 5 nicht aufgrund eines ständigen Aufenthaltes oder Wohnsitzes in Deutschland in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung und sozialen und privaten Pflegeversicherung versicherungspflichtig. Damit sind sie von der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V und von der Pflicht zur Versicherung nach § 193 Absatz 3 VVG (in der PKV) ausgenommen. Eine weitere "Befreiung" von der Krankenversicherungspflicht für Bedienstete im Ruhestand sieht das Gaststaatgesetz hingegen nicht vor.
(5) In dem hier vorliegenden Zusammenhang wird angenommen, dass die bestehenden Sitzabkommen (mit der Bundesrepublik Deutschland) vergleichbare oder ähnliche Regelungen enthalten. Das bedeutet, dass Bedienstete im Ruhestand, die (weiterhin) einen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall über das System der internationalen Organisation haben, durch das Abkommen nicht ausdrücklich von der Versicherungspflicht in der KVdR befreit sind.
(6) Dies führt zu weitergehenden Überlegungen, ob dieser Personenkreis nach den nationalen Regelungen von der Versicherungspflicht kraft Gesetzes oder auf Antrag von der Versicherungspflicht ausgenommen ist bzw. werden kann (vgl. 6.3 bis 6.5).