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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Kündigungsschutzprozess - Anerkenntnis
Kündigungsschutzprozess - Anerkenntnis
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber muss den Kündigungsrechtsstreit - womöglich gar über mehrere Instanzen - nicht bis zum Urteil führen. Die ArbGG- und ZPO-Vorschriften geben ihm die Möglichkeit, den mit der Kündigungsschutzklage verfolgten Anspruch anzuerkennen. Das Anerkenntnis kann vor, in oder nach der Güteverhandlung erklärt werden. Anerkannt wird dabei nur der prozessuale Anspruch. So hat das Anerkenntnis im Kündigungsrechtsstreit keine materiell-rechtliche Wirkung.
Praxistipp:
Wer den mit der Kündigungsschutzklage verfolgten Anspruch prozessual anerkennt, vergibt sich damit nichts. Das Anerkenntnis führt nicht dazu, dass das vom klagenden Arbeitnehmer behauptete Nichtbestehen etwaiger Kündigungsgründe festgeschrieben wird. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, nach seinem Anerkenntnis erneut zu kündigen - sogar mit den gleichen, nun aber erfolgversprechend nachgebesserten Kündigungsgründen. Ein schnelles Anerkenntnis sichert dem Arbeitgeber allerdings finanzielle Vorteile.
Erkennt der Arbeitgeber den prozessualen Anspruch an, trägt er die Kosten des Verfahrens - es sei denn, er hat durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt. Da im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren jede Partei ihre Vertretungskosten nach § 12a Abs. 1 ArbGG selbst trägt, betrifft die Kostenlast hier nur die Gerichtskosten. Die wiederum können ganz entfallen, wenn das Anerkenntnis vor streitiger Verhandlung abgegeben wird, oder sich an Stelle der üblichen 2,0- auf eine 0,4-Gebühr reduzieren, wenn es nach streitiger Verhandlung erfolgt.
2. Rechtliche Anforderungen
Ein Kündigungsrechtsstreit kann ua. durch
Vergleich oder
Urteil
beendet werden. Erkennt der Arbeitgeber den gegen ihn gelten gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist der seinem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen (§ 307 Satz 1 ZPO). "Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht" (§ 307 Satz 2 ZPO). Bei einem Anerkenntnis sind zu unterscheiden:
materielles Anerkenntnis - wobei hier zwei Formen in Betracht kommen; ein deklaratorisches (= bestätigendes) Schuldanerkenntnis dokumentiert die von den Parteien angenommene Rechtslage und fixiert sie, ein konstitutives (= begründendes) Schuldanerkenntnis lässt den Anspruch - losgelöst von der angenommen Rechtslage - dagegen selbst entstehen;
prozessuales Anerkenntnis - das ausschließlich Prozesshandlung ist und sich nur auf den mit der Klage geltend gemachten prozessualen Anspruch bezieht.
§ 781 BGB sagt zum Schuldanerkenntnis:
"Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhälnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form."
Deklaratorisch ist ein Schuldanerkenntnis als "vertraglich kausales Anerkenntnis" (LAG Düsseldorf, 20.06.2012 - 12 Sa 801/12). "Der erklärte Willen der Beteiligten muss die mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Rechtsfolgen tragen" (LAG Düsseldorf, 20.06.2012 - 12 Sa 801/12). Das prozessuale Anerkenntnis hat als Prozesshandlung zudem den verfahrensrechtlichen Anforderungen zu genügen (LAG Hamm, 25.11.2009 - 16 Sa 1024/09). Ein Anerkenntnis ist seiner Natur nach auf die Akzeptanz der klägerischen Rechtsfolgenbehauptung gerichtet (LAG Rheinland-Pfalz, 27.08.2010 - 6 Sa 153/10). Auch Prozesshandlungen sind auslegungsfähig und -bedürftig (LAG Rheinland-Pfalz, 09.11.2012 - 9 Sa 313/12).
Anerkenntnis i.S.d. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist kein Rechtsgeschäft - "sondern eine geschäftsähnliche Handlung, deren Rechtsfolgen unabhängig vom Willen des Schuldners und einer (wirksamen) gerichtlichen Protokollierung eintreten" (BGH, 21.11.2013 - VII ZR 48/12).
Fällt das Arbeitsgericht seine Entscheidung durch Anerkenntnisurteil, "so bedarf es nicht
des Tatbestandes und
der Entscheidungsgründe" (§ 313b Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Praxistipp:
Ergänzt wird ein Anerkenntnisurteil häufig durch die Sätze "Von der Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe wird abgesehen (§ 313b Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der/Die Beklagte hat den Klageanspruch anerkannt." (s. BAG, 23.10.2013 - 4 AZR 866/11).
Das nach einem Anerkenntnis ergehende Urteil ist als "Anerkenntnisurteil" zu bezeichnen (§ 313b Abs. 1 ZPO).
Der Vorsitzende kann bei einem Anerkenntnis außerhalb der streitigen Verhandlungen auch allein - also ohne die beiden ehrenamtlichen Richter - entscheiden (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG). Und das ohne mündliche Verhandlung (s. dazu LAG Rheinland-Pfalz, 27.08.2010 - 6 Sa 153/10), wenn das Anerkenntnis per Schriftsatz abgegeben wird (§ 55 Abs. 2 ArbGG).
Ein Anerkenntnis ist sogar noch in der Berufungsinstanz möglich - allerdings nur in der Form, durch das Anerkenntnisurteil die Zurückweisung der Berufung als unbegründet auszusprechen (BGH, 18.07.2013 - IX ZB 41/12). Selbst in der Revisionsinstanz kann der mit der Klage verfolgte Anspruch noch anerkannt werden. Aber: Das Anerkenntnis setzt ein zulässiges Rechtsmittel voraus - sodass kein Anerkenntnisurteil ergehen darf, wenn Berufung oder Revision unzulässig sind (BGH, 18.07.2013 - IX ZB 41/12).
3. Praktische Auswirkungen
Erkennt der Arbeitgeber den mit der Kündigungsschutzklage geltend gemachten Anspruch an, trägt er als Unterlegener die Kosten des Verfahrens, § 91 Abs. 1 ZPO:
"Die unterlegene Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren."
Aber: § 93 ZPO sieht vor:
"Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt."
Beispiel:
Die KG S kündigt Mitarbeiterin K zum 30.06. wegen dringender betrieblicher Erfordernisse. Einen Tag nach Zugang der Kündigung zeigt K der Personalleiterin T ihren Schwerbehindertenausweis und sagt ihr, dass die Kündigung wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamts unwirksam sei. T teilt der Geschäftsführung der KG S die Schwerbehinderung mit, die Frau K sofort einen Brief schreibt, mit dem sie die Kündigung zurücknimmt und K bittet, die Kündigung als gegenstandslos zu betrachten und ihr Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen. K erhebt trotzdem eine Kündigungsschutzklage. Die KG S schreibt nach Zugang der Kündigungsschutzklage an das Arbeitsgericht: "Wir haben die Kündigung bereits zurückgenommen und erkennen die Klage in vollem Umfang an."
Praxistipp:
Was in der ersten Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit immer zu berücksichtigen ist: § 12a ArbGG. In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der gewinnenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Klartext: Auch mit § 93 ZPO tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre erstinstanzlichen Anwaltskosten selbst.
Das prozessuale Anerkenntnis hat keine materiellrechtliche Wirkung.
Beispiel:
Das Arbeitsverhältnis von Frau K aus dem vorausgehenden Beispiel wird nach dem Anerkenntnis fortgesetzt. Einige Monate später sieht die KG S weitere wirtschaftliche Probleme auf sich zukommen und denkt über eine erneute Kündigung Frau K nach. Dieses Mal mit Zustimmung des Integrationsamts, dieses Mal wegen dringender betrieblicher Erfordernisse. K wehrt sich auch gegen diese Kündigung und erhebt eine Kündigungsschutzklage. Sie bestreitet das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse ebenso wie die ausreichende Sozialauswahl. Die KG S erkennt den Kündigungsschutzantrag im Gütertermin an.
Das Anerkenntnis des Arbeitgebers führt nicht dazu, dass er die vom Arbeitnehmer behaupteten Unwirksamkeitsgründe anerkennt. Das Anerkenntnis hat lediglich prozessuale Wirkung. Es beendet den anhängigen Rechtsstreit, hat jedoch keine Auswirkungen auf die materielle Rechtslage.
Beispiel:
Nachdem die KG S den Kündigungsschutzantrag anerkannt hat, wird das Arbeitsverhältnis von Frau H fortgesetzt. Nach etlichen Monaten haben sich die wirtschaftlichen Probleme manifestiert und die KG kündigt - wiederum mit Zustimmung des Integrationsamts - ein weiteres Mal wegen dringender betrieblicher Erfordernisse. Frau H kann ihrem Arbeitgeber nun nicht entgegenhalten, dass sie ihre Kündigungsschutzklage ja bereits vor Monaten anerkannt habe und deswegen nun mit den betriebsbedingten Gründen ausgeschlossen sei und ihr deswegen nicht mehr kündigen dürfe.
Wird das arbeitsgerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet, entfällt die in dem betreffenden Rechtszug angefallene Gebühr (Vorbemerkung 8 KV GVG). Das ist aber nicht das einzige GKG-Kostenprivileg:
Gibt der Arbeitgeber vor streitiger Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ein Anerkenntnis ab, entfällt die 2,0-Gebühr der Nr. 8210 KV GKG - was allerdings die "Beendigung des gesamten Verfahrens ohne streitige Verhandlung" voraussetzt.
Gibt der Arbeitgeber nach streitiger Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ein Anerkenntnis ab, reduziert sich die 2,0-Gebühr der Nr. 8210 KV GKG auf eine 0,4-Gebühr.
Beispiel:
Arbeitnehmerin A hat von der KG S eine personenbedingte Kündigung bekommen. Sie erhebt eine Kündigungsschutzklage. A's Brutto-Monatsgehalt beträgt 3.000 EUR. Der Gegenstandswert des arbeitsgerichtlichen Verfahrens macht nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG (= Vierteljahreseinkommen) 9.000 EUR. Bei diesem Gegenstandswert kommt die 2,0-Gerichtsgebühr nach Nr. 8210 KV GKG für das Verfahren im Allgemeinen auf (2 x 222,00 EUR =) 444,00 EUR. Diese 444,00 EUR muss die KG S bezahlen, wenn Frau A mit ihrer Kündigungsschutzklage durchkommt.
Stellt die KG S bereits vor oder in der Güteverhandlung fest, dass sie die Kündigung wider Erwarten nicht durchbekommen wird, kann sie bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ein Anerkenntnis abgeben. Das hat zur Folge, dass sich die 8210er Gebühr auf 0 reduziert. Bleibt die Güteverhandlung erfolglos und erkennt die KG S den Kündigungsschutzantrag erst in oder nach der streitigen Verhandlung an, reduziert sich die 2,0-Gebühr nach Nr. 8211 Nr. 2 KV GKG auf (444,00 EUR x 0,4 =) 177,60 EUR.
Praxistipp:
Die Gerichtsgebühren sind in arbeitsrechtlichen Verfahren mit dem 2-fachen Satz nicht so hoch wie in der Zivilgerichtsbarkeit. Dort entsteht für das Verfahren eine 3,0-Gebühr, die der Kläger auch noch vorauszahlen muss. Trotzdem ist es immer eine Überlegung wert, einen Rechtstreit wegen des Gebührenprivilegs durch Anerkenntnis oder Vergleich zu beenden - wobei letzterer im Gegensatz zum Anerkenntnis bei anwaltlicher Vertretung noch eine 1,0-Eingungsgebühr auslöst.
Weitere Kostenprivilegierungen sehen die Nr. 8222 und 8232 KV GKG für die Berufungs- und Revisionsinstanz vor. Ein erstinstanzliches Anerkenntnisurteil ist zwar rechtsmittelfähig. Eine Berufung/Revision wird aber wohl nur mit der Begründung Erfolg haben, es habe überhaupt kein Anerkenntnis vorgelegen. Ansonsten ist der Beklagte nach Recht und Gesetz ja seinem Anerkenntnis entsprechend zu verurteilen gewesen ...
4. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Kündigungsschutz und Anerkenntnis in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
4.1 Berufung
Der Beklagte hat mit einem Anerkenntnis die Möglichkeit, über den sachlich-rechtlichen Anspruch zu disponieren. Bei einem zulässigen Anerkenntnis hat das Gericht keine Möglichkeit mehr, noch über den ihm ursprünglich vorgelegten Streitstoff zu entscheiden. Kläger und Beklagter können aber nicht über die Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen verfügen. Sie sind auch im Fall eines Anerkenntnisses vom Gericht zu prüfen. "Erkennt der in erster Instanz verurteilte Beklagte die Klageforderung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist an, ohne die Berufung zu begründen, ist die Berufung gemäß seinem Anerkenntnis zurückzuweisen" (BGH, 18.07.2013 - IX ZB 41/12 - Leitsatz).
4.2 Deklaratorisches Schuldanerkenntnis
Ein deklaratorisches (= bestätigendes) Schuldanerkenntnis setzt als "vertragliches kausales Schuldanerkenntnis" voraus, dass zwei sich deckende übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Diese Willenserklärungen müssen nicht unbedingt ausdrücklich abgegeben werden, sie können auch konkludent - durch schlüssiges Verhalten - erfolgen. Das setzt allerdings voraus, "dass die Willensbekundungen der Parteien von dem Willen getragen sind, sich entsprechend vertraglich zu binden." Dabei setzt die "Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Angebot zum Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses regelmäßig voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und sich dahingehend einigen wollen" (BGH, 10.07.2013 - XII ZR 62/12).
4.3 Einigungsgebühr
Rechtsanwälte haben nach Maßgabe der Nr. 1000, 1003 VV RVG Anspruch auf eine 1,0 Einigungsgebühr. Sagt der Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit, dass er die Kündigung zurücknimmt und erwidert der Arbeitnehmer, dass er das in der Kündigungsrücknahme liegende Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses annehme, und dann seine Klage zurücknimmt, ist die Kündigungsrücknahme mehr als ein bloßes Anerkenntnis. "Die Parteien haben mit ihrer Vereinbarung über den Fortbestand und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mehr geregelt, als es der Beklagten einseitig durch ein Anerkenntnis möglich gewesen wäre, indem sie z.B. die Kündigung als rechtsunwirksam anerkannt hätte." Bei dieser Fallgestaltung entsteht die Einigungsgebühr nach VV Nr. 1000, 1003 VV RVG (LAG Rheinland-Pfalz, 17.03.2010 - 8 Ta 40/10).
4.4 Prozessuales Anerkenntnis
Ein prozessuales Anerkenntnis ist ausschließlich Prozesshandlung. Der Anerkennende unterwirft sich mit seinem Anerkenntnis lediglich dem mit der Klage geltend gemachten prozessualen Anspruch. Das prozessuale Anerkenntnis enthält keine materiell-rechtliche Komponente. Es hat allerdings zur Folge, "dass die anerkennende Partei dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen ist, ohne dass es noch auf die materiell-rechtliche Begründetheit des Klageanspruchs ankommt." Damit wird allerdings nicht ausgeschlossen, dass das prozessuale Anerkenntnis mit einer materiell-rechtlichen Bedeutung verbunden wird. In diesem Fall sind verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Wirkung unter Umständen getrennt zu behandeln (LAG Hamm, 25.11.2009 - 16 Sa 1024/09).
4.5 Rechtsschutzinteresse
Hat der Arbeitgeber seine Kündigung zurückgenommen, ist der klagende Mitarbeiter nicht verpflichtet, im Gegenzug seine Kündigungsschutzklage zurückzunehmen oder den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Soweit die Voraussetzungen des § 307 ZPO erfüllt sind, kann der Arbeitnehmer sogar auf Erlass eines Anerkenntnisurteils bestehen."Gegen den Wegfall des Rechtsschutzinteresses spricht vor allem auch die den Parteien gemäß § 9 Abs. 1 KSchG eingeräumte Möglichkeit, bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (...) den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung zu stellen. Dieser Möglichkeit kann durch eine 'einseitige Kündigungsrücknahme' nicht die rechtliche Grundlage entzogen werden" (LAG Sachsen, 16.08.2006 - 2 Sa 434/06).
4.6 Selbstständiges Schuldanerkenntnis
"Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis sind nach denselben Regeln zu behandeln. Selbstständige, auch als abstrakt oder konstitutiv bezeichnete Schuldversprechen oder -anerkenntnisse nach §§ 780, 781 BGB begründen eine vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis unabhängige Verpflichtung [es folgt ein Hinweis auf BAG, 15.03.2005 - 9 AZR 502/03]. Ein selbstständiges Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis liegt nur dann vor, wenn die mit ihm übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, das heißt von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen gelöst und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen des Schuldners gestellt werden soll" (LAG Düsseldorf, 20.06.2012 - 12 Sa 801/12).
4.7 Teilanerkenntnis
Die Regelung in § 93 ZPO setzt seinem Wortlaut nach voraus, dass der Beklagte den gesamten Klageanspruch anerkennt. Aber auch ein Teilanerkenntnis kann die Kostenfolge des § 93 ZPO auslösen: Der Schuldner ist zwar nach § 266 BGB nicht zu Teilleistungen berechtigt. Die Regelung in § 266 BGB wird aber nach § 242 BGB - Treu und Glauben - eingeschränkt. "Der Gläubiger darf Teilleistungen nicht ablehnen, wenn ihm die Annahme bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interessen zuzumuten ist" (BAG, 14.02.2012 - 3 AZB 59/11).
4.8 Vorweggenommene Zustimmung?
Hat der Arbeitnehmer eine Kündigung bekommen und wehrt er sich gegen diese Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage, kann diese Klage nicht als "antizipierte Annahme" einer Kündigungsrücknahme (= Fortsetzungsangebot) angesehen werden. Diese Annahme wird daraus geschlossen, dass der gekündigte Arbeitnehmer bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsachensinstanz (ArbG/LAG) die Möglichkeit haben muss, auch nach einem Anerkenntnis der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung noch einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG zu stellen. Im Übrigen besteht "keine materiellrechtliche oder prozessuale Pflicht oder Obliegenheit des .. [Arbeitnehmers] zur Annahme des Fortsetzungsansgebots, solange nicht die Kündigung gerade wegen ihrer Rechtsunwirksamkeit für gegenstandlos erklärt wurde" (LAG München, 13.10.2011 - 3 Sa 1187/10).
Siehe auch
Berufung - Frist und FormKündigungsschutz - KündigungsgründeKündigungsschutz - KündigungsrücknahmeKündigungsschutzklage - KlagerücknahmeKündigungsschutzprozess - AnwaltskostenKündigungsschutzprozess - AuflösungsantragKündigungsschutzprozess - GerichtskostenKündigungsschutzprozess - GüteterminKündigungsschutzprozess - VergleichRechtsanwalt - Kosten