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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Freiwilligendienste - Freiwilliger Wehrdienst
Freiwilligendienste - Freiwilliger Wehrdienst
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Zur Jahresmitte 2011 wurde die gesetzliche Wehrdienstpflicht ausgesetzt. An ihre Stelle ist der freiwillige Wehrdienst getreten. Dieser unterscheidet sich hinsichtlich der Auswirkungen für die Betriebe deutlich von der früheren Option, bei der sich junge Männer für eine bestimmte Zeit zum Bund verpflichten konnten. Entnehmen Sie dem Beitrag alle wichtigen Einzelheiten.
2. Voraussetzungen, Rahmenbedingungen
Am freiwilligen Wehrdienst teilnehmen können nach § 58b i.V.m. § 37 SG (Soldatengesetz) Frauen und Männer, die dafür tauglich, Deutsche i.S.d. Grundgesetzes (Art. 116 GG) sind und die Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung des Grundgesetzes einzutreten. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre (mit Einverständnis des Erziehungsberechtigten 17 Jahre). Die Teilnahme erfolgt aufgrund einer schriftlichen Verpflichtungserklärung, die der Annahme durch ein Karrierecenter der Bundeswehr bedarf. Für die Verwendung im Ausland ist eine gesonderte Erklärung erforderlich; bei einer Verpflichtung von zwölf oder mehr Monate ist eine solche Erklärung Voraussetzung für die Einstellung (§ 58e SG).
Der Wehrdienst beginnt nach erfolgreichem Bewerbungsverfahren zu dem Termin, der in der der Einberufung durch das Karrierecenter festgelegt ist (§ 58g Abs. 1 SG).
Der Dienst besteht aus einer Probezeit von sechs Monaten sowie einem anschließenden freiwilligen Wehrdienst von bis zu 17 Monaten. Die Probezeit dient der Ausbildung und Einarbeitung. Während der Probezeit können sowohl die Bundeswehr als auch die Soldatin oder der Soldat das Wehrdienstverhältnis beenden. Danach ist eine Beendigung nur aus besonderen Gründen möglich.
Die Wehrdienstleistenden erhalten einen Wehrsold sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung. Der Wehrsold steigt mit der Dauer des freiwilligen Dienstes kontinuierlich an. Für Familienangehörige werden evtl. auch Unterhaltsleistungen gewährt.
Für den freiwilligen Wehrdienst sind Vorschriften, die an den Grundwehrdienst anknüpfen, entsprechend anzuwenden (§ 58f SG).
3. Arbeitsrecht
Der Beginn des freiwilligen Wehrdienstes führt nach § 58f SG i.V.m. § 1 Abs. 1 ArbPlSchG zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Die Hauptpflichten – Arbeitspflicht und Pflicht zur Bezahlung - sind also suspendiert. Die gegenseitigen Nebenpflichten, insbesondere die Fürsorge- und die Treuepflicht, bleiben jedoch bestehen. Nach Ende des Wehrdienstes muss der Mitarbeiter wieder beschäftigt werden. Durch den Wehrdienst dürfen ihm keine beruflichen oder betrieblichen Nachteile entstehen (§ 6 ArbPlSchG).
Praxistipp:
Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet auch während des freiwilligen Wehrdienstes zu dem vorgesehenen Zeitpunkt. Die Verlängerung bzw. die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis darf jedoch nicht wegen des Wehrdienstes abgelehnt werden.
Von der Zustellung des Einberufungsbescheides bis zur Beendigung des freiwilligen Wehrdienstes besteht ein besonderer Kündigungsschutz (§ 58f SG i.V.m. § 2 ArbPlSchG). Kündigungen aus wichtigem Grund sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen; es bestehen jedoch besondere Regelungen (§ 58f SG i.V.m. § 2 Abs. 3 ArbPlSchG).
4. Sozialversicherung
Während des freiwilligen Wehrdienstes bleibt die Versicherungspflicht des Arbeitnehmers oder eine freiwillige Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestehen (§ 193 Abs. 2 SGB V). Allerdings steht den Wehrdienstleistenden kostenfreie truppenärztliche Versorgung zur Verfügung; der Anspruch gegen die Krankenkasse ruht daher. Evtl. Angehörige sind jedoch unter den gesetzlichen Voraussetzungen weiterhin familienversichert. Eine private Krankenversicherung kann der Soldat während des freiwilligen Wehrdienstes ruhen lassen.
Auch die Pflegeversicherung bleibt während des Wehrdienstes erhalten. Soweit eine private Pflegeversicherung besteht, erstattet der Bund auf Antrag die Beiträge.
Während des freiwilligen Wehrdienstes besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 S. 1 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 58f SG). Soweit eine zusätzliche betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung besteht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Beiträge hierfür weiterzuzahlen. Das Bundesverwaltungsamt erstattet die Aufwendungen auf Antrag (§ 58f SG i.V.m. §14a Abs. 2 ArbPlSchG). Dem Arbeitnehmer werden unter bestimmten Voraussetzungen auch freiwillig geleistete Aufwendungen zur Rentenversicherung, Pensionskassen, Lebensversicherungen etc. erstattet (§ 58f SG i.V.m. §§ 14a, 14b ArbPlSchG).
Auch in der Arbeitslosenversicherung bleibt die Versicherungspflicht erhalten (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).
Die Beiträge für die gesetzliche Sozialversicherung zahlt für die Zeit des freiwilligen Wehrdienstes der Bund.
Der Betrieb muss eine Unterbrechungsmeldung erstatten, wenn die versicherungspflichtige Beschäftigung für mindestens einen vollen Kalendermonat ohne Zahlung von Entgelt durch den freiwilligen Wehrdienst unterbrochen wird. Als Abgabegrund ist 53 anzugeben (Unterbrechungsmeldung wegen gesetzlicher Dienstpflicht oder freiwilligem Wehrdienst). Außerdem ist der Beginn des Wehrdienstes mit einem besonderen Vordruck der Krankenkasse zu melden (§ 204 SGB V).
Praxistipp:
Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl für die Feststellung der Umlagepflicht nach § 3 AAG (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sind die freiwillig Wehrdienstleistenden nicht zu berücksichtigen.
Wird während des freiwilligen Wehrdienstes eine kurzfristige Beschäftigung ausgeübt, ist diese nicht als berufsmäßig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV anzusehen. Dagegen ist eine solche Beschäftigung, die zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn des Wehrdienstes ausgeübt wird, als berufsmäßig einzustufen.
5. Steuerrecht
Der Wehrsold und die weiteren Bezüge im Rahmen des freiwilligen Wehrdienstes sind seit Januar 2020 steuerpflichtig. Ausgenommen sind die Leistungen der freiwilligen Heilfürsorge (unentgeltliche truppenärztliche Versorgung).
6. Kindergeld
Während des freiwilligen Wehrdienstes besteht für das Kind – im Gegensatz zu anderen Freiwilligendiensten – kein Anspruch auf Kindergeld. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass während des freiwilligen Wehrdienstes den Eltern keine Aufwendungen für den Unterhalt entstehen. Er kann aber als Maßnahme zur Berufsausbildung dazu führen, dass Kindergeld beansprucht werden kann. Voraussetzung ist, dass das Kind im Rahmen dieses Wehrdienstes für einen militärischen oder zivilen Beruf ausgebildet wird. Dabei kann von einer Ausbildung für einen militärischen Beruf ausgegangen werden, wenn der Wehrdienst der Heranführung an die Offiziers- oder Unteroffiziersausbildung dient. Dabei kommt es darauf an, wie zielstrebig dieser Berufswunsch verfolgt wird (BFH, 03.07.2014 – III R 53/13).