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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Gesundheitszeugnis - Allgemeines
Gesundheitszeugnis - Allgemeines
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
In der betrieblichen Praxis werden Arbeitgeber in großem Umfang zum Vorhalten von Zeugnissen, Urkunden und Dokumentationen verpflichtet.
Wichtige Dokumente sind Gesundheitszeugnisse oder Bescheinigung über Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz, die bestimmte Mitarbeitergruppen beizubringen haben, bevor sie ihre Tätigkeit aufnehmen dürfen. Die Zielrichtung dieser Zeugnisse ist verschieden.
Während die Bescheinigung nach dem Infektionsschutzgesetz dem Unternehmer die Sicherheit geben soll, dass seine Mitarbeiter keine die Kundschaft gefährdenden Krankheiten haben, geht es bei dem Zeugnis nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz um die Gesundheit des auszubildenden Jugendlichen selbst.
Durch das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention vom 10.02.2020 (BGBl. I Nr. 6 S. 148), das am 01.03.2020 in Kraft getreten ist, ist für Mitarbeiter in Betrieben, in denen eine besondere Infektionsgefahr mit Masern besteht (wie Schulen und Kindergärten) ein Impfnachweis erforderlich. Ausgenommen sind Arbeitnehmer, die vor 1971 geboren sind, weil man davon ausgehen kann, dass diese größtenteils immun sind. Der Nachweis kann erbracht werden durch den Impfausweis oder eine ärztliche Bescheinigung, wonach Immunität (wegen einer bereits durchgemachten Masernerkrankung) besteht oder es medizinische Gründe gibt, von der Impfung abzusehen. Bei Neueinstellungen ab 01.03.2020 ist der Nachweis vor Beginn der Tätigkeit zu erbringen. Bereits beschäftigte Mitarbeiter müssen den Nachweis bis 31.07.2022 vorlegen.
Durch das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10.12.2021 (BGBl. I Nr. 83 S. 5162) wurde eine Impfpflicht für Personen, die in Einrichtungen des Gesundheits- oder Pflegewesens tätig sind, eingeführt. Ab 15.03.2022 mussten diese geimpft oder genesen sein. Die Regelung ist befristet bis zum 31.12.2022.
Die Impfpflicht als solche führte aber noch nicht zum Beschäftigungsverbot, vielmehr mussten die Gesundheitsämter die Entscheidung darüber im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen treffen (ArbG Bonn, 18.05.2022 – 2 Ca 2082/21). Im Eilverfahren hat das VG Düsseldorf ein vom Kreis ausgesprochenes Betretungs- und Tätigkeitsverbot gegen einen Mitarbeiter einer Behinderteneinrichtung, der keinen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt hat, bestätigt (VG Düsseldorf, 30.08.2022 – 29 L 1703/22). Eine Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlage dafür (§ 20a IfSG) sei im Eilverfahren nicht festzustellen. Ein solches Betretungsverbot des Gesundheitsamtes ist gegenüber einer zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin einer Zahnarztpraxis im Eilverfahren als rechtmäßig bestätigt worden (OVG Rheinland-Pfalz, 02.09.2022 – 6 B 10723/22.OVG). Ebenfalls bestätigt wurde im Eilverfahren die Entscheidung des Gesundheitsamtes Gelsenkirchen gegenüber einer Sekretärin eines Krankenhauses ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot auszusprechen (OVG Nordrhein-Westfalen, 16.09.2022 – 13 B 859/22).
Das VG Oldenburg hat ebenfalls im Eilverfahren entschieden, dass ein Tätigkeitsverbot für eine zahnmedizinische Fachangestellte wegen nicht nachgewiesener Corona-Impfung rechtmäßig ist (VG Oldenburg, 08.09.2022 – 7 B 2812/22). Der Verwaltungsakt des Gesundheitsamtes darf sich auf ein Betretungsverbot beziehen, nicht dagegen auf die Verpflichtung zur Vorlage eines Impf- bzw. Genesenennachweises (VG Schleswig-Holstein, 13.06.2022 – 1 B 28/22). Nach Auffassung des ArbG Köln ergibt sich aus § 20a Abs. 1 IfSG auch ohne behördliche Entscheidung des Gesundheitsamts ein unmittelbares gesetzliches Tätigkeitsverbot für nicht immunisierte Pflegekräfte. Jedenfalls sei ein arbeitgeberseitiges Hygienekonzept, nach dem 15.03.2022 in Anbetracht der gesetzlichen Wertung des § 20a IfSG keine nicht immunisierten Mitarbeiter mehr in einer Pflegeeinrichtung zu beschäftigen, im Rahmen der Interessenabwägung nicht zu beanstanden (ArbG Köln, 21.07.2022 - 8 Ca 1779/22). Im gleichen Sinne entschied das ArbG Gießen in zwei Fällen. Dabei ging es im Eilverfahren zunächst um den Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Dies wies das ArbG - auch im Hauptverfahren - ab (ArbG Gießen, 08.11.2022 – 5 Ca 82/22 u. 5 Ca 93/22). Ebenso verneint hat das Gericht den Anspruch auf Annahmeverzugslohn (ArbG Gießen, 08.11.2022 - 5 Ca 119/22 u. 5 Ca 121/22).
2. Systematische Zuordnung
Das Gesundheitszeugnis und die Bescheinigung über die Belehrung nach dem Infektionsschutzgesetz gehören zu den Arbeitspapieren, die sich nach Obergruppen wie folgt voneinander unterscheiden:
Arbeitsvertragliche Arbeitspapiere,
Leistungsbezogene Bescheinigungen und
Arbeitspapiere mit öffentlich-rechtlichem Charakter.
Die genannten Dokumente zählen zur letztgenannten Kategorie.
Hierzu zählen ebenfalls:
die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 S. 2 EStG),
die Zwischenbescheinigungen (§ 41b Abs. 1 EStG),
die Bescheinigung nach § 15 5. VermBG,
die Bescheinigung über die arbeitsmedizinische Vorsorge (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 ArbMedVV),
und das Schifferdienstbuch.
Als Unterfälle des Gesundheitszeugnisses sind anzusehen die Nachweise über die:
Erstuntersuchung Jugendlicher incl. der Folgeuntersuchungen (§§ 32 ff. JArbSchG) sowie
die Schwangerschaftsbescheinigung gem. § 15 Abs. 2 MuSchG.
3. Sonstige Regelungen im Zusammenhang mit dem Gesundheitszeugnis
Auch außerhalb der insoweit eindeutigen Regelungen des Jugendarbeitsschutzes stellt sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Frage nach den Kosten für die Beschaffung eines Gesundheitszeugnisses.
3.1 Sozialversicherung
Gesundheitszeugnisse (z.B. für eine Privatversicherung) rechnen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung. Die Kosten für solche Bescheinigungen werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Das gilt auch für Gesundheitszeugnisse im Rahmen von Reihen-, Einstellungs-, Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen (einschließlich Sporttauglichkeit).
Für eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung dürfen Gesundheitszeugnisse nicht gefordert werden.
3.2 Lohnsteuer
Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen erforderliches Gesundheitszeugnis im Rahmen von Eignungsuntersuchungen sind Werbungskosten. Trägt der Arbeitgeber die Kosten oder ersetzt er dem Arbeitnehmer dessen Aufwendungen, so liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt nicht, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage des Zeugnisses besteht und der Arbeitgeber verpflichtet ist, diese Kosten zu tragen.
3.3 Datenschutz
Der Beschäftigten-Datenschutz ergibt sich aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO aus § 26 BDSG. Aber auch bei Anwendung dieser Vorschrift sind die generellen Vorgaben der DSGVO und des BDSG zu beachten.
Die Verarbeitung (dazu gehören z.B. das Erheben, Erfassen, Organisieren, Speichern, Löschen und Vernichten) der Daten von Beschäftigten ist u.a. zulässig, soweit die Informationen im Zusammenhang mit der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Der geforderte Zusammenhang muss bei allen Gesundheitszeugnissen bestehen. Weil es dabei um sehr sensible, gesundheitliche Informationen gehen kann, ist die Erhebung solcher Daten nur unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 BDSG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 DSGVO zulässig. § 26 Abs. 3 BDSG lässt die Verarbeitung solcher Daten zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht zu, wenn das schutzwürdige Interesse des Mitarbeiters an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt. Ob eine rechtliche Pflicht besteht, muss im Einzelfall geprüft werden. Da das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers am Ausschluss der Verarbeitung abzuwägen ist und es daher im Streitfall zu einer anderen Würdigung der Umstände kommen kann, ist zu empfehlen, eine ausdrückliche Einwilligung des Mitarbeiters zur Verarbeitung dieser Daten einzuholen (§ 26 Abs. 2 BDSG, Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO).
Eine Einwilligung des Mitarbeiters muss sich auf den konkreten Zweck der Verarbeitung beziehen und in der Regel in Schriftform erteilt werden. Die Einwilligung muss – dies ergibt sich schon aus dem Charakter einer solchen Erklärung – freiwillig sein; außerdem muss der Mitarbeiter über die notwendigen Informationen verfügen und sich der Tragweite seiner Zustimmung bewusst sein (vgl. Art. 4 Nr. 11 DSGVO). Um dies sicherzustellen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Beschäftigten über den Zweck der Datenverarbeitung und über sein Recht, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, aufzuklären. Dies muss in Textform geschehen.
Bei der Beurteilung der Freiwilligkeit sind im Einzelfall insbesondere die im Beschäftigungsverhältnis bestehende Abhängigkeit der beschäftigten Person sowie die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden ist, zu berücksichtigen (§ 26 Abs. 2 BDSG). Freiwilligkeit kann angenommen werden, wenn der Mitarbeiter dadurch einen Vorteil hat oder der Arbeitgeber und er gleichgelagerte Interessen verfolgen. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass die Einwilligung erteilt wurde (§ 51 Abs. 1 BDSG). Soweit Daten, die für das Beschäftigungsverhältnis nicht unbedingt notwendig sind, erfasst sind oder werden, bezieht sich die Notwendigkeit der Einwilligung nicht nur auf neu hinzukommende Beschäftigte, sondern auf alle Mitarbeiter.