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BAG, 14.03.1989 - 3 AZR 361/85 - Anspruch auf Abschluss einer Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL); Zusatzversorgung bei Teilzeitbeschäftigung; Auslegung einer Tarifnorm nach Systematik und Zweck; Geringfügige Beschäftigung einer teilzeitbeschäftigten Reinigungskraft; Auslegung des Begriffs der "regelmäßigen" Arbeitszeit; Voraussetzungen für eine Zusatzversicherung bei der VBL; Möglichkeit der rückwirkenden Begründung des Versicherungsverhältnisses
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 14.03.1989, Az.: 3 AZR 361/85
Anspruch auf Abschluss einer Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL); Zusatzversorgung bei Teilzeitbeschäftigung; Auslegung einer Tarifnorm nach Systematik und Zweck; Geringfügige Beschäftigung einer teilzeitbeschäftigten Reinigungskraft; Auslegung des Begriffs der "regelmäßigen" Arbeitszeit; Voraussetzungen für eine Zusatzversicherung bei der VBL; Möglichkeit der rückwirkenden Begründung des Versicherungsverhältnisses
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Stade - 26.03.1984 - AZ: 1 Ca 64/84
LAG Niedersachsen - 14.03.1985 - AZ: 10 Sa 58/84
Rechtsgrundlagen:
§ 5 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966
§ 1 Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II)
§ 3 Abs. 1 lit. d BMT-G II
§ 12 BMT-G II
§ 14 Abs. 1 BMT-G II
§ 67 Nr. 7 BMT-G II
§ 3 lit. q BAT
§ 5 VersorgungsTV
§ 2 lit. c VersorgungsTV
§ 2 VBL-Satzung6
TarifR öD
Fundstellen:
BAGE 61, 182 - 189
DB 1990, 330-331 (Volltext mit amtl. LS)
NZA 1989, 882
RdA 1989, 376
ZfPR 1991, 52 (amtl. Leitsatz)
BAG, 14.03.1989 - 3 AZR 361/85
Amtlicher Leitsatz:
- 1.
Eine Reinigungskraft in einer Schule, die während der Schulzeit 21 Stunden in der Woche tätig ist, dafür in den Schulferien von der Arbeit freigestellt wird, arbeitet "regelmäßig" im Sinne von § 67 Nr. 7 BMT-G II 21 Stunden in der Woche. Diese regelmäßige Arbeitszeit ist zugleich die durchschnittliche Arbeitszeit.
- 2.
Eine solche Arbeitnehmerin ist nicht vom persönlichen Geltungsbereich des BMT-G II und vom Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 ausgenommen. Eine solche Arbeitnehmerin ist bei der VBL zu versichern.
- 3.
Der Senat läßt offen, ob der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Altersversorgung gegen das Verbot der unterschiedlichen Behandlung nach § 2 BeschFG oder gegen das Lohngleichheitsgebot Art 3 Abs 2 GG und Art 119 EWG-Vertrag verstößt.
In dem Rechtsstreit
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 1989
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Heither,
die Richter Schaub und Griebeling sowie
die ehrenamtlichen Richter Dr. Kiefer und Paul-Reichart
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. März 1985 - 10 Sa 58/84 - aufgehoben.
- 2.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 26. März 1984 - 1 Ca 64/84 - abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der beklagte Landkreis verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. April 1974 bei der VBL zu versichern.
- 3.
Der beklagte Landkreis hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1
Die teilzeitbeschäftigte Klägerin verlangt den Abschluß einer Zusatzversicherung im öffentlichen Dienst.
2
Die am 12. Juni 1934 geborene Klägerin trat am 1. September 1973 in die Dienste des Landkreises W..., dessen Rechtsnachfolger der beklagte Landkreis C... ist. Die Klägerin ist als Reinigungskraft in einer Schule beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Klägerin wurde die wöchentlich zu vergütende Arbeitszeit mit 18 Stunden festgesetzt. Während der Schulferien wurde die Schule mit Ausnahme einer Grundreinigung nicht gesäubert. Die in dieser Zeit ausfallende Arbeitszeit mußte während der Unterrichtszeit nachgeholt werden, so daß die Klägerin wöchentlich 21 Stunden arbeiten mußte. In einem weiteren schriftlichen Arbeitsvertrag vom 9. Oktober 1979 vereinbarten die Parteien, daß die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1979 als geringfügig beschäftigte Arbeiterin mit einer Wochenarbeitszeit von 18 Stunden weiterbeschäftigt werde. Das Arbeitsverhältnis richte sich nach den Sondervereinbarungen gemäß § 2 Buchst. i) BMT-G II für nicht vollbeschäftigte Arbeiter (Anlage 9 zum BMT-G II) und den Bestimmungen des BMT-G II vom 31. Januar 1962 mit Ausnahme der §§ 12, 40 und 52, in denen u.a. die Zusatzversorgung geregelt ist.
3
Der Beklagte und sein Rechtsvorgänger haben die Klägerin nicht bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert. Die Klägerin ist seit dem 1. April 1974 Mitglied der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse sie ab 1. April 1974 bei der VBL versichern. Sie leiste durchschnittlich mehr als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Berechnung der regelmäßigen Arbeitszeit sei nach § 14 Abs. 1 BMT-G II ein Zeitraum von acht Wochen zugrunde zu legen.
5
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin ab 1. April 1974 gemäß § 12 BMT-G II bei der VBL zu versichern;
- 2.
hilfsweise festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, im Falle des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben der Klägerin den Unterschiedsbetrag zwischen der gesetzlichen Rente und der Gesamtversorgung gemäß § 12 BMT-G II laufend dynamisiert in monatlichen Raten zu zahlen.
6
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
7
Er hat die Ansicht vertreten, daß die Klägerin nicht versicherungspflichtig gewesen sei, da sie mit 18 Stunden wöchentlich nicht mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten geleistet habe. Die tatsächlich abweichenden Arbeitsleistungen während der Unterrichtszeit stünden dem nicht entgegen. Zum Ausgleich müßten die Schulferien berücksichtigt werden, in denen keine Reinigung anfalle, für die die Klägerin aber auch keinen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch habe. Als Ausgleichs- und Durchschnittszeitraum sei das Kalenderjahr vereinbart.
8
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Anträge weiterverfolgt.
Gründe
9
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Versicherung bei der VBL verlangen.
10
I.
Die Klage ist zulässig. Mit ihrem Hauptantrag begehrt die Klägerin die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, sie ab 1. April 1974 bei der VBL zu versichern. Mit ihrem Hilfsantrag verlangt sie dagegen Schadenersatz für den Fall, daß ihre Versicherung nicht mehr möglich ist. Aus ihrem Sachvorbringen ergibt sich, daß beide Anträge im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag gestellt werden, so daß eine alternative Entscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. BAGE 32, 200, 202 [BAG 29.11.1979 - 3 AZR 404/78] = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL, zu I der Gründe, mit im Ergebnis zustimmender Anmerkung von Brox;Urteil vom 23. Februar 1988 - 3 AZR 408/86 - AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu I 1, 2 der Gründe). Der Hauptantrag ist als Feststellungsantrag zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Es geht um die Verpflichtung zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses. An der Feststellung dieser Verpflichtung hat die Klägerin ein rechtliches Interesse, da ihre Altersversorgung von der Versicherung abhängt.
11
II.
Die Klägerin kann verlangen, daß der beklagte Landkreis sie bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert, damit sie aus dem Versicherungsverhältnis Ansprüche auf Versorgungsleistungen erlangt.
12
1.
Nach § 12 Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe eines besonderen Tarifvertrages. Nach § 5 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 (GMBl 1966, 627) mit späteren Änderungen war ein Arbeitnehmer bei der VBL nach Maßgabe der Satzung und ihrer Ausführungsbestimmungen zu versichern, wenn er das 17. Lebensjahr vollendet hatte und seine arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens 20 Stunden betrug.
13
Diese Tarifnormen gelten unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 TVG). Beide Parteien sind tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG). Entgegenstehende Vereinbarungen der Parteien eines Arbeitsvertrages sind rechtsunwirksam (§ 4 Abs. 1 TVG, § 134 BGB).
14
2.
Der Versorgungs-TV gilt für die Arbeitgeber, die sich als Mitglieder der Mitgliedverbände der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände an der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) beteiligt haben (§ 3 des TV). Der beklagte Landkreis gehörte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den an der VBL beteiligten kommunalen Arbeitgebern. Er ist damit nach § 2 lit. c vom Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe (VersTV-G) vom 6. März 1967 ausgenommen.
15
Die Klägerin kann Rechte aus dem Versorgungs-TV geltend machen, weil sie als Arbeiterin unter den Geltungsbereich des BMT-G II fiel. Nach § 1 BMT-G II gilt der BMT-G II für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe im Bundesgebiet. Dazu gehörte die Klägerin als Reinigungskraft.
16
Das Arbeitsverhältnis war - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht vom Geltungsbereich des BMT-G II ausgenommen. Die Klägerin gehörte nicht zu den nur geringfügig Beschäftigten.
17
Nach § 3 Abs. 1 lit. d BMT-G II sind geringfügig beschäftigte Arbeiter aus dem persönlichen Geltungsbereich des BMT-G II ausgenommen. Was geringfügig Beschäftigte sind, bestimmt § 67 Nr. 7 BMT-G II. Es sind Arbeiter, deren regelmäßige Arbeitszeit weniger als durchschnittlich 20 Stunden (und seit dem 1. Januar 1988 weniger als 18 Stunden) wöchentlich beträgt. Damit entspricht der BMT-G II dem BAT, der in § 3 lit. q Angestellte, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden (und seit dem 1. Januar 1988 weniger als 18 Stunden) beträgt, von seinem Geltungsbereich ausnimmt. Der beklagte Landkreis will den zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung in der Weise ermitteln, daß er auf die Gesamtarbeitszeit der Klägerin im Jahresdurchschnitt abstellt und alsdann durch die Zahl der Wochen teilt. Auf diese Weise errechnet er eine wöchentliche Arbeitszeit von 18 Stunden. Das hält der Senat nicht für richtig. Maßgebend ist vielmehr die wöchentliche Arbeitszeit, die die Klägerin - während des ganzen Jahres mit Ausnahme der Schulferien - zu leisten hatte. Das waren nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 21 Stunden in der Woche. Dabei ist für die Beurteilung unerheblich, ob der Beklagte in zulässiger Weise die Jahresarbeitszeit auf 39 Wochen verteilen kann.
18
a)
Die Klägerin arbeitete regelmäßig 21 Stunden in der Woche.
19
aa)
Tarifverträge sind nach ihrem Wortsinn, ihrem systematischer Zusammenhang und dem mit den Tarifnormen verfolgten Zweck auszulegen. Der subjektive Wille der Tarifvertragsparteien ist nur dann entscheidend, wenn er im Wortlaut einen für die Dritten erkennbaren Niederschlag gefunden hat (vgl. BAGE 18, 278, 282 ff. [BAG 26.04.1966 - 1 AZR 242/65][BAG 26.04.1966 - 1 AZR 242/65] = AP Nr. 117 zu § 1 TVG Auslegung, zu II der Gründe;Urteil vom 13. Juni 1973 - 4 AZR 445/75 - AP Nr. 123 zu § 1 TVG Auslegung, zu 2 der Gründe;Urteil vom 11. Dezember 1974 - 4 AZR 108/74 - AP Nr. 124 zu § 1 TVG Auslegung, zu II der Gründe; BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl. 1977, § 1 Rz 390).
20
bb)
Nach dem Sprachsinn hat der Begriff "regelmäßig" die Bedeutung einer fast ausnahmslos geübten Gewohnheit und zum anderen eine gleichmäßige Folge immer wiederkehrender Vorgänge (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 5, 1980, S. 2121, Stichwort: Regel; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1986/87, S. 1049, Stichwort: Regel). Regelmäßig sind Vorgänge dann, wenn sie in einer bestimmten Ordnung, in bestimmten Abständen und in gleichförmiger Aufeinanderfolge wiederkehren. Nicht notwendig ist, daß das Geschehen stets gleichbleibend verläuft. Schwankungen und Ausnahmen sind möglich. Von dieser Begriffsbestimmung ist die Rechtsprechung auch in anderen Zusammenhängen ausgegangen (vgl. zu § 1 Abs. 3 Nr. 2 LFZG: BAGE 47, 160, 163 f. [BAG 07.11.1984 - 5 AZR 378/82][BAG 07.11.1984 - 5 AZR 378/82] = AP Nr. 59 zu § 1 LohnFG, zu II 1 der Gründe; zur Berechnung des Urlaubsentgelts bei der Flexibilisierung der Arbeitsvergütung BAG Urteil vom 7. Juli 1988 - 8 AZR 198/88 - zu A I 3b der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
21
Danach ist die regelmäßige Arbeitszeit die Arbeitszeit, die die Klägerin in 39 Wochen, also immer dann, wenn sie arbeitete, verrichten mußte. Das waren 21 Stunden in der Woche. Diese Arbeit wurde nur während der Schulferien unterbrochen. Die Arbeitszeit wurde rein rechnerisch umverteilt, um einen Annahmeverzug des beklagten Landkreises wegen Nichtannahme der Arbeit zu vermeiden.
22
cc)
Für diese Auslegung sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung. Geringfügig Beschäftigte wurden aus dem Geltungsbereich des BMT-G II und des BAT ausgegrenzt, weil die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, daß sie Personen nicht in den Schutzbereich der Tarifverträge einzubeziehen brauchen, die ihren Lebensbedarf anderweitig decken können (vgl. BAG Urteil vom 28. September 1982 - 3 AZR 188/80 - AP Nr. 1 zu § 117 BGB, zu II 3 der Gründe; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, § 3 Erl. zu lit. q). Gerade dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Sie ist nach der Typik ihres Arbeitsvertrages gehindert, während des regelmäßigen Arbeitsanfalls während der Unterrichtszeit einer weiteren Beschäftigung nachzugehen. Sie ist damit nicht in der Lage, anderweitig ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
23
b)
Bei der Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit kann nicht auf § 14 Abs. 1 BMT-G II zurückgegriffen werden. Nach dieser Bestimmung ist für die Berechnung ein Zeitraum von acht Wochen zugrunde zu legen. Lediglich bei Wechselschicht- oder Schichtarbeit kann auf einen längeren Zeitraum abgestellt werden. Diese Bestimmung ist jedoch nicht aus die in § 67 Nr. 7 BMT-G II vorgeschriebene Durchschnittsberechnung anzuwenden (Scheuring/Lang, BMT-G II, Stand 1. Januar 1989, § 3 Erl. 6; dagegen Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand April 1989, § 3 Rz 26 ff.; Baumgärtel in Fürst, GKÖD, Bd. IV, § 3 BAT Rz 17a). Sie ist dazu auch nicht geeignet. In § 14 BMT-G II ist die Verteilung der Arbeitszeit zu regeln; die übliche Arbeitszeit wird von Mehrarbeit und Überstunden abgegrenzt (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, Stand 1. April 1989, § 15 Erl. 1; Crisolli/Ramdohr, BAT, § 15 Anm. 33, 34). In § 67 Nr. 7 BMT-G II bedarf es dagegen der Regelung der persönlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrages. Eine Berechnung der Arbeitszeit auf der Grundlage eines Zeitraumes von acht Wochen ist zu dieser Abgrenzung ungeeignet. So fiele die Klägerin nicht unter den Geltungsbereich des BMT-G II, wenn man auf den Zeitraum der großen Ferien abstellt. Andererseits könnte sie sich auf den BMT-G II berufen, wenn auf die Arbeit während der Schulzeit abgestellt wird.
24
Aber auch eine Jahresdurchschnittsrechnung kommt nicht in Betracht. Aus den Tarifverträgen ergeben sich für eine solche Behandlungsweise keine Anhaltspunkte (vgl. dagegen Berger/Kiefer, Die Versorgung für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, Loseblattausgabe, Stand 1. April 1989, § 5 Versorgungs-TV, Rz 5; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Stand August 1988, § 26 VBL-Satzung Anm. 2).
25
Richtig ist vielmehr, nur darauf abzustellen, wie hoch der durchschnittliche wöchentliche Arbeitsbedarf in den Zeiten ist, in denen der Arbeitnehmer auch regelmäßig arbeitet. In diesen Zeiträumen sollen Schwankungen der Arbeitszeit durch eine Durchschnittsberechnung ausgeglichen werden. Das bedeutet, daß die Klägerin regelmäßig 21 Stunden in der Woche gearbeitet hat. Diese Arbeitszeit war zugleich - weil es keine Schwankungen gab - die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit.
26
3.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für eine Zusatzversicherung bei der VBL (§ 5 Versorgungs-TV).
27
a)
Die Klägerin hatte bei Begründung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1973 das 17. Lebensjahr vollendet.
28
b)
Die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug mindestens 20 Stunden.
29
Die Tatbestandsmerkmale "durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit" entsprechen den Merkmalen, von denen der persönliche Geltungsbereich des BMT-G II abhängt (§ 3 Abs. 1 Buchst. d) in Verb. mit § 67 Nr. 7 BMT-G II (siehe dazu oben Abschnitt II 2).
30
Eine weitere Beschränkung des Anspruchs auf Versicherung ergibt sich daraus, daß die Arbeitszeit "vereinbart" sein muß. Dieses Tatbestandsmerkmal erlaubt den Arbeitsvertragsparteien nicht, durch eine Vereinbarung die tatsächlich geleistete Arbeitszeit rechtlich anders zu würdigen. Vielmehr hat der Hinweis auf die vereinbarte Arbeitszeit lediglich die Bedeutung, daß die vereinbarte Arbeitszeit über die Versicherungspflicht entscheidet und nicht die Arbeitszeitgestaltung, wie sie sich zufällig etwa durch Ableistung von Überstunden oder Einführung von Kurzarbeit entwickelt.
31
4.
Da die Klägerin bereits einen tariflichen Anspruch auf Zusatzversicherung hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Altersversorgung gegen § 2 BeschFG (Verbot der unterschiedlichen Behandlung Voll- und Teilzeitbeschäftigter) verstößt oder wegen Verstoßes gegen das Lohngleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 2 GG; Art. 119 EWG-Vertrag) unwirksam ist (BAGE 53, 162 [BAG 14.10.1986 - 3 AZR 66/77] = AP Nr. 11 zu Art. 119 EWG-Vertrag; Hanau/Preis, Zur mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts, ZfA 1988, 177, 201 f.; dagegen für den Bereich des öffentlichen Dienstes: Kiefer, Mittelbare Diskriminierung in der Zusatzversorgung, ZTR 1989, 91 f.).
32
5.
Dem beklagten Landkreis ist eine rückwirkende Begründung der Versicherung bei der VBL möglich. Die Pflichtversicherung entsteht mit dem Eingang der Anmeldung. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, der auf der Anmeldung als Versicherungsbeginn angegeben ist, jedoch nicht vor Beginn des Zeitraums, für den Umlagen entrichtet worden sind (§ 26 Abs. 2 VBL-Satzung). Es besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Schrifttum, daß eine Anmeldung und ein Versicherungsabschluß zu einem zurückliegenden Zeitpunkt möglich sind (BAG Urteil vom 23. Februar 1988 - 3 AZR 408/86 - AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu II 2 der Gründe; Berger/Kiefer, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Stand 1. Januar 1989, § 26 VBL-Satzung Rz 8; einschränkend allerdings für den Fall, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist: Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Stand August 1988, § 26 VBL-Satzung Anm. 6; zweifelnd: Berger/Kiefer, aaO, § 5 Versorgungs-TV Rz 3c). Die Versicherungsvoraussetzungen entsprechen den tariflichen Voraussetzungen (§ 26 Abs. 1 VBL-Satzung). Für den Eintritt eines Versicherungsfalles ist nichts vorgetragen.
Dr. Heither,
Schaub,
Griebeling,
Dr. Kiefer,
Paul-Reichart
Von Rechts wegen!
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