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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zuschläge - Veränderungen
Zuschläge - Veränderungen
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Obwohl jedem begünstigten Mitarbeiter klar sein müsste, dass eine Zulage - wie der Begriff schon erkennen lässt - zum Gehalt "dazugelegt" wird, somit als nicht zum Festgehalt gehört, kalkulieren Arbeitnehmer diese Gelder vielfach als feste Etatposition in die persönliche Lebens- und Wirtschaftsplanung mit ein, um damit größere Anschaffungen, den Jahresurlaub oder Rücklagen zu finanzieren. Der Frage, unter welchen Bedingung Zulagen wegfallen oder gekürzt werden können, kommt dabei auch große Bedeutung zu. Stichworte hierzu sind:
der Widerruf,
die (tarifliche) Anrechnung,
die Entgeltfortzahlung sowie
die Teilzeitarbeit.
2. Widerruf
Bei einem Widerrufsvorbehalt kann der Arbeitgeber die Zulage jederzeit widerrufen. Allerdings muss für einen solchen Widerruf ein sachlicher Grund vorliegen, der die Maßnahme als billigenswert i.S.d. § 315 BGB erscheinen lässt (BAG, 07.09.1994 - 10 AZR 716/93).
In einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 hat sich der 4. Senat des BAG mit der Problematik wie folgt befasst:
Die Vorschrift des Abschn. A Nr. 3 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL, nach der zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellten Lehrkräften im Angestelltenverhältnis eine Zulage in der Höhe gezahlt werden "kann", wie sie "vergleichbaren beamteten Lehrkräften - als Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht", verweist (auch) auf die schulbezogenen besoldungsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf die Amtszulage. Das Absinken der Schülerzahl unter den für den Amtszulagenanspruch vorausgesetzten Schwellenwert führt daher automatisch zum Wegfall der Zulage (BAG, 14.09.2005 - 4 AZR 102/04; Vorinstanz: LAG Sachsen, 28.10.2003 - 7 Sa 221/03 L).
In den Leitsätzen begründet das BAG diese Entscheidung wie folgt: Die Vorschrift des Abschn. A Nr. 3 der Lehrer-Richtlinien-0 der TdL ("Lehrkräften, die durch ausdrückliche Anordnung zum Schulleiter oder zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellt sind, kann eine Zulage in der Höhe gezahlt werden, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleitern bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht") stellt zwar die Gewährung der Zulage in das Ermessen der Schulbehörde.
Diese Ermessensentscheidung ist jedoch tatbeständlich gebunden. Sie setzt das Vorliegen der schulbezogenen besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für den Amtszulagenanspruch beamteter Lehrkräfte voraus. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist für eine Ermessensentscheidung der Schulbehörde kein Raum. Bei Wegfall der schulbezogenen Voraussetzungen, z.B. Absinken der Schülerzahl unter den für den Amtszulagenanspruch vorausgesetzten Schwellenwert (hier: Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern), entfällt der Zulagenanspruch, ohne dass es einer diesbezüglichen negativen Ermessensentscheidung bedarf.
3. Anrechnung
Eine vertragliche Regelung dahingehend, dass freiwillige Zulagen oder Zuschläge bei Tariferhöhungen ganz oder teilweise angerechnet werden, ist grundsätzlich zulässig. Besteht eines solche Vereinbarung, steigert eine Tariferhöhung nur den tariflich abgesicherten Teil an Effektivverdienst.
Gewährt der Arbeitgeber eine übertarifliche Zulage ohne eine ausdrückliche Anrechnungsvereinbarung, führt eine Tariferhöhung grundsätzlich zu einer Anrechnung, es sei denn, dem Arbeitnehmer soll eine selbstständige Zulage neben dem Tarifentgelt zustehen (BAG, 03.06.1998 - 5 AZR 616/97). Bedingung dafür ist jedoch, dass die Zulage als "übertariflich" besonders gekennzeichnet und nicht als zweckgebundene Zulage anzusehen ist, also einen Ausgleich für besondere Erschwernisse etc. darstellt. Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn die Tarifänderung diese Zwecke als Tarifmerkmal erfasst.
In zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2006 hat sich das BAG mit den Themenkomplexen
a) Anrechnung von Tariferhöhungen auf Zulagen - AGB-Kontrolle sowie
b) Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen/Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG/Gesamtzusage
auseinandergesetzt und wie folgt geurteilt:
Zu a) Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Zulage unter dem Vorbehalt der Anrechnung gewährt, ohne dass die Anrechnungsgründe näher bestimmt sind, führt dies nicht zur Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 BGB. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG, 01.03.2006 - 5 AZR 363/05; Vorinstanz: LAG Hessen, 27.01.2005 - 14 Sa 1511/04).
Im Einzelnen führt das BAG dazu in den Leitsätzen Folgendes aus: Aus dem Inhalt und der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass sie zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind.
Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist. Die Absicht der dreimaligen Verwendung ist auch dann belegt, wenn der Verwender die Klausel dreimal mit demselben Vertragspartner vereinbart.
"Ausgehandelt" i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das setzt voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt.
Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer ist bei einem in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Anrechnungsvorbehalt erkennbar, dass im Falle einer Erhöhung des tariflich geschuldeten Arbeitsentgelts die Zulage bis zur Höhe der Tarifsteigerung gekürzt werden kann.
Die Regelung einer "freiwilligen, jederzeit widerruflichen Zulage" beinhaltet die Vereinbarung einer Leistung, zu welcher der Arbeitgeber gesetzlich, tarifvertraglich oder betriebsverfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist. Erst mit der Zusage der Leistung wird ein individualrechtlicher Anspruch begründet. Will der Arbeitgeber jeden Anspruch für die Zukunft ausschließen, hat er dies deutlich zu machen.
Die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen ist mitbestimmungsfrei, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Vergütung sämtlicher Arbeitnehmer angerechnet wird.
Zu 2) Die Betriebsparteien können wegen des Tarifvorbehalts in§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG keine Regelungen über die Weitergabe von Tariferhöhungen treffen. Sie sind jedoch nicht gehindert zu regeln, ob und inwieweit Tariferhöhungen auf übertarifliche Zulagen angerechnet werden können (BAG, 30.05.2006 - 1 AZR 111/05; Vorinstanz: LAG Düsseldorf, 01.02.2005 - 8 Sa 1427/04).
In den wesentlichen Leitsätzen liest sich die Begründung dann wie folgt: Der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verwehrt den Betriebsparteien jegliche Regelung über tarifliche Vergütungsbestandteile. Daher können sie weder über die Höhe noch über den Zeitpunkt von Tariflohnerhöhungen disponieren.
Die Betriebsparteien können aber Regelungen über die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen treffen. Sie können auch regeln, dass sich eine übertarifliche Zulage um denselben Prozentsatz erhöht wie der Tariflohn. Eine solche Bestimmung regelt nicht das Schicksal der Tariflohnerhöhung, sondern die Behandlung der übertariflichen Zulage. Sie ist wirksam, wenn die betriebsverfassungsrechtliche Zulagenregelung ihrerseits dem Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG genügt.
Eine Betriebsvereinbarung, nach der sich anlässlich von Tarifabschlüssen das Effektivgehalt rückwirkend schon zum 01.01. des betreffenden Jahres um den Prozentsatz der Tariferhöhung erhöht, verstößt gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist daher unwirksam.
In den weiteren Entscheidungsgründen hat das oberste deutsche Arbeitsgericht sein Urteil noch einmal wie folgt unterlegt: Nach der Rechtsprechung des BAG ist individualrechtlich die Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Gehaltsbestandteile möglich, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (vgl. BAG, 08.06.2004 - 1 AZR 308/03).
Da sich durch eine Anrechnung - anders als beim Widerruf der Zulage - die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegt eine Anrechnung dann nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird (vgl. BAG, 08.06.2004 - 1 AZR 308/03).
4. Entgeltfortzahlung
Die Antwort auf die Frage, ob Zulagen oder Zuschläge, die zusammen mit der Grundvergütung aus den unterschiedlichsten Gründen gewährt werden, zum "fortzuzahlenden Arbeitsentgelt" nach § 4 Abs. 1 EFZG gehören, kann nicht einheitlich gegeben werden. Dies hängt ab vom verfolgten Zweck.
4.1 Anrechnung zur Krankenvergütung
Soll allein eine besondere Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergütet werden, die ansonsten bei einer ausschließlich an der Arbeitszeit orientierten Entlohnung nicht angemessen honoriert würde (z.B. Erschwernis-, Gefahren-, Sonn-, Feiertags- und Nachtzulage) zählen sie zur Krankenvergütung (BAG, 07.02.1996 - 10 AZR 203/94). Dies gilt auch für eine Notdienstpauschale (BAG, 20.10.1993 - 5 AZR 674/92). Auswärtszulagen und Schmutzzulagen können ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfasst werden; ebenso Sozialzulagen und Funktionszulagen (BAG, 17.04.1996 - 10 AZR 617/95).
4.2 Nichtanrechnung zur Krankenvergütung
Zuschläge für Überstunden, wie sie dem gesunden Arbeitnehmer zu zahlen wären, sind ebenso wie die Grundvergütung bei der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG).
Die Frage nach der Entgeltfortzahlung unter Einschluss der Schmutzzulage beantwortet sich danach, ob mit einer Schmutzzulage bloß die Aufwendungen ersetzt werden sollen, die durch den mit der Arbeitsleistung verbundenen Schmutz, z.B. an der Kleidung des Arbeitnehmers, entstehen. Sie ist nach der Regelung in § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG im Krankheitsfall dann nicht weiter zu zahlen, denn während der Ausfallzeit macht sich der Arbeitnehmer nicht schmutzig, sodass ihm auch keine Aufwendungen für sonst notwendige Reinigungsmittel entstehen.
4.3 Spezielle Ausgestaltung der Erschwerniszulage
Soll allerdings mit der Zulage die mit besonders belastender Verschmutzung von Körper und eigener Arbeitskleidung verbundene Arbeitsleistung zusätzlich belohnt werden, stellt sie der Form nach eine spezielle Ausgestaltung der Erschwerniszulage dar. Sie ist dann wie diese selbst zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt i.S.d. § 4 Abs. 1 EFZG zu rechnen. Stellt dagegen der Arbeitgeber die besondere Arbeitskleidung, so ist dies eher ein Indiz dafür, dass die gewährte Schmutzzulage ausschließlich Entgeltcharakter hat.
5. Teilzeitbeschäftigte
§ 4 Abs. 1 TzBfG enthält eine Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für den Bereich der Teilzeitarbeit. Demnach ist eine unterschiedliche Behandlung teilzeitbeschäftigter und vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit untersagt, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Grundsätzlich haben Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf gleiche Zuschläge wie Vollzeitbeschäftigte, soweit die Zuschläge nicht unmittelbar mit der Vollzeitbeschäftigung zusammenhängen. Wenn Gründe bestehen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände insbesondere des Leistungszwecks rechtfertigen, dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer die Leistung, die der vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu beanspruchen hat, auch nicht anteilig zu gewähren, besteht ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung.
Eine Regelung, wonach teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer eine allein am Familienstand und Kinderzahl ausgerichtete tarifliche Sozialzulage nur anteilig zu ihrer Arbeitszeit erhalten sollen, bedarf der ausdrücklichen Feststellung. Leistet ein Teilzeitbeschäftigter Mehrarbeit, hat er nur Anspruch auf Überstundenzuschläge, sofern er die gesetzliche bzw. betriebliche Arbeitszeit überschreitet. Die Zuschläge brauchen nicht bezahlt zu werden, wenn er die individuelle Arbeitszeit überschreitet. In diesem Fall besteht ein Anspruch nur aufgrund einer individuellen Regelung.
Siehe auch
Zuschläge - Inhaltskontrolle von Freiwilligkeitsvorbehalten
Zuschläge - Mitbestimmung des Betriebsrats