Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Mutterschutz – Arbeitgeberzuschuss bei Arbeitsunterbrechungen
Mutterschutz – Arbeitgeberzuschuss bei Arbeitsunterbrechungen
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
Information
1. Allgemeines
Während der gesetzlichen Schutzfristen (§ 3 MuSchG) erhalten die Mitarbeiterinnen neben dem Mutterschaftsgeld einen Arbeitgeberzuschuss. Dieser deckt die Differenz zwischen der Leistung der Krankenkasse und der vollen Nettovergütung ab. Den Betrieben werden die Aufwendungen von der Ausgleichskasse U2 in vollem Umfang erstattet. Der Erstattungsanspruch besteht aber nur, wenn die Frau tatsächlich einen Anspruch auf den Zuschuss hat. Dies ist insbesondere bei Arbeitsunterbrechungen nicht der Fall. Lesen Sie, was in diesem Zusammenhang zu beachten ist.
2. Voraussetzungen für den Anspruch
Der Zuschuss steht Frauen zu, die
in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 20 Abs. 1 MuSchG) oder
deren Beschäftigungsverhältnis während der Schutzfristen durch eine Kündigung nach § 17 Abs. 2 MuSchG endet oder
deren Arbeitgeber den Zuschuss infolge Insolvenz nicht zahlen kann und
deren Nettoverdienst 13 EUR kalendertäglich überschreitet.
Es handelt sich um Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben, das in Höhe des Nettoverdienstes ermittelt wird (§ 24i Abs. 2 SGB V, § 19 Abs. 2 MuSchG). Dies sind Personen, die bei Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind. Damit scheiden Mitarbeiterinnen aus, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen (wie z.B. Frauen, die als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; vgl. auch § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 MuSchG). Anspruch besteht jedoch für Heimarbeiterinnen und Gleichgestellte (§ 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 MuSchG). Der Anspruch endet, wenn das Arbeitsverhältnis wegfällt (z.B. bei Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrages). Der Zuschuss ist für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag zu zahlen. Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht auch für Frauen, die in Minijobs beschäftigt sind. Die Leistung wird dann vom Bundesamt für Soziale Sicherung ausgezahlt. Ist die Frau selbst Mitglied einer Krankenkasse (z.B. als Studentin, Rentnerin oder freiwilliges Mitglied), ist die Krankenkasse dafür zuständig. Das Mutterschaftsgeld ist auf 13 EUR kalendertäglich begrenzt. Ist die Nettovergütung höher, muss der Rest durch den Arbeitgeberzuschuss ausgeglichen werden.
Praxistipp:
Zahlt das Bundesamt für Soziale Sicherung, ist die Gesamtleistung für die Schutzfristen zusätzlich auf 210 EUR gedeckelt (§ 19 Abs. 2 MuSchG). Der Höchstbetrag ist ggf. also nach rd. 16 Kalendertagen erreicht. Dennoch ist der Arbeitgeberzuschuss für die restliche Zeit lediglich in Höhe der Differenz zwischen 13 EUR und dem Nettoverdienst zu zahlen, weil nach § 20 Abs. 1 MuSchG der Zuschuss sich stets nach dem Unterschied zwischen 13 EUR und dem durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt bemisst.
Beispiel:
Bei Frau A. laufen die Schutzfristen vom 27.01.2023 bis 05.05.2023. Ihre Nettovergütung betrug monatlich gleichbleibend 450 EUR. Sie ist kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, sondern als Familienangehörige mitversichert.
Frau A. erhält vom 27.01.2023 bis 11.02.2023 ein Mutterschaftsgeld von 13 EUR kalendertäglich vom Bundesamt für Soziale Sicherung = 16 Kalendertage zu je 13 EUR = 208 EUR. Für den 12.02.2023 werden noch 2 EUR gezahlt.
Der Arbeitgeberzuschuss beträgt kalendertäglich 2 EUR ([450 : 30] – 13 EUR) = 2 EUR). Dieser Betrag gilt für die gesamten Schutzfristen vom 27.01. bis 05.05.2023: 99 Tage zu je 2 EUR = 198 EUR Arbeitgeberzuschuss.
3. Anspruch bei Unterbrechungen
3.1 Grundsätzliches
Der Anspruch setzt voraus, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag in vollem Umfang wirksam sind. Sind die Hauptpflichten – die Arbeitspflicht auf Seite des Arbeitnehmers und die Vergütungspflicht auf Seite des Arbeitgebers – suspendiert, ist auch der Zuschuss nicht zu zahlen. Besonderheiten gelten bei Kurzarbeit (siehe 3.6.).
3.2 Elternzeit
Während der Elternzeit bleibt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich bestehen. Allerdings ist die Mitarbeiterin von der Arbeitsleistung freigestellt und hat dementsprechend in dieser Zeit keinen Anspruch auf Bezahlung. Daher ruht der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss, soweit eine spätere Schutzfrist sich mit der Elternzeit deckt.
Beispiel:
Frau B. hat ihr erstes Kind am 13.05.2020 zur Welt gebracht. Sie befindet sich aufgrund dessen bis 12.05.2023 in Elternzeit. Sie erwartet ein zweites Kind; die Schutzfrist beginnt am 03.05.2023.
Der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss beginnt am 13.05.2023, da an diesem Tag wieder die gegenseitigen Hauptleistungspflichten aufleben.
Dies ergibt sich auch aus (§ 22 S. 1 MuSchG, der ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitgeberzuschuss ausdrücklich nur für die Dauer der Elternzeit anordnet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Schutzfrist ruhte und zu diesem Zeitpunkt dementsprechend kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestand (BAG, 22.08.2012 – 5 AZR 652/11).
Soweit die Frau während der Elternzeit eine (zulässige) Teilzeitbeschäftigung ausübt, behält sie insoweit auch den Anspruch auf den Zuschuss (§ 22 S. 2 MuSchG).
Beispiel:
Frau C. hat aufgrund der Geburt ihres ersten Kindes Elternzeit bis zum 21.05.2023. Ab 03.05.2023 läuft ihre neue Schutzfrist. Ihre Krankenkasse zahlt ihr ein Mutterschaftsgeld von 13 EUR kalendertäglich. Während der Elternzeit übte sie eine zulässige Teilzeitbeschäftigung aus. Das gleichbleibende Gehalt aus der (früheren) Vollzeitbeschäftigung betrug 1.800 EUR netto monatlich; in der Teilzeitbeschäftigung verdient sie monatlich – ebenfalls gleichbleibend – 900 EUR netto.
Arbeitgeberzuschuss bis 21.05.2023:
Kalendertägliche Nettovergütung (900 x 3 = 2.700 : 90) | 30,00 EUR |
Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse | 13,00 EUR |
= Kalendertäglicher Arbeitgeberzuschuss: | 17,00 EUR |
Arbeitgeberzuschuss ab 22.05.2023 (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 MuSchG):
Kalendertägliche Nettovergütung (1.800 x 3 = 5.400 : 90) | 60,00 EUR |
Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse | 13,00 EUR |
= Kalendertäglicher Arbeitgeberzuschuss: | 47,00 EUR |
Die kalendertägliche Nettovergütung wurde mit unserem Formular (Formulare, Checklisten, Mustertexte/ Formulare Personalwesen/ Formular: Mutterschaftsgeld – Arbeitgeberzuschuss) ermittelt. Einzelheiten zur Berechnung des durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoverdienstes siehe auch Mutterschutz – Arbeitgeberzuschuss: Berechnung.
Hinweis:
Die Elternzeit kann zur Inanspruchnahme der Schutzfristen auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beendet werden (§ 16 Abs. 3 S. 3 BEEG); in diesen Fällen soll die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Beendigung der Elternzeit rechtzeitig mitteilen. Macht die Mitarbeiterin davon Gebrauch, gilt die Regelung des § 22 MuSchG nicht und es besteht von dem Ende der Elternzeit an Anspruch auf den Zuschuss.
3.3 Unbezahlter Urlaub
Nicht selten lassen sich Arbeitnehmerinnen nach Ablauf der Elternzeit unbezahlt beurlauben, um sich weiter um ihr Kind zu kümmern. Wird während dieser Zeit eine neue Schutzfrist wirksam, stellt sich ebenfalls die Frage, ob Anspruch auf den Zuschuss besteht. Da die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert sind, ist dies zu verneinen (BAG, 25.02.2004 – 5 AZR 160/03). Endet der unbezahlte Urlaub während der Schutzfristen, ist vom Folgetag an der Zuschuss zu zahlen. Die Mitarbeiterin bekommt von diesem Tag an auch das Mutterschaftsgeld der Krankenkasse.
3.4 Arbeitskampfmaßnahmen
Bei Streik kommt es darauf an, ob sich die Frau daran beteiligt hat. Ist dies der Fall, besteht für die Zeit des Streiks kein Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss. Die Krankenkasse ist verpflichtet, ein höheres Mutterschaftsgeld zu zahlen. Bei einer Aussperrung sind die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag für alle Arbeitnehmer suspendiert. Dies betrifft auch alle Frauen, die sich in den Schutzfristen befinden: Es besteht dann kein Anspruch auf den Zuschuss. Auch hier tritt die Krankenkasse mit höheren Leistungen ein.
3.5 Quarantänen
Durch eine Quarantäne, die von der Gesundheitsbehörde angeordnet wurde, ist die Arbeitspflicht vorübergehend aufgehoben. Gleichzeitig kann diese auch durch die Schutzfristen nach dem MuSchG suspendiert sein. Grundsätzlich dürften diese als vorrangig anzusehen sein, so dass der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss in vollem Umfang besteht. Dagegen besteht kein Anspruch auf die Entschädigung nach § 56 IfSG, da durch den Arbeitgeberzuschuss und das Mutterschaftsgeld kein Verdienstausfall eintritt.
3.6 Kurzarbeit
Infolge der Corona-Pandemie hat die Kurzarbeit in vielen Branchen erheblich zugenommen. Es stellt sich dadurch die Frage, wie sie sich auf den Anspruch auf Arbeitgeberzuschuss auswirkt. Durch die Kurzarbeit wird das Arbeitsverhältnis an sich nicht unterbrochen, die Arbeitspflicht wird lediglich eingeschränkt. Die Berechnung des Zuschusses erfolgt nach dem Arbeitsentgelt, das die Frau kalendertäglich während der letzten drei abrechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung erzielt hat. Dabei wirken sich unverschuldete Fehlzeiten nicht leistungsmindernd aus (§ 21 Abs. 1 MuSchG). Darüber hinaus ist gesetzlich geregelt, dass Kürzungen des Arbeitsentgelts, die im Berechnungszeitraum u.a. infolge von Kurzarbeit eintreten, bei der Ermittlung des kalendertäglichen Durchschnittsentgelts unberücksichtigt bleiben (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MuSchG – dies ist relevant, wenn die Kurzarbeit bereits während des Berechnungszeitraums eingetreten ist). Außerdem ist aus § 21 Abs. 4 MuSchG abzuleiten, dass vorübergehende Änderungen des Verdienstes unberücksichtigt bleiben. Da Kurzarbeit immer vorübergehend ist, wird also der Zuschuss aus dem vollen Arbeitsentgelt berechnet (Einzelheiten siehe auch Mutterschutz - Arbeitgeberzuschuss: Berechnung). Der Arbeitgeber kann seine Aufwendungen im Rahmen der U2-Ausgleichskasse mit der zuständigen Krankenkasse in vollem Umfang abrechnen. Weitere Einzelheiten siehe auch das Orientierungspapier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter Beteiligung der Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit und Soziales vom 03.06.2020 - www.bmfsfj.de Suchbegriff: orientierungspapier-mutterschaftsleistungen-bei-kurzarbeit.
Soweit die Frau während der Schutzfrist vor der Entbindung sich ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt hat, kann sie zum Beginn der Kurzarbeit diese Erklärung widerrufen und damit die ihr zustehenden Leistungen (Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss) beanspruchen.