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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Arbeitnehmerüberlassung - Unerlaubte Überlassung
Arbeitnehmerüberlassung - Unerlaubte Überlassung
Inhaltsübersicht
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Information
1. Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrages
Für den Fall, dass der Verleiher keine Verleihererlaubnis besitzt, ist der mit dem Leiharbeitnehmer abgeschlossene Arbeitsvertrag unwirksam. Ebenfalls unwirksam ist der zwischen Verleiher und Entleiher geschlossene Vertrag, § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG. Unwirksam sind auch Vereinbarungen, die gegen das Gleichbehandlungsverbot des § 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG verstoßen.
Unwirksam sind Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmer, wenn entgegen § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitraum gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.
Arbeitsverträge zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer sind nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG unwirksam. Nach § 1 Abs. 1b AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen. Der Zeitraum der vorherigen Überlassung an denselben Entleiher ist vollständig auf die 18 Monate anzurechnen. Wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. Die Tarifvertragsparteien können eine von den 18 Monaten abweichende Höchstüberlassungsdauer festlegen. Der Arbeitsvertrag ist dann nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitraum gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.
Das Recht, im Falle der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zum Verleiher geltend zu machen, kann verwirken. Wegen der Eilbedürftigkeit der Klärung des Bestands des Arbeitsverhältnisses kann das Zeitelement der Verwirkung jedenfalls nach Ablauf von etwa einem Jahr gegeben sein (LAG Köln, 03.06.2003 - 13 (3) Sa 2/03).
2. Fingiertes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher
Ist das Arbeitsverhältnis nach § 9 AÜG unwirksam. Das kraft gesetzlicher Fiktion zustande gekommene Arbeitsverhältnis steht einem vertraglich begründeten Arbeitsverhältnis gleich. § 10 Abs. 1 AÜG ist unabdingbar. Die aus § 10 Abs. 1 AÜG resultierende Fiktion kann auch nicht durch einen Widerspruch des Arbeitnehmers nicht beseitigt werden.
Die Fiktion greift nur für den Fall des Fehlens der erforderlichen Erlaubnis. Ist der Vertrag aus anderen Gründen unwirksam, findet die Fiktion nach § 10 Abs. 1 AÜG keine Anwendung. Die Überlassung von Arbeitnehmern an den Entleiher erfolgt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nur vorübergehend. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG wird auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach dem an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (LAG Berlin-Brandenburg, 16.10.2012 – 7 Sa 1182/12).
Das fingierte Arbeitsverhältnis beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Leiharbeitnehmer nach dem Überlassungsvertrag seine Tätigkeit beim Entleiher hätte aufnehmen sollen. Ist ein solcher Zeitpunkt nicht festzustellen, kommt es auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme an.
Das Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt, § 10 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Für das fingierte Arbeitsverhältnis gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Das Recht des Arbeitnehmers sich darauf zu berufen, zu dem Entleiher in einem Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zu stehen, kann verwirken (LAG Düsseldorf, 02.06.2005 - 11 Sa 218/05; BAG, 18.02.2003 - 3 AZR 160/02).
Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AÜG hat der Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt. Dabei ist zu ermitteln, welches Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen zustehen würde und welches er mit dem Verleiher vereinbart hat. Das höhere Entgelt ist gesetzlich geschuldet, § 10 Abs. 1 Satz 4, 5 AÜG.
3. Schadensersatzanspruch des Leiharbeitnehmers
Der Leiharbeitnehmer kann im Falle der Unwirksamkeit seines Vertrages vom Verleiher Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, § 10 Abs. 2 Satz 1 AÜG. Die Unwirksamkeit des Vertrages muss auf einem Verstoß gegen § 9 Nr. 1 AÜG beruhen. Der Schadensersatzanspruch ist nicht auf das negative Interesse beschränkt.
4. Widerruf der Verleihererlaubnis
In § 5 AÜG sind die Fälle beschrieben, in denen die Arbeitsverwaltung die Verleihererlaubnis mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Verstößt der Verleiher wiederholt gegen seine Verpflichtung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, so kann die Erlaubnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 AÜG widerrufen werden.
5. Kündigung des Leiharbeitsverhältnisses
Ein zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 AÜG kraft gesetzlicher Fiktion begründetes Arbeitsverhältnis kann nur nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen aufgehoben werden (LAG Schleswig-Holstein, 19.7.2012 – 5 Sa 474/11).Grundsätzlich ist das kraft Fiktion zustande gekommene Arbeitsverhältnis daher wie jedes anderes Arbeitsverhältnis kündbar.
6. Bußgeld
Verstößt der Verleiher oder Entleiher gegen eine der in § 16 Abs. 1 AÜG genannten Verpflichtungen, kommt die Verhängung einer Geldbuße in Betracht. Die Geldbuße kann bis zu einer Höhe von 500.000 EUR verhängt werden, § 16 Abs. 2 AÜG.
Eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 15 Abs. 1 und 2 AÜG erfolgt nicht nur durch die Überlassung ausländischer Arbeitsnehmer zu werksvertragsfremden Zwecken, sondern auch durch eine unzulässige Vermischung der ausländischen Arbeitnehmer mit anderen Arbeitnehmern (LG Oldenburg, 08.07.2004 - 2 KLs 65/04).