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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Tit. A.2.5.3 RdSchr. 18e, Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der EU/des EWR oder der Schweiz sind
Tit. A.2.5.3 RdSchr. 18e
Grundsätzliche Hinweise Auffang-Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V
Tit. A.2 – Voraussetzungen der Versicherungspflicht → Tit. A.2.5 – Sonderregelung für Ausländer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nehmen (vgl. § 5 Abs. 11 SGB V)
Tit. A.2.5.3 RdSchr. 18e – Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der EU/des EWR oder der Schweiz sind
(1) Diese Personen benötigen zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel im Sinne des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die Einbeziehung in die Auffang-Versicherungspflicht in der GKV ist für solche Ausländer nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V nur vorgesehen, wenn sie kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen muss bereits ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland begründet worden sein. Diese Voraussetzung gilt formell erst beim Vorliegen einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis von mehr als zwölf Monaten als erfüllt. Zum anderen darf die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht an die Verpflichtung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts als Bedingung gekoppelt sein. Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann.
(2) Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Begründung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Ausländer, die vom Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes erfasst werden, von der jeweils maßgeblichen Rechtsgrundlage zur Erteilung des Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz abhängt. Diese Rechtsvorschriften lassen sich in drei Gruppen aufteilen:
- 1.
Rechtsgrundlagen, die eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG immer als Bedingung zur Erteilung des Aufenthaltstitels vorsehen (= Regelfall);
- 2.
Rechtsgrundlagen, die eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in keinem Fall als Bedingung zur Erteilung des Aufenthaltstitels vorsehen (= gesetzlich definierte Fälle der Aufenthaltsgewährung aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen);
- 3.
Rechtsgrundlagen, die eine variable Handhabung dieses Merkmals vorsehen (= Ermessen bei der Aufenthaltsgewährung aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen).
(3) Bei den Fallgruppen nach Nummer 1 ist die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen. Bei den Fallgruppen nach Nummer 2 kommt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beim Vorliegen einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis von mehr als zwölf Monaten (und beim Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall) grundsätzlich in Frage. Dies gilt auch für die Fallgruppen nach Nummer 3, wenn die Erteilung des Aufenthaltstitels in dem zu prüfenden Sachverhalt nicht von der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts abhängig ist.
(4) Für die versicherungsrechtliche Beurteilung nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V, ob bei der Erteilung des Aufenthaltstitels eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes) besteht oder nicht, kommt es allein auf die Rechtslage nach dem Aufenthaltsgesetz (und den ggf. hierzu bestehenden Erlassregelungen der obersten Landesbehörden) an. Wird von dem Erfordernis einer Lebensunterhaltssicherung rechtlich nicht abgesehen, spielt es keine Rolle, ob die Sicherung des Lebensunterhalts in jedem konkreten Sachverhalt nachzuweisen ist oder im Rahmen einer (politischen) Einschätzung bei Bestehen einer bestimmten familiären Situation ohne Beibringung weiterer Nachweise als typisch (positiv) unterstellt wird. Die Ausländer mit einem derartigen Aufenthaltstitel unterfallen nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (vgl. BSG; Urteil vom 3. Juli 2013 - B 12 KR 2/11 R -, USK 2013-65).
(5) Beispielhafte Zuordnung zu den vorgenannten Fallgruppen:
Fallgruppe 1= Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhals besteht immer | Fallgruppe 2= Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhals besteht nie |
---|---|
§ 16 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für Studium, Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses oder Besuch eines Studienkollegs, zur Arbeitsplatzsuche nach dem Studium) | § 24 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz) |
§ 17 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für sonstige Ausbildungszwecke) | § 25 Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für anerkannte Asylberechtigte) |
§ 18 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für Beschäftigung) | § 25 Abs. 2 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit subsidiären Schutz) |
§ 19 AufenthG (Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte) | § 25 Abs. 3 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis bei Abschiebungsverbot) |
§ 21 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis für selbständige Tätigkeit) | § 25 Abs. 4a und 4b AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für Opfer bestimmter Straftaten) |
§ 28 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für bestimmte Familienangehörige von Deutschen) |
(6) Als Beispiele für die Fallgruppe 3 sind die auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 oder 2 AufenthG (in Verbindung mit den entsprechenden Erlassregelungen der obersten Landesbehörden oder Anordnungen des Bundesministeriums des Innern) erteilten Aufenthaltstitel zu nennen.
(7) Bei den Fallgruppen nach den Nummern 1 und 2 können die Krankenkassen das Vorliegen bzw. Fehlen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V aus den Inhalten des Aufenthaltstitels ableiten. Diese enthalten die Angaben sowohl über die zum Aufenthalt berechtigende Norm als auch über die Aufenthaltsdauer. Innerhalb von Fallkonstellationen nach Nummer 3 sind die Krankenkassen in der Regel auf die Unterstützung durch die Ausländerbehörde im Rahmen der Amtshilfe nach §§ 4 ff. VwVfG (bzw. nach dem entsprechenden Landesrecht) angewiesen, um festzustellen, ob die Erteilung des Aufenthaltstitels von der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts abhängig ist.
(8) Sofern Personen, die nicht unter das Freizügigkeitsgesetz/EU fallen, nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) 883/04 (Stichwort: "Erwerbstätige") oder der Art. 23 bis 25 VO (EG) 883/04 (Stichwort: "Bezug einer deutschen Rente") dem deutschen Recht unterliegen (vgl. Abschnitt A.2.4.2.2), sind die ergänzenden Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V für das Zustandekommen der Auffang-Versicherungspflicht ohne Belang.
Beispiel 1
Frau A., russische Staatsangehörige, wohnt in Frankreich und ist nach französischem Recht familienversichert. Nun nimmt Frau A. eine selbstständige Tätigkeit in Deutschland auf.
Beurteilung
Frau A. unterliegt ab Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit den deutschen Rechtsvorschriften. Der Krankenversicherungsschutz in Frankreich erlischt mit Beginn der Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften. Die Anwendbarkeit des § 188 Abs. 4 SGB V ist ausgeschlossen, weil Frau A. zuletzt nicht in Deutschland versichert war. Die freiwillige Versicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist vorrangig vor der Auffang-Versicherungspflicht zu prüfen. Diese setzt eine erforderliche Vorversicherungszeit und eine rechtzeitige Antragstellung voraus. Die "letzte" Versicherung bei einem französischen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist im Sinne des Ausscheidens aus der Familienversicherung und der Vorversicherungszeit mit der Versicherung in der deutschen GKV gleichzustellen. Kommt keine freiwillige Versicherung zustande und liegt keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall vor, unterliegt Frau A. der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V. Die "letzte" gesetzliche Versicherung in Frankreich ist auch im Sinne dieser Vorschrift mit der Versicherung in der deutschen GKV gleichzustellen. Der Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V ist nicht zu prüfen.