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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Mutterschutz - Mitteilungspflichten
Mutterschutz - Mitteilungspflichten
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Das Mutterschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber dazu, der Aufsichtsbehörde verschiedene Sachverhalte mitzuteilen. Dabei handelt es sich um Informationen, die die Behörde für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Ansonsten ist der Arbeitgeber nicht befugt, die Informationen an Dritte weiterzugeben (§ 27 Abs. 1 MuSchG). Der folgende Beitrag informiert Sie, welche Sachverhalte Sie mitteilen müssen und was dabei zu beachten ist.
2. Vertraulichkeit
Die Frau soll dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstag mitteilen, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist § 15 Abs. 1 MuSchG). Allerdings handelt es sich um eine "Soll" – Vorschrift, die keine Offenbarungspflicht für die Schwangere beinhaltet. Die Regelung ist vielmehr als nachdrückliche Empfehlung zu interpretieren, den Arbeitgeber im eigenen Interesse zu informieren (BAG, 13.06.1996 – 2 AZR 736/95). Je nach Art der Tätigkeit kann sich aber aus der Treuepflicht der Mitarbeiterin eine Verpflichtung zur Mitteilung ergeben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Information vertraulich zu behandeln. Insbesondere darf er Dritten die Mitteilung nicht unbefugt weitergeben.
Dies kollidiert u.U. mit den gesetzlichen Verpflichtungen des Betriebs- bzw. Personalrates, der für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen eintreten muss (vgl. § 89 BetrVG). Bei werdenden Müttern sind besondere Schutzvorschriften zu beachten. Das Recht auf informelle Selbstbestimmung der Frauen ist jedoch höher einzuschätzen als der Anspruch des Personal- bzw. Betriebsrates an der Weitergabe dieser Information (VG Münster, 11.03.2016 – 22 K 660/15.PVL). Anders hat das LAG München entschieden: Der Arbeitgeber müsse den Betriebsrat über die Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin informieren – sogar dann, wenn die Mitarbeiterin dem ausdrücklich widersprochen hat. Ohne diese Information könne der Betriebsrat seine gesetzliche Aufgabe, die Einhaltung der Vorschriften des Mutterschutzgesetzes zu überprüfen, nicht erfüllen (LAG München, 27.09.2017 – 11 TaBV 36/17). Das BAG hat einen Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dieser sei aber daran geknüpft, dass der Betriebsrat aufzeigt, für welche ihm obliegende Aufgabe die Information erforderlich ist (BAG, 09.04.2019 – 1 ABR 51/17). Kann er dies nicht darlegen, ist die Weitergabe der Information nicht zulässig.
3. Aufsichtsbehörde
An welche Behörde Sie ihre Mitteilung geben müssen, richtet sich nach den Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes (§ 29 Abs. 1 MuSchG). Im Zweifel können Sie unter www.bmfsfj.de (Suchbegriff: Aufsichtsbehörden Mutterschutz) nachschauen, welche Stelle für Ihr Unternehmen zuständig ist.
4. Datenschutz
Sie sind aufgrund § 27 Abs. 2 MuSchG verpflichtet, der Aufsichtsbehörde auf Verlangen alle für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Angaben zu machen.
Für die Verarbeitung von Daten gilt ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d. h. sie ist nur aufgrund einer Rechtsgrundlage zulässig (siehe Art. 6 DSGVO). Der Beschäftigten-Datenschutz ergibt sich aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO aus § 26 BDSG. Aber auch bei Anwendung dieser Vorschrift sind die generellen Vorgaben des BDSG zu beachten. Die Verarbeitung (dazu gehören z. B. das Erheben, Erfassen, Organisieren, Speichern, Übermitteln, Löschen und Vernichten) der Daten von Beschäftigten ist u. a. zulässig, soweit die Informationen im Zusammenhang mit der Durchführung und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Dies gilt auch, wenn eine Speicherung in einem Datensystem nicht erfolgt bzw. nicht vorgesehen ist (§ 26 Abs. 7 BDSG).
Wenn es um sehr sensible, z.B. gesundheitliche Informationen geht, ist die Erhebung solcher Daten nur unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 BDSG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 DSGVO zulässig. § 26 Abs. 3 BDSG lässt die Verarbeitung solcher Daten zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht zu, wenn das schutzwürdige Interesse des Mitarbeiters an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt. Eine rechtliche Pflicht liegt vor, weil die Mitteilungen gesetzlich vorgeschrieben sind.
5. Was müssen Sie mitteilen?
5.1 Information über die Schwangerschaft
Informiert Sie Ihre Mitarbeiterin, dass Sie schwanger ist, müssen Sie "unverzüglich" die Aufsichtsbehörde benachrichtigen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 MuSchG). Dies gilt bereits, wenn die Arbeitnehmerin Ihnen lediglich mitteilt, dass sie vermutet, schwanger zu sein. Darüber hinaus ist die Aufsichtsbehörde auch zu informieren, wenn die Frau Ihnen mitteilt, dass sie stillt. Diese Pflicht entfällt aber, wenn der Arbeitgeber die Aufsichtsbehörde bereits über die Schwangerschaft informiert hatte.
Unverzüglich heißt ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Mitteilung muss daher nicht sofort, aber innerhalb einer angemessenen Reaktionszeit erfolgen. Welche Zeit angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Um auf der sicheren Seite zu sein, ist eine schnelle Erledigung zu empfehlen. Im Grunde genügen Sie Ihrer Mitteilungspflicht, wenn Sie die Aufsichtsbehörde von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen. Da diese jedoch zur Erfüllung ihrer Aufgaben weitere Informationen braucht, ist es sinnvoll, diese gleich mit zu übermitteln.
Die Aufsichtsbehörden halten zum Teil im Internet für die Mitteilung Vordrucke zum Herunterladen und Ausfüllen bereit.
Unterlassen Sie die Mitteilung, kann die Aufsichtsbehörde dies mit einer Geldbuße belegen.
Bei Beschäftigten in Heimarbeit ist der Auftraggeber oder der Zwischenmeister für die Benachrichtigung der Aufsichtsbehörde zuständig (siehe § 2 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG).
5.2 Ausnahmen von Beschäftigungsverboten
Eine schwangere oder stillende Frau darf nicht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigt werden (Verbot der Nachtarbeit). Eine Ausnahme gilt für die Zeit zwischen 20 und 22 Uhr, wenn die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Arbeitgebers dies genehmigt hat. Voraussetzung dafür ist:
Dass sich die Frau dazu ausdrücklich bereiterklärt;
nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen die Beschäftigung bis 22 Uhr spricht;
eine unverantwortliche Gefährdung der Frau oder ihr Kind insbesondere durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
(§ 5 Abs. 1 i.V.m. § 28 MuSchG). Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Soweit der Arbeitgeber beabsichtigt, die Frau bis 22 Uhr zu beschäftigen, hat er – unabhängig von dem erforderlichen Antrag nach § 28 MuSchG – dies der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG).
Grundsätzlich darf eine schwangere oder stillende Frau nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn
sich die Frau ausdrücklich zur Sonn- oder Feiertagsarbeit bereiterklärt;
die Voraussetzungen des § 10 ArbZG vorliegen;
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
eine unverantwortbare Gefährdung für die Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
(§ 6 Abs. 1 MuSchG). Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Will der Arbeitgeber die Frau nach dieser Regelung beschäftigen, hat er darüber die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren.
Grundsätzlich ist während der Schwangerschaft und in der Stillzeit getaktete Arbeit verboten. Nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 6 Nr. 3 und § 12 Abs. 5 Nr. 3 MuSchG handelt es sich dabei um Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere Frau oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Im Umkehrschluss kann getaktete Arbeit ausgeführt werden, wenn eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist (BT-Drs. 18/11782 S. 64). In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Beschäftigung der Frau mit getakteter Arbeit der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Aufsichtsbehörde kann allerdings ein Verbot aussprechen, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt, dass – entgegen der Einschätzung des Arbeitgebers – eine unverantwortbare Gefährdung besteht (BT-Drs. 18/11782 a.a.O.).